Letztes Wochenende fand eines der heißesten Festivals des Jahres statt. Zumindest was die Temperaturen anbelangt. Denn diese machten das Highfield 2012 zeitweise zu einer echten Hitzeschlacht mit ca. 20.000 Teilnehmern.
Zum ersten Mal richtig Fahrt nahm das Musikprogramm mit dem Auftritt von Kraftklub auf. Es wurde richtig voll vor der Blue Stage, der kleineren der beiden Bühnen. Und die Menschenmasse feierte den Auftritt ordentlich ab. Nach einer halben Stunde lösten sich einige Zuschauer von Kraftklub, denn das nächste Highlight des Tages stand an. Auf der Green Stage legten The Shins einen sehr schönen und überzeugenden Auftritt hin. Neue und alte Lieder wurden gespielt und auch wenn man auf „Australia“ verzichtete, so war trotzdem jeder Song ein Highlight für sich. Und man muss es sagen, keine andere Band hat den Sonnenuntergang an diesem Wochenende so perfekt musikalisch untermalt. Gänsehautmomente waren dies.
Auf der kleinen Bühne spielten nach dem Zirkus von Bonaparte die sympathischen Burschen von LaBrassBanda zum Abschluss des Tages. Auch wenn weit entfernt von einem Heimspiel, so schafften sie es trotzdem recht fix, das Publikum auf ihre Seite zu bekommen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Denn man entschloss sich kurzerhand den obligatorischen Ausflug ins Publikum zu einer großen Wanderung vor die Hauptbühne zu gestalten. Und so zogen Band und mehr als die Hälfte des Publikums quer über das Festivalgelände. Ein großartiges Bild. Auch wenn ein Teil des Publikums dann wohl vor der großen Bühne, wo ein paar Minuten später die Sportfreunde Stiller auftraten, verblieb, feierte der Rest die LaBrassBanda mit allem, was die Tanzbeine hergaben.
Die Sportfreunde dagegen hatten Mühe mit ihrem Auftritt. Es gab technische Probleme und man hatte den Eindruck, dass der Funke nie so richtig überspringen wollte. Obwohl neben neuen auch sehr viele von den guten, alten Liedern gespielt wurden, inklusive „Heimatlied“ und „Wellenreiten“ als Zugaben.
Am Samstag übernahmen The Bots bei brütender Hitze den Slot von Baroness, die aufgrund eines Busunfalls ihren Auftritt kurzfristig absagen mussten. The Bots sind zwei Brüder, 14 und 18 Jahre alt, aus den USA. Die zwei jungen Kerle standen also auf der riesigen Bühne und spielten ihren Garage-Rock. Sehr souverän und mit viel Spaß, so dass auch die paar hundert Menschen vor der Bühne ihre Freude hatten. Eine weitere Perle im Programm waren Dispatch, auch weil diese Band aus den USA bisher noch nie auf einem Festival in Europa spielten (Gründungsjahr 1996, um das richtig einordnen zu können). Diese zeigten ebenso viel Spaß bei ihrem grundsympathischen Auftritt und lieferten mit ihrer Mischung aus Rock, Reggae, Folk, Funk die perfekte Musik zum Wetter.
Der Abend auf der Blue Stage stand im Zeichen der Bands aus Deutschland. Bosse spielten einer ihrer momentan sehr seltenen Auftritte. Was dazu führte, dass Herr Bosse sich bereits nach den ersten Liedern total verausgabte und schweißgebadet über die Bühne hüpfte. Weil er so viel Spaß am Auftritt hatte. Das Publikum auch. Und so verbrachte man zusammen eine schöne Zeit an diesem schönem See bei Leipzig. Fast genauso viel Spaß hatte das Publikum danach bei Jupiter Jones. Highlight war aber der Auftritt von Kettcar. Diese überzeugten junge und alte Fans gleichermaßen und schafften es, jeden Song zu etwas besonderem zu machen.
