Was ist los, wohin ist die Nacht gegangen? Wo war ich bloß, als der Tag begann? Die Antwort auf Fragen wie diese hat die Frittenbude parat. Die drei Münchener bringen ihr Debütalbum auf Audiolith heraus. Und ich denke, es ist nicht übertrieben, zu sagen, dass in den Kreisen des Labels lang nicht mehr so sehnsüchtig auf ein Album gewartet wurde, wie auf dieses. „Nachtigall“, here we go.
Es begann alles mit einem unscheinbaren Konzert in Hamburger Hafenklang. Im Vorprogramm von Juri Gagarin betrat eine Band die Bühne, von der bis dato keiner so richtig was gehört hat. Unterm Arm trugen sie den Pandabären, auf dem Kopf die weiße Ray Ban und im Rücken das Basslaster. Den Laden haben sie weggefegt an dem Abend. Später bekam man dann zu hören, dass die Band eine Entdeckung von Egotronics Torsun ist und bei Audiolith gesigned wurde (Wenn man den Lyrics glauben darf: „Ein Label mit Knebelvertrag, das uns komplett in Verruf bringt.“) Und allerspätestens mit dem Release ihres Remix von Kettcars „Graceland“, umgetauft in „Raveland“, war dann wirklich jeder heißt auf den Mist, den die Frittenbude da so raushaut. In 1000 Jahren sind sie Klassik, selbst wenn sie’s maßlos verkacken.
Nun, einige schweiß-und alkoholgetränkte Konzertabende später, ist es also endlich an der Zeit, dass das Debütalbum das Licht der Welt erblickt. Fazit: JA!! Es liefert genau das, was man erwartet und erhofft hatte. Tanzbare Musik mit dem nötigen Verstand dahinter. Natürlich ist das hier irgendwo repetitives technoides Geballer, zu dem die Füße zucken und die Hände hochschnellen. Klar, da ist dieser Beat, der knallt und der Bass, der einem die Magengrube zerdrückt. Aber seien wir doch mal ehrlich: Wie geil ist das bitte! Und es ist ja nicht so, dass diese Musik nur zum Tanzen gemacht wurde. Ein Song wie „Mindestens in 1000 Jahren“ kann man leichfertig als melodischen Indiepop abstempeln, „Die Nacht“ hingegen ist feinste Rapmusik. Der Song „Hildegard“, der das Album eröffnet, ist sogar eine Hommage an die gute Frau Knef. Für die Frittenbude soll es aber Acid anstatt roter Rosen regnen, ist klar. Jedenfalls: Die nach vorne preschenden Rave-Songs sind lediglich die logische Schnittmenge von all dem, was die Frittenbude so beeinflusst. Flex, Flex, Flex!
Kommen wir zum Gesang und den Texten. Die Stimme von Johannes ist variabel. Mal höher, mal tiefer, mal auf Abwegen. Und es ist einfach genial, wie die Band jeglichen Regeln der Artikulation das Rückgrat bricht. Wir haben alle damals in der Schule gelernt, am Ende eines gewöhnlichen Aussagesatzes mit der Stimme nach unten zu gehen. Johannes hingegen geht am Ende eines jeden Satzes mit der Stimme nach oben! Im Hintergrund rotzt dann noch der gute Jakob was ins Mikrofon und fertig ist der einzigartige Stil. In den Texten dazu geht es um Liebe, um Verzweiflung und der verstörenden Betrachtung seiner selbst. Natürlich wird aber auch der Hedonismus, der ausgelassene Drogenkonsum und die Musik gefeiert und besungen:
„Acidregen, Turnschuhfetisch, Pandabären sind superfertig.
Bunte Pillen, Technopopper, Indie-Kid und Rap-Roboter.
Frittenbude, Discojunks, no Flex and no Rave Punk.
Es ist nicht das was zählt, doch das was alle wollen
und irgendwie lieb ich das!“
Alles in allem ein restlos erstklassiges Album, auf dem jeder Song für sich unerlässlich ist. Meines Erachtens nach hat Audiolith mit der Frittenbude einen der größten Fische (… äh, Vögel) seit Labelbeginn an Land gezogen. Label und Künstler passen zusammen wie der Topf zum Deckel! Hoffentlich erlernt die Nachtigall nicht so schnell das Fliegen, für einige weitere Alben würden wir gerne noch Zeit mit ihr verbringen…
VÖ: „Nachtigall“ erscheint am 14.11.2008 auf Audiolith.