Slut sind wieder da! Nach dem letzten großartigen Album "Nothing will go wrong" war ich ja umso gespannter, wie das neue Album werden würde. Kaum eine vergleichbare Band hat bisher so viele Veränderungen ihres Stils durchgemacht und ist sich selbst in ihren Wurzeln so treu geblieben wie die Ingolstädter. Ging es Mitte der Neunziger noch mit lupenreinem Indierock zur Sache, fand der schmachtende Pop in ihrem Durchbruchalbum "Lookbook" seinen Einzug, um dann, zusammen mit hymnenhaften, gleichzeitig rockigeren Klängen, auf "Nothing will go wrong" seinen Höhepunkt zu erreichen.
Nun scheint es, als ob sich die fünf Jungs auf ihre Wurzeln zurückbesinnen und liefern mit "All we need is silence" ein auf den ersten Blick sehr reduziertes Album ab, das am ehesten noch mit ihren Frühwerken zu vergleichen ist, sieht man mal von der Produktionsweise ab. Abgesehen von der sehr schicken Digipak-Aufmachung, an die im Übrigen auch die neu gestaltete Website angepasst wurde, klingen die Songs beim ersten Durchgang sämtlich nach 4/4-Taktern, die aber zu wenig rocken, um wirklich mitreißen zu können. Auch bei den nächsten Durchgängen ändert sich wenig an meiner anfänglichen Enttäuschung. Dann aber, es muss der fünfte Durchlauf sein, stellen sich doch einige Aha-Effekte ein, auf die ich so lange gewartet habe. Die erste Single "Lost emotion" zum Beispiel besticht durch ihren unterkühlten Charme und passt dadurch perfekt zur Aussage der Lyrics. So entdeckt der geneigte Hörer Stück für Stück die wohlgesetzten kleinen Besonderheiten, die dieses Album ausmachen, und wird letztendlich doch noch für sein Bemühen belohnt.
"All we need is silence" ist in meinen Augen nicht ihr bestes Album, doch beweisen Slut hiermit wieder einmal, dass sie ihren Weg noch längst nicht zu Ende gegangen sind und trotz Veränderungen immer noch "typisch" Slut sind. Weiterhin schreien die Songs förmlich danach, live vorgetragen zu werden, was dem einen oder anderen Song bestimmt noch eine zusätzliche Kante verpasst.