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Tiger Lou, Long Distance Calling & Firefox AK in Bielefeld

Geladen ins Bielefelder Forum waren die Bands Firefox AK, Long Distance Calling und Tiger Lou. Besonders letztere sind ein Konzerterlebnis für sich, denn Karl Rasmus Kellerman hat ein unbändiges Gespür für Melancholie, Atmosphäre und Melodien. Für die Vorbereitungen auf seine neue Platte reiste er ausgerechnet nach Berlin. Das Ergebnis ist ein kleines Meisterwerk und eine Platte, wie sie nur ein Skandinavier schreiben kann.

Andrea Kellermann und ihr Elektro-Pop Projekt Firefox AK dürfen die Visions-Party im Bielefelder Forum eröffnen und bezaubern mit tollen Melodien. Elfengleich anmutend spielt sich die frisch Grammy nominierte angetraute des Lou Frontmannes durch ihr Set und lange dauert es nicht, da entert auch besagter Ehegatte die Bühne, um den stimmlichen Gegenpart zum grandiosen Winter Rose zu liefern. Firefox AK punkten mit ihren leichtfüßigen Songs und ihrer Ausstrahlung zwischen Eleganz und Verträumtheit.
Long Distance Calling sind dagegen weniger zugänglich, man möchte sagen, schon allein die Tatsache, dass sie instrumentalen Post-Core machen lässt die Materie zäh und trocken erscheinen.
Alles andere aber ist der Fall, wenn man sich nur auf diese experimentelle Musik einlässt.
Ein Long Distance Calling Song führt in der Regel ein Eigeneleben, zumindest glaubt man das als Beobachter. Mit geschlossenen Augen winden sich die Instrumentalisten vor und zurück, türmen Soundschick auf Soundschicht und irgendwann bricht es aus ihnen und der Musik heraus und ein wahrer Orkan entlädt sich über dem Publikum. Viele stehen einfach mit geschlossenen Augen da, übergeben ihre Körper der hypnotischen Musik und lassen sich treiben. Bemerkenswertes Kopfkino ist das, und wem hier die
Melodien fehlt hat nicht aufgepasst, oder nicht recht hingehört, denn gerade wenn die Band ihre Ausbrüche wagt, schimmern melodische, kristallklare Gitarrenmotive durch den Soundwall hindurch. Eine Band die Ansprüche auf den instrumentalen Post-Rock-Thron in Deutschland erheben darf.

Dann der Headliner des Abends. Tiger Lou aus Schweden. Von den meisten sehnsüchtig erwartet.
Die Musik der fünftköpfigen Band stammt all samt aus der Feder von Karl Rasmus Kellermann, der vor Energie regelrecht übersprudelt und zwischen den Stücken über die Bühne tänzelt.
Zu Umwerben gibt es die neue Platte A Partial Print und dementsprechend werden im Hauptteil ausschließlich die Songs des neuen Werkes dargeboten. Und die sind unwiderstehlich gut, die Platte ohnehin in sich geschlossener als die Vorgänger und merklich Facettenreicher.
Allein der Opener, dass fiebrig-lauernde The More you Give ist dramaturgisch ein Kunststück und macht klar das zwischen Tiger Lou auf Platte und Live kleine Welten liegen.
Aber auf beiden fühlt sich die Band wohl. Live ist nichts zu spüren von den teilweise sehr glatten Momenten der Platte, wo der Pop aus allen Poren tropft. Live, dass ist alles etwas roher, rockiger, direkter. Kellermanns Ausstrahlung zwischen den Songs ist die eines Kindes mit Zuckerschock, doch wenn er singt, dann versinkt er in seinen selbst-erdachten melancholischen Welten.
Anzumerken ist durchaus, dass das Publikum die erste viertel Stunde scheinbar benötigt, um sich auf die Live reduzierter klingenden Songs einzustellen, doch als sowohl Band als auch Publikum die ersten Minuten zur Akklimatisierung genutzt hatten , zündete beinahe jeder Song.
Als Zugaben gab es obendrauf noch ein weiteres Duett mit Frau Andrea (The War Between Us) . Und natürlich das frenetisch bejubelte Nixon und das starke The Loyal, dass ohne Ausbruch auskommt und magisch gerät.

Kellermanns drittes Tiger Lou Album ist ein gutes geworden. Der Songwriter, der am liebsten alle Songs alleine im Studio einspielt, ist extra nach Berlin gezogen um neuer Inspiration zu begegnen. Das Ergebnis ist ein vielseitiges, teils düsteres, teils verträumtes Album, dass sowohl derbe rockig, als auch poppig verspielt, wie auch melancholisch berührend sein kann.

Einfach perfekt für diese Jahreszeit.

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