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Brand New – The Devil And God Are Raging Inside Me

Brand NewVon Sommer 2005 bis etwa Sommer 2006 lief ein Album bei mir mehr als irgendein anderes. Es half mir durch (Schul-)Stress, erhielt meine Laune an guten Tagen, knüpfte Freundschaften und wurde zum „Hör dir die mal an“-Klassiker. Ja, ich war stolz, Leuten zu sagen, sie sollten sich dieses Album mal anhören. Das Album war Deja Entendu von Brand New, als Emo klassifiziert. Dessen schweres Erbe wird nun angetreten vom (oh je) Majordebüt The Devil And God Are Raging Inside Me.

Ein schlechter Opener, dieses Sowing Season (Yeah) – so zumindest wirkt es beim ersten Hören: Ruhige Strophe, lauter Refrain – die Bullet-For-My-Valentine-Formel. Auch die restlichen 12 Songs werfen sich nicht um deinen Hals: Irgendwie sperrig, irgendwie nicht so eingängig wie der Vorgänger, irgendwie nicht so… toll. Und weil das bis hier hin ein kurzes Review wäre und auch das Happy End fehlt – The Devil… wächst:
Sowing Season etwa wird mit einem Blick in den Text ersichtlich – es geht um Verluste, der simple Refrain stellt die Befreing, das Loslassen dar. Auf den ersten Blick könnte man Jesus auch als Nachfolger von Deja Entendus Guernica sehen, in dem Sänger Jesse Lacey sich bewusst in sein kindliches Ich zurückversetzt. Mit Jesus stellt er an eben jenen Fragen, sucht Erlösung. Allgemein ist das neue Werk härter, tatsächlich sperriger, Harmonien sind clever in Krach versteckt. Ein gutes Beispiel hierfür ist Degausser – einer der beiden Songs, die nach dem Internetleak und beinahe kompletten Verwerfens des fast fertigen Albums vor etwa einem Jahr überlebten. Eine Zeile lautet „The storm is coming, the storm is coming in“ – und selten wurden Worte ähnlich gekonnt vertont. Zwei Paradebeispiele für die neue Härte Brand News sind You Wont Know und Not The Sun, die klar machen, dass man hier deutlich näher an Postcorebands wie etwa Thursday als an den vermeintlichen Emo-Kollegen der Fraktion Taking Back Sunday ist. Brand News erstes Album, Your Favorite Weapon klang wirklich so, aber The Archers Bows Have Broken, das poppigeste und eingängigste Stück ist als einziges Zeugnis dieser Zeit geblieben. In Luca – einem Song, der mal treffend als Indie-Symphonie bezeichnet wurde; das gleiche Thema in drei Varianten – etwa erinnert Lacey sogar teilweise an einen Thom Yorke, der teils vertrackte, immer wieder seine Harmonien hervorkämpfende Sound quasi über Albumlänge an dessen Band Radiohead. Mit Welcome To Bangkok und einem unbetiteltem Song hat man zwei Instrumentals mit auf die Platte gepackt: Der eine als erneutes Bekenntnis an den Postcore und seine rein bzw. größtenteils instrumentalen Bands wie Isis und 65daysofstatic, der andere ein purer Lückenfüller. Einen Schwachpunkt muss sich The Devil… jedoch eingestehen: Mit Handcuffs ist ein Closer vorhanden, der gegen seine Vorgänger Play Crack The Sky (die Liebe von Lacey als Schiffsbruch vertont) und Soco Amaretto Lime (die Hymne an die gute alte Jugend) machtlos ist.

Letzendlich kann man nicht einfach sagen, ob das aktuelle Album besser ist als seine Vorgänger, es ist, wie journalistisch doch so gerne verwendet, schlicht anders. Der ungewöhnliche musikalische Werdegang von der Eingängigkeit zur Sperrigkeit sieht wie folgt aus: Your Favorite Weapon war ordentlicher Poppunk, Deja Entendu war Emo mit wunderbaren Texten. The Devil And The God Are Raging Inside Me ist Post-Emo und mehr denn je ein Bandalbum, denn kein Song besteht mehr aus Lacey und Gitarre, fast nie ist er einziger Sänger, fast jeder Song hat die harten, von der kompletten Band getragenen Parts (wie eben auch Luca). Textlich fehlt ein wenig der Pathos des direkten Vorgängers, der teilweise sicher auch für Eingängigkeit sorgte. Und wenn man Deja Entendu (nachträglich) irgendetwas vorwerfen kann, dann, dass es auf Single-Album getrimmt ist und irgendwie der rote Faden fehlt – hier ist er vorhanden, ein komplettes, in sich geschlossenes Werk. Brand New retten den Emo nicht, sie lassen ihn jämmerlich verrotten und gehen ihren eigegen Weg.

Letztendlich werde ich stolz sein um jeden, dem ich mit diesem Review das Album und vor allem die Band ans Herz legen konnte.

VÖ: 26.01.2007

3 comments

  1. Martina says:

    Und da sag ich auch nochmal: DANKE,DANKE!!
    Dafür, dass du mir früher diese Band ans Herz gelegt hast..
    „Hör dir die mal an“;)Hab ich getan und ich liebe sie!!!

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