Wenn Walter Schreifels, Protagonist, Songwriter und Sänger solch wegweisender Bands wie Gorilla Buiscits und Quicksand, der großartigen Rival Schools oder auch dem frühesten Emporkömmling seines Schaffens, Walking Concert, unter dem Titel ?Walter sings the hits? auf Solo-Akkustiktour nach Deutschland kommt, was erwartet man dann? Was erwartet man, wenn man zwei Stunden Autofahrt auf sich genommen hat, um dieses Spektakel erleben zu dürfen? Sicher einen etwas großzügiger dimensionierten Konzertsaal als das komplett möblierte Wohnzimmer, welches sich uns im Bielefelder Kamp darbot.
Eine kleine Bühne war es, auf welcher sich eine Stehlampe, ein Sessel und ein Mikrofon fand. Vor dieser einige Reihen Stühle und im hinteren Bereich Stehplätze für vielleicht insgesamt 100 Leute. Nach anfänglicher Irritation stellte sich aber auch fix ein allgemeines Wohlbefinden in den Räumlichkeiten und so erlebte ich mein erstes bestuhltes Konzert, dazu noch mit Walter Schreifels, singend und Gitarre spielend, aus der ersten Reihe.
Zuerst jedoch die Vor?band?, Home of the Lame, scheinbar das neueste Signing aus dem Hause Grand Hotel van Cleef, wie die Internetadresse auf dem Tourposter und die Links auf seiner Website erahnen lassen. ?Seiner?, richtig, denn Home of the Lame ist eigentlich nur einer und der heisst Felix Gebhard, hat rote Bäckchen vom Rotweintrinken und wirkt unglaublich sympatisch. Dazu spielt er ruhigen, englischsprachigen Singer/Songwriterpop und bringt zwischen den Songs immer wieder sehr kurze Anekdoten an, gespickt mit einem sehr trockenem Humor. Das Publikum hat gelacht und die Stimmung genossen, ziemlich schnell zeigte sich, dass die Sache mit dem bestuhlten Saal eigentlich eine ziemlich gute Idee war. Eine Zugabe gab?s auch, bevor er seine Tour mit Walter beendete, was zuvor schon mit ?köstlichen Lachsteaks? gefeiert wurde. Im nächsten Jahr dann wahrscheinlich mit Oli Schulz auf Tour, könnte man vermuten, nachdem im Dezember das Debutalbum erscheint.
Nach kurzer Umbauphase, in welcher ein Stofftiger auf der Bühne platziert wurde (was dann auch schon alles in Sachen Umbauen war) betrat die Legende himself die Bühne. Walter Schreifels mit Schulterlangen Haaren und bemerkenswertem Schuhwerk, zudem in amüsanter Herumhüpflaune. Es hatte doch etwas sehr familiäres, als der kleine, hagere Mann da in seinem Wohnzimmer stand und zu fast jedem Song eine Geschichte oder etwas über den tieferen Sinn zu erzählen hatte (zum Beispiel über seine sehr enge Beziehung zu seinem zweifach in New York gestohlenen Fahrrad in ?Bike Song?).
Sein Set begann der Amerikaner mit ?Start Today? vom gleichnamigen ’89er Quicksandalbum, gefolgt vom Rival Schools ? Stück ?Good Things? und dem relativ frischem Werk ?New Thing? aus dem Hause Walking Concert. Ein Set, welches tatsächlich jede Schreifels-Epoche abdeckte und worüber sich eigentlich niemand beschwerden dürfte. Ich tue es aber doch. Nur magere drei Rival Schools Stücke wurden gespielt und dafür viel zu viele Walking Concert Geschichten, die leider immer noch musikalisch sehr langweilig wirkten, selbst in unserem Wohnzimmer. Die Fans der alten Schule hingegen dürften begeistert gewesen sein, denn von Quicksand und den Gorilla Buiscits gab es wahrlich jede Menge Hits zu hören, gekrönt vom abschliessenden Medley.
?Ulkig? ist wohl das Wort, welches das auftreten von Herrn Schreifels diesen Abend am besten beschreibt. Zig mal riss ihm seine Gitarrensaite, bis er keine Lust mehr auf Akkustikgitarre hatte und auf sein elektronisches Pendant umsattelte. Zeitweise wirkte der ja doch schon etwas in die Jahre gekommene Musiker wie ein kleines Kind, mit mächtig viel Hummeln im Hintern, wenn er zu seinen Liedern im Takt stampfte oder über die Bühne wuselte.
Sieht man einmal davon ab, dass das Ganze zum Ende hin ein wenig langatmig war, kann man getrost von einem ganz tollen Konzert sprechen, das sich eigentlich niemand hätte entgehen lassen sollen.
Man verzeihe mir die Phrase, aber: Bei Walter Schreifels sitzen sie in der ersten Reihe. Großartiger Abend, gerne wieder!