Bei manchen Cover-Artworks fragt man sich ja gerne, was die Band bzw. ihren Grafiker dabei bloß geritten hat. Während man darüber bestimmt ganze Doktorarbeiten im unnützen Musikfachsimpeln schreiben könnte, sollte man sich im Falle des vorliegenden Wolf Parade Zweitwerks „At Mount Zoomer“ lieber erstmal mit dem Wesentlichen befassen: der Musik hinter der Fassade – und schon kann man auch die besser verstehen.
Am Mount Zoomer geschehen auch klanglich seltsame Dinge. Hier stand zwar ganz banal der Name des Aufnahmestudios von Wolf Parade-Schlagzeuger Arlen Thompson für den Albumtitel Pate, dennoch lässt sich der Scheibe nur zu gut ein fiktiver Schauplatz für seine einzelnen Song-Charaktere zurechtspinnen. Am Mount Zoomer ist es trocken und sandig. Man trifft dort auf eine sehr heterogene Truppe bestehend aus dem grinsenden Soldaten, der einen noch freundlich am Fuße des Berges empfängt, schleppenden Rituale in der Wüste, der Stadt der Sprache, Aufforderungen zum Trommel schlagen oder “Fine Young Cannibals”. Alle gekleidet in komplexen, wahnwitzigen Wüstenrock, der nicht mit interessanten Dynamiken geizt. Dass Sänger Dan Boeckner stellenweise an Supertramp-Nöler Roger Hodgsen erinnert, stört kaum bei der Fülle von interessanten Wechseln und Harmonieverläufen.
„California Dreamer“ könnte kaum weiter weg von der ersten spontanen Assoziation, The Mamas & Papas, sein und die um ein paar Ecken liegendere zumindest besser treffen: die Visualisierung des Doors-Meisterwerks „Riders on the Storm“, Regisseur Dominic Senas düsterer Serienkiller-Roadmovie „Kalifornia”. Natürlich ganz anders als The Doors bauen die fünf Kanadier hier aus staubiger vor Hitze flimmernder Wüstenluft einen sich in Gitarrenriffs verlierenden Sechs-Minüter, der sich immer wieder um die Zeilen “I’ll be round, I’ll be round like a teenager in town.” und “I think I might have heard you on the radio, but the radio waves were like stone” dreht.
Die beiden letzten Stücke “An Animal in your Care” und das epische “Kissing the Beehive” erinnern unweigerlich an Modest Mouse, in deren Liga der kauzigen Rockbands sich Wolf Parade mit ihrem “Apologies to the Queen Mary” gespielt hatten. Die Parallelen sind immer noch deutlich abzulesen, doch haben Wolf Parade den Sprung aus dem Fährwasser der Oberkauze geschafft. Der vollbrachte Stilwechsel – oder sagen wir, die Weiterentwicklung – mag den Hörer zwar zunächst vor den Kopf stoßen, der mit einer anderen Art Schrägheit und Unzugänglichkeit gerechnet hat, zeugt aber von einer gesunden Portion Eigenständigkeit und Experimentierbereitschaft. Ohne die wären Wolf Parade vielleicht schon längst im teuflischen Treibsand versunken..
VÖ: 20. Juni 2008
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