Robin Proper Sheppard und seine Band Sophia gastieren im Bielefelder Forum und lieferten eine Darbietung ab, die man so oder so bewerten kann. Für die einen boten Sophia zu viel Egomanie und Herzschmerzgejammer. Für die anderen offensichtlich die Songs, die einem helfen das eigene gebeutelte Dasein zu ertragen.
Ein Abend der gemischten Gefühle.
Black Rust kommen aus Dortmund. Als ihr Sänger Jonas Künne die Band in astreinem Deutsch vorstellt schaut der ein oder andere relativ überrascht um die Ecke. Das bringt einige Punkte auf der Sympathieskala und weckt Neugierde, die nicht enttäuscht werden sollen. Die Dortmunder spielen gradlinige, emotionale Songs, die sich im folkigen Gewand zumeist um Liebe oder Frauen oder im bestes Falle beides drehen. Die Ansagen sind entweder zu pathetisch oder man versteht sie nicht, wodurch der aktueller Albumtitel Medicine and Methapors und einige Songtitel etwas verloren gehen, aber das was die Dortmunder an Spielfreude mit auf die Bühne bringen entschädigt für einiges.
Das sie mit Sophia auf der Bühne stehen ist überdies hinaus kein Zufall, so hat Robin Proper Sheppard das neue Album der Dortmunder produziert, wofür sich artig und überschwänglich bedankt wird. Wie gesagt: Pluspunkte vor allem auf musikalischem Wege. Ergreifend der Opener, zu zweit mit Piano, Gitarre und Gesang vorgetragen, großer Songwriter-Sport, genauso wie das nette Marlene oder das das ruppige Neil Young Cover am Ende. Überdies hinaus stimmt das Bühnenbild, der Hüne Julian Jacobi am Kontrabass, wird von einigen Zuschauern zum verlorenen, jüngeren Ebelhäuser Bruder erklärt und Gitarrist Julian Osthues läuft zur Höchstform auf, als er zur kleinen Mandoline greift und sich gleichzeitig die Mundharmonika vors Gesicht schnallt. Mal abgesehen davon, dass man mit dieser Instrumentierung aussieht wie ein T-Rex beim Tennisspielen, zeugt diese instrumentale Vielseitigkeit von den bisweilen krassen Facetten und Farbklang der Songs von Black Rust. Der Kontrabass wogt eindrucksvoll vor und zurück und grollt in den lauten Moment wie eine dunkle Wolkenfront in unmittelbarer Nähe und ihr Pianist Christopher Seiler wirbelt wie ein Derwisch über die Tasten. Die Energie und die Leidenschaft stimmen und lassen die etwas seichten Ansagen vergessen und rücken den Auftritt in ein sehr vielversprechendes Licht.
Dann Sophia.
Das Robin Proper Sheppard eine schwierige Persönlichkeit sein kann, hat er bereits des Öfteren bewiesen. Als völlig resignierten Musiker, der seinen Verstärker über die Bühne kickt und als undankbaren Exzentriker, der sich der Zugabe schlichtweg verweigert. Letzteres mag als künstlerisches Selbstverständnis gewertet werden. Das Shepperd seine Band jedoch an diesem Abend auch mit keinem Worte vorstellt, wirkt dagegen ziemlich unhöflich.
Das was in der Folge passiert, kommt einer totalen Polarisierung des Publikums gleich.
Während den einen Sheppards immer gleicher Gesichtsausdruck, bildlich in etwa das Leid eines ganzen Lebens plus den Kopf bei 140 km/h Gegenwind aus dem Fenster halten, über die gesamte Dauer des Konzerts zu aufgesetzt wirkt und zu anstrengend scheint, geben sich andere seinen Songs vollkommen hin.
Ja: Sheppard verarbeitet sein Leben in den Songs und ja, die Songs haben autobiographische Hintergründe
und wiederum ja, man darf glauben, dass Sheppard sich jeden Abend auf der Bühne von Liebesleid und Trennungsschmerz therapiert und ein letztes Mal ja, die Songs sind verdammt gut. Die Melodien, die Schwere, all das Gefühl, dass Sheppard mit all seinem Ich in die Songs stemmt, das alles ist da. Musikalisch spielen Sophia perfekt auf, die Atmosphäre ist rein musikalisch da. Nicht zu vergessen: Das aufgefahrene und sehr sympathische Streicherquartett, das einen wunderbaren Teppich aus schwelgenden Geigen und tragischer Elegie ausbreitet. Wundern muss man sich nicht, dass daher die ruhigeren Songs im Fokus des Sets stehen. Und genießen sollte man das erst recht, was das Publikum auch sichtlich mit viel Beifall quittiert. Als Pace jedoch erste Bewegung ins Publikum bringt, notiert Sheppard diese Regungen jedoch als Hinweis darauf, das Publikum sei mit Set nicht zufrieden, was er auch gleich kundtut. Inwiefern da ein Augenzwinkern eine Rolle gespielt hat, weiß niemand nach dem Konzert so recht, Sheppards Augenlider jedenfalls scheinen bei den Ansagen wie festgetackert. Man könne sich über ihn, „den Bastard“, ja beim Veranstalter beschweren. Als er dann noch davon singt er sei ein Fucker und ein Loser gehen bei einigen Zuschauern die Lichter aus. So verfolgen nicht mehr alle die drei rein akustischen Zugaben Sophias, bei dem vor allem Something wirklich ergreifend gerät.
Viele Zuschauer schauen drein, als könnte das Konzert noch Stunden dauern, so vertieft scheinen sie, andere sind längst gegangen.
Spannend wars, dieses Konzert, das an der musikalischen Klasse Sophias keine Zweifel ließ.
Menschlich jedoch durfte man es anstrengend finden. Auch die Blicke der mitunter etwas lustlos
dreiblickenden Mitmusiker sprachen da Bände.