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Durchbruch von hinten

Wann kommt er, der Durchbruch? Mit jedem neuen Blackmail-Album scheint die Frage geklärt: jetzt! Allen optimistischen Prognosen der hiesigen Musik-Journaille zum Trotz bleibt die beste Indie-Band Deutschland auch nach dem überragenden ?Friend Or Foe? zunächst nur ein Geheimtipp. Anders in Japan. Da schlug die Platte ein wie eine Bombe. Die dortige Fachpresse lobt die Koblenzer mit den schrägen Melodien in den allerhöchsten Tönen, so dass Aydo, Kurt und Co im August mal eben rüber ins Land des Lächelns jetten werden, um die größten Festival des Landes zu spielen. Anerkennung, die Blackmail hier zuhause nicht gerade zuteil wird. Man kennt das ja: Der Prophet im eigenen Lande. Dennoch kein Grund, Trübsal zu blasen. Vor dem Konzert in Göttingen trafen wir einen äußerst gut gelaunten und überaus sympathischen Aydo, der vergnügt über düstere Liebesgeschichten, coole B-Seiten und langweiligen Hausfrauenrock plauderte?

<b>Aydo, was macht ihr gerade so? </b>
Wir haben gerade einen Soundtrack für den Film ?Kammerflimmern? gemacht, der irgendwann in diesem Jahr rauskommen soll. Das ist ein deutscher Film, der sehr düster, sehr undeutsch und vor allem sehr gut ist. Jessica Schwarz spielt die Hauptrolle, und es geht um ? [überlegt]? Liebe. ? und um Drogen. Und Unfälle. Eigentlich ist es eine traditionelle Liebesgeschichte, aber halt ein bisschen düster erzählt.

<b>Und sonst? Gibt?s demnächst auch ein neues Album? </b>
Wir gehen im September ins Studio und werden mit der neuen Platte anfangen. Gut möglich, dass dann auch ein paar Songs vom Soundtrack mit drauf sein werden.

<b>Schon konkrete Ideen im Kopf? </b>
Nee, Ideen nicht, aber Pläne. Es muss anders klingen. Andere Strukturen vielleicht? Oder doch wieder kürzere Songs? Ich weiß noch nicht.

<b>Braucht ihr denn lange im Studio? </b>
Normalerweise nicht. Jeder hat so seine zehn bis fünfzehn Ideen. Kann gut sein, dass wir die alle benutzen können, kann aber auch sein, dass wir alles wegschmeißen und alles noch mal neu machen. Könnten wir ja dann als B-Seiten nehmen [grinst].

<b>Ihr wärt sicher eine großartige B-Seiten-Band?</b>
Ja, glaube ich auch. Ich liebe B-Seiten! Die fand ich fast immer cooler als die A-Seiten.

<b>B-Seiten knallen ja oft auch genauso gut wie die A-Seiten. Nur, dass man sie eben nicht so gut als Single rausbringen kann. Da habt ihr ja auch einige Songs?</b>
[lacht] Ich glaube: nur!

<b>Wann kommt denn eigentlich euer Durchbruch? Bei jeder Platte sagt man ja, dass es jetzt endlich soweit sein muss?</b>
Wir haben doch jetzt den Durchbruch! So indirekt. Mehr so von hinten. Das, was z.B. gerade in Japan abgeht, das ist der absolute Hammer. Das, was wir in Deutschland noch nicht geschafft haben – nämlich in den Charts zu steigen – das haben wir da schon geschafft. Hier pendeln wir von Woche zu Woche immer nur weiter nach unten. Bis wir wieder raus sind. Aber der Durchbruch kommt hier auch noch. Glaube ich schon. Und wenn nicht ? [überlegt] ? das wär schlimm! ? Das wär echt schlimm!

<b>Ein japanisches Magazin hat über euch geschrieben: ?Es gibt keine Band – weder in UK noch in den USA – die einen solch wunderbaren Sound schafft wie Blackmail?? </b>
Toll, oder? Wunderbar! Als wir die ersten Reviews aus Japan bekommen haben, dachte ich ?Was geht denn mit denen???? Unglaublich. Wir sind da sofort angenommen worden. Debüt-Platte sofort in den Charts. Und sie steigt. Im August spielen wir da ein paar Festivals, und im November gehen wir dann richtig auf Tour. Schon komisch: Das, was wir uns hier gewünscht haben, haben wir auf einmal ganz woanders bekommen.

[Kurt gibt eine Runde Bier aus und stößt auf die japanischen Charts an: ?Acht Plätze hoch, Leute! Sayonara Japan!?]

<b>Kannst du dir vorstellen, warum es hier bisher noch nicht so geklappt hat? </b>
Wir hatten immer irgendwie die Zeit gegen uns. Letztes Jahr haben wir z.B. bei MTV ein Powerplay bekommen. Das bedeutet, dass du mindestens über zwei Wochen den ganzen Tag über präsent bist. Und was war? Wir wurden einmal am Tag und ansonsten nur in der Nacht gespielt. Das sind oft so Kleinigkeiten, wo das eine nicht so in das andere greift. Aber wir sind ja nicht die einzige Band, die gute Platten macht und trotzdem nicht den großen Preis dafür bekommt.

<b>Der Trend geht ja gerade wieder zur Deutsch-Mucke. Anderseits: ihr klingt gar nicht deutsch?</b>
Richtig. Wir klangen noch nie deutsch. Seit zwei Jahren ist ja jetzt Rock wieder in. Aber da sind wir ja auch wieder ein bisschen spät. Aber ich glaube, wir haben den Ehrgeiz, den Durchbruch noch zu schaffen. Hoffe ich zumindest?

<b>Diese Zweiteilung bei der letzten Platte in ?Friend? und ?Foe? mit Album und EP – lief das so, wie ihr es euch vorgestellt habt? </b>
Das hat keiner verstanden. Keine Sau! Die EP hat sich zwar gut verkauft, aber wofür das war, das hat keiner kapiert. Die haben zwar alle den Sticker auf der Platte gelesen, aber gerafft hat irgendwie trotzdem keiner, was jetzt ?Foe? ist. Schade eigentlich, in England gibt es so was ja oft. Radiohead haben das auch gemacht. Da zerbrichst du dir mehrere Monate den Kopf, wie man die Leute zum Sammeln bringen kann, und am Ende versteht es kein Arsch, was du da vorhattest. Naja?

<b>Wie kommt?s eigentlich, dass ihr für ein Konzert Vorgruppe von Lenny Kravitz seid? </b>
Die anderen Vorgruppen waren ausgefallen, und da wurden wir gefragt. Die Idee fand ich cool. Auch wenn seine Musik nicht so mein Ding ist. Das ist ja mehr so Hausfrauenrock. Wird bestimmt ein Fiasko. Die heftigen Nummern haben wir schon aus dem Programm genommen. Wir probieren das jetzt einfach mal. Im Herbst machen wir wahrscheinlich auch noch mal Vorgruppe. Für was Großes.

<b>Für was? </b>
Sag ich nicht. [grinst] Aber du wirst dich sicher wundern, wenn du es liest?

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