Auf der Hauptbühne gab es viel Punk und Hardcore für die Freunde der harten Musik. Punklegenden Good Riddance ballerten die Songs in die Hitze, die H-Blockx machten noch immer das, was sie vor 10 Jahren schon gemacht haben, Social Distortion werben damit, dass sie seit 1979 existieren. Also länger als die meisten Zuhörer vor der Bühne. Allerdings nimmt der Verfall von Sänger Mike Ness langsam dramatische Formen an. Und zum Abschluss hauen die Beatsteaks ordentlich auf die Pauke. Oder auf zwei Pauken, denn sie sind diesen Sommer ja mit zwei Drummern unterwegs. Man muss ehrlich sagen, dass es der einzige gute Auftritt eines der drei Headliner an diesem Wochenende war.
Der Sonntag wurde dann extrem heiß. Was Sänger Billy von The Subways ausnutze und versprach, immer wenn das Publikum abgeht, Wasser an ebenjenes zu verteilen. Und tatsächlich schafften The Subways es, das zahlreiche Publikum trotz tropischer Hitze zu rocken. Und damit gut für den Auftritt von Casper vorzubereiten. Der keine Probleme hatte diese Vorlage zu verwandeln.
Einen sehr feinen Auftritt legten The Black Keys hin. Einerseits hatten man bei ihnen das Gefühl, sie würden gleich vom großen Bühnenbild und den Menschenmassen davor verschluckt. So deplatziert wirkten sie zuweilen. Aber sie taten etwas sehr Cleveres und ließen ganz einfach ihre Musik für sich sprechen. Ohne große Show und Ansagen wurde ein Song nach dem anderen gespielt und am Ende hatten alle, Band und Publikum, eine richtig gute Zeit. Ein Konzept, von denen sich so mancher was abschauen könnte. Zum Beispiel auch der Frontmann Jesse Hughes von den Eagles of Death Metal. Der vor lauter Freude über den wunderbaren Tag und die netten Mädels bald mehr auf der Bühne erzählte, als er Musik spielte. Was aber auch irgendwie sehr sympathisch war.
Highlight des Tages war aber nicht der abschließende Auftritt von Placebo. Dazu wirkte Brian Molko noch zu angeschlagen (zwei Tage vorher musste er den Auftritt am Frequency nach nur einem Lied abbrechen) und der ganze Auftritt zog sich wie Kaugummi. Nein, absoluter Höhepunkt des Wochenendes war das Refused Party Program! Auch wenn es relativ wenig Menschen vor die Blue Stage zog und diese sich aufgrund der heißen Luft wenig bewegten, war dieser Auftritt einer der beeindruckendsten, die ich je erlebt habe. Natürlich auch geschuldet der Tatsache, diese Lieder nun doch endlich mal live hören zu können. Aber auch weil die Band neben all der Kraft und Aggressivität in der Musik, so total sympathisch und nett auf der Bühne sind. Dennis Lyxzén hüpft und schmeißt sein Mikro über die Bühne, wie man das schon bei der T(I)NC gesehen hat. Erzählt dann aber auch, dass man sich noch sehr gern an die Auftritte mit Refused im Conne Island in Leipzig erinnere, weil da die meisten Menschen überhaupt kamen. Und man sehr dankbar dafür sei, nun die Chance zu haben, wieder für so ein Publikum zu spielen. Und irgendwann ist es so weit, das Gewitter namens „New Noise“ bricht los. Das Publikum rastet aus, eine riesige Staubwolke steigt auf und hüllt das Festivalgelände in eine weitere dicke Staubschicht. Die Scheinwerfer hüllen das Spektakel in ein völlig surreales Licht. Momente, die sich ins Gedächtnis einbrennen. We dance to all the wrong songs.
