Thursdays neues Machwerk “A city by the light divided“ ist nun endlich auch in Deutschland erhältlich – und wird unter der eingesessenen Hörerschaft mit großer Wahrscheinlichkeit für ein wenig Überraschung sorgen. Die sechs New Yorker machen deutlich, dass sie sich nicht mehr gänzlich in dem Genre heimisch fühlen, dessen Grundstein sie vor einigen Jahren mit ihrem zweifellos legendären Zweitling „Full Collapse“ noch selbst gesetzt haben.
“It’s not hard to write screamo songs these days. I mean the whole term is kind of silly anyway but modern screamo is really just pop music with arbitrary screaming in it […]. I’m hoping kids sort of get pissed about it and start reacting to it, that the underground will start pushing and branching out into different creative areas.” ( interview m. bandvibe.com )
Dass es Thursday von Anfang an sehr wichtig war nie mit dem Strom zu musizieren, wurde schon bei der Bandbenennung deutlich. Zu ihrer Gründungszeit erblickten in und um New Jersey unzählige neue Hardcore Bands das Licht der Welt, diese wurden jedoch fast grundsätzlich auf recht abgenutzte, szenetypische Namen getauft. Sie selbst suchten deshalb etwas, das fern jedes Genres war, mehr Platz für Assoziationen ließ und ihre Eigenständigkeit betonte. Den gleichen Grundsatz befolgte man dann auch stets und konsequent auf musikalischen Weg. Scheint „Full Collapse“ auch aus heutiger Sicht keine Platte mit großem Überraschungseffekt zu sein, darf man sie für den damaligen Zeitpunkt sicher als kleine musikalische Raderfindung betrachten.
Zwei Alben und fünf Jahre später kann man zwar nicht mehr von bahnbrechenden Neuerungen sprechen, das Ziel sich auf dem eigeschlagenen Weg nicht geradeaus in musikalische Schubladen zu manövrieren verfolgen Thursday jedoch konsequenter denn je. „A city by the light divided“ verzichtet fast gänzlich auf screamotypische Elemente und integriert im Gegenzug gekonnt einige genrefremde Ideen in die Songs. Die Gitarristen scheinen klar strukturierte Hardcore-Riffs nun endgültig gegen treibende Noisewände und stark verhallte Melodien eingetauscht zu haben, welche auch durchaus mal die ein oder andere unerwartete Harmonieführung enthalten dürfen. Mit anderen Worten: es darf auch mal schräg sein. Das unschlagbare Geschrei der Thursday-Combo wurde auffallend stark reduziert und ist in altbekannter Manier eigentlich nur noch auf dem treibensten Track der CD „At this Velocity“ enthalten – dafür finden sich im Background nun zu genüge Chöre, Ahhs, Ohhs, Telefon- und Frauenstimmen. Auf den Punkt gebracht: Thursday legen wesentlich mehr Wert auf Musikalität – und trauen sich deshalb auch mal wagemutig an ein Instrumental, das ähnlich der Pianobalade „brought to you by a falling bomb“ des Vorgängers „War all the time“ die Platte in der Mitte für ein kurzes Atemholen unterbricht.
Thursdayhörer der ersten Stunde mögen nach dieser Beschreibung nun schweissgebadet und mit bösen Vorahnungen dem ersten Hördurchlauf entgegensehen, in der Angst die Band sei in keiner Hinsicht mehr das, was sie einmal war. Als mutmachende Geste sei deshalb noch gesagt, dass sich der neue Mix immer noch erfrischend nach unseren leidenden und treibenden Thursday anhört – dabei eben nur ein wenig runder, reifer und musikalischer denn je. Und auch wenn ein paar eingeschworene Fanatiker sie wegen dieser Platte von ihrer Myspace-Bandliste löschen mögen, werden Thursday mit Sicherheit auch einige neue Fans für sich gewinnen können – und diese bestimmt sogar fern des Genres, für das sie eigentlich so bekannt geworden sind.
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