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Black Kids – Partie Traumatic

Stell dir vor, ein junger Robert Smith geht in die Disco und hat Spaß, flirtet, durchlebt wilden Herzschmerz und leidet – aber nicht auf die düstere Art, wie man es von ihm gewohnt ist, sondern bittersüß und tanzbar. The Party-Cure quasi. Genau so klingen die Black Kids, die nun mit „Partie Traumatic“ endlich auch hierzulande die Songs veröffentlichen, zu denen das fortschrittliche England schon seit einem Jahr durchdreht.
Die fünf Jungspunde rund um die für die abwechselnden Gesangeinsätze, Gitarre und Moog zuständigen Geschwister Reggie und Ali Youngblood kommen aus dem sonnigen Jacksonville in Florida und machen sehr Synthesizer- und auch textlastige Popmusik, die auf den ersten Blick eher unbedarft mehr für Beine und Herz als für den Kopf gemacht zu sein scheint.

Hier dominieren zuckersüße Melodien eindeutig vor großen Rockposen, auch wenn man gelegentlich E-Gitarren vernimmt. Die dann mehr für den treibenden Rhythmus. Ingsgesamt klingt das alles sehr nach 70er Jahre Discoknallern oder den 80ern: süß und bunt, aber auch nicht zu gekünstelt oder zu glatt produziert. Als Verantwortlicher wähnt sich hier übrigens nicht ganz so überraschend der ehemalige Suede-Gitarrist Bernhard Butler. In den Texten verstecken sich zwischen jugendlich naiven Themen wie Übernachtungsangeboten, Verliebtsein, Eifersucht, Einsamkeit, gebrochenen Herzen und einer traumatischen Party nach der anderen zwar wenig Tiefgang, aber auch gar nicht so dumme Wortspiele und eine ordentliche Portion Charme.

Zum Beispiel wenn Reggie, der wirklich oft nach Robert Smith klingt, mit den Geschlechterrollen spielt, indem er in der Vorab-Übersingle „I’m not gonna teach your Boyfriend how to dance with you“ ganz selbstverständlich „You are the girl that I’ve been dreaming of, ever since I was a little girl“ singt und den Hörer erstmal etwas verdutzt zurücklässt. Auch sonst nehmen die Black Kids das Leben mit einer Leichtigkeit, die nur von Einsamkeit und Herzschmerz getrübt werden kann.

Als stärkste Stücke der Platte entpuppen sich die bereits erwähnte Singleauskopplung, der düster flehende Groover „Hurricane Jane“ und „Hit The Heartbreaks“, die auch alle schon ein klein wenig anders eingesungen und abgemischt auf der EP „Wizard of Ahhs“ zu hören waren – und denen in der Albumfassung leider ein bisschen an Schmiss fehlt. Das stört aber wahrscheinlich nur diejenigen, die sich schon zu sehr mit den Urfassungen angefreundet hatten und wahrscheinlich eh schon längst die Zuckerschnute voll haben vom großen Internet-Hype, der eifrig um die Black Kids betrieben wurde.

Aus „Hit The Heartbreaks“ stammt der großartig simple Reim „I must repeat, I think you’re sweet“. Süß sind auch „Love Me Already“, das aus zwei Perspektiven von den Vorbereitungen einer Überraschungsparty respektive dem eifersüchtigen Misstrauen des Überraschungsopfers erzählt und das anfangs kitschig verträumte und schließlich fröhlich klimpernde „I’m Making Eyes At You“.

I’m making these eyes since ’82,

I’ve been making these eyes in green and grey and brown and delta blue

Der Rest sind Synthiepop-Kracher, die Titel wie „Listen To Your Body Tonight“ oder das etwas alberne „I Wanna Be Your Limousine“ tragen. Super zum Tanzen und auch weniger traumatische Partys, aber mehr dann auch wieder nicht. Bleibt also abzuwarten, ob die Black Kids die Halbwertszeit eines 3-Minuten-Popsongs überbieten können sobald die Tanzflächen vom nächsten Indiepopwunder beschallt werden. Auf die Herbsttour kann man sich dennoch freuen.

In diesem Sinne: I saw you crying at the Discotheque!

VÖ: 22.08.2008

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