Neben der Musik gibt es noch andere Aspekte, die darüber entscheiden, wie gut ein Festival war. Beim Highfield gibt es dabei noch einiges an Optimierungspotential. Begrüßenswert ist es, dass auch bei den großen Festivals der ökologische Gedanke immer mehr Raum einnimmt. So gab es dieses Jahr erstmal sogenannte Lotsen. Die aber weniger bis gar nicht zur Orientierung beitragen konnten (aber das konnten selbst die Securities zum größten Teil nicht), sondern zum Müll einsammeln vor Ort waren. Da fragt man sich als Besucher, der seinen Müll eben nicht einfach zu Boden schmeißt, allerdings schon, warum man auf dem Gelände Mülltonnen erstmal suchen muss. Eventuell würden auch niedrigere Preise für Nahrung und Getränke dazu führen, dass weniger Müll produziert bzw. von daheim mitgebracht wird. Zudem wirkten die mittlerweile horrenden Preise für Getränke (Bier teurer als z.B. auf dem Oktoberfest) angesichts der Hitze schon wie Hohn. Ganz dringend überarbeitet werden sollte das Verkehrskonzept. Denn dieses ist einfach katastrophal. Klar, das Highfield liegt abseits von Leipzig und ist mit ÖPNV leider nicht zu erreichen. Zwar werden Shuttlebusse vom Hauptbahnhof und zurück angeboten. Allerdings zu sehr unverständlichen Zeiten. Eigentlich sollten die Shuttlebusse am Samstag gar nicht fahren, wurden dann glücklicherweise kurzfristig doch eingesetzt. Nur ist am Hauptbahnhof außer einem kleinen Zettel an einem Laternenmast kein Hinweis auf die Shuttleverbindung vorhanden. Die Abfahrtszeiten muss man sich als Besucher anderweitig besorgen. Und die Busse fahren tagsüber so spät, dass man leider die Hälfte des Programms verpasst. Wieso sollte sich jemand beispielsweise ein Tagesticket kaufen, wenn er ohne Auto (Man bedenke wir haben das Jahr 2012 und damit nicht mehr jeder ein Auto zur Verfügung, weil sich Verkehrskonzepte zum Glück weiterentwickelt haben.) erst am sehr späten Nachmittag zum Festival kommt? Oder wieso sollte jemand die Kooperation mit dem Atlanta Hotel nutzen, welches zehn Fahrminuten vom Gelände entfernt ist, wenn man erst mit ÖPNV in die Stadt und dann mit dem Shuttle zum Festivalgelände fahren muss (Dauer im besten Fall: anderthalb Stunden)? Wäre es nicht sinnvoller den Shuttlebus auch am Hotel halten zu lassen? Will man ein Festival für Autofahrer ausrichten? Mal abgesehen davon, dass der Zustand der Busse jeder Beschreibung spottet, wenn z.B während der Fahrt auf der Autobahn plötzlich die Türen aufgehen. Klar, man muss solche Sachen nicht anbieten. Aber dann sollte man sich auch nicht über sinkende Besucherzahlen wundern.
Und eventuell sollte man darüber nachdenken, die Festivalbesucher als Kunden zu betrachten. Und nicht als potentielle Schwerverbrecher. Was man als normaler Besucher an Kontrollen über sich ergehen lassen musste, war nah an der Grenze zum Unerträglichen. Sicher auch ein Grund warum sich Besucher beim nächsten Mal überlegen, ob man für so ein Erlebnis wieder über 100 Euro ausgeben muss. Sorry, aber das geht auch anders, liebes Highfield. Und wenn man mit offenen Augen und Ohren über das Highfield geht, bekommt man bei aller Feierstimmung leider einige solcher Dinge zu hören.
Highfield.de
Mir persönlich sind die beim Highfield auftretenden Bands ja zu „ruhig“ (war stattdessen auf dem Summer Breeze in Bayern), aber gemeinhin habe ich bisher eigentlich nur Gutes über dieses Festival gehört. Gut, dass diese Kritikpunkte hier auch mal zur Sprache kommen.
Mülltonnen – ein ewig leidiges Thema nicht nur auf Festivals. Auch in Leipzig selbst sind diese sauberkeitsfördernen Behältnisse Mangelware. Auf dem Campingplatz selbst würde ich als Veranstalter auch niemals Mülltonnen aufstellen – zu groß ist hier die Gefahr, dass sie von besoffenen Idioten angezündet werden. Auf dem Veranstaltungsgelände jedoch gehören Sie eigentlich an jeden Food-Stand!
Grüße
Carsten