Ein gutes Jahrzehnt nach dem Meilenstein „Moon Safari“ veröffentlichten Nicolas Godin und Jean-Benoît Dunckel vergangene Woche mit „Love 2“ ihr fünftes Studio-Album. Das Debütalbum begleitet die beiden Musiker seit den Anfangstagen der Band AIR als stetiger Referenzgeber und Maßstab, der an jedes neue Album angelegt wird. Man bezeichnet AIR als „Botschafter der modernen französischen Popmusik“ und berwertet ihre Werke als entscheidene Wegbereiter des Elektropop-Genres: Die Erwartungshaltung der Hörer_innen und der Druck sind demenstsprechend.
Mit dem neuen Studioalbum wollte man an den Sound der früheren Tage anknüpfen, verzichtete komplett auf Gastsänger_innen und setzte auf eine intime Aufnahmeatmosphäre im neuen, eigenen Studio im nördlichen Paris. Heraus kamen zwölf zuckersüße Songs, die die Welt nicht verändern – aber Freude bereiten.
Du magst also auch Musik, was?
Ja ich liebe Musik
Auf was für Musik stehst du?
Alle Sorten
Also ich mag Easy-Listening
Ja, ich auch, Easy-Listening ist echt geilaus: Die Goldenen Zitronen – 0:30, gleiches Ambiente
Warme Vibraphonklänge, ein duseliges Saxophon, tänzelnde Klavierlinien, elektronische Sphärensounds: das Fundament einer AIR-Platte ist bekannt. „Do The Joy„, die erste Single-Auskopplung und gleichzeitig Opener der Platte kombiniert mehrere dieser Elemente zu einem heterogenen und dennoch harmonischen Intro. Knarzige und weltferne Synthesizer, untermalt v0n eingängigen Coldplay-Pianoakkorden eröffnen das neue Album und rufen Assoziationen an den anfänglichen Sound der Band hervor. Sprache / Stimme / Gesang sind dabei wie gewohnt eingeflochten in das musikalische Arragement und so gleichsam Teil der klanglichen Fläche. Der Text rückt dabei weniger exponiert in den Mittelpunkt: Hier werden keine Botschaften skandiert, hier wird an niemanden appelliert. Atmosphäre tritt an die Stelle von Erkenntnissuche – auch in den Lyrics, die so gesehen natürlich in Worthülsigkeit abgleiten.
Im folgenden Titelsong „Love“ werden so beispielsweise lediglich fünfzig mal diese vier Buchstaben in das Mikrofon gehaucht – und dennoch weiß der Song gerade ob dieser Einfachheit und Klarheit die Hörer_innen einzufangen. AIR führen so jene Musik, die Kraftwerk Anfang der Siebziger maßgeblich beeinflussten, auf interessante Art und Weise fort: Sie hauchen jener kalt-mechanischen Vision dessen, was elektronische Musik sein kann, eine warme Wesenhaftigkeit ein. Nicht zu verleugnen ist der latente homoerotische Charme, den dieses ganze Werk ausstrahlt.
Highlights der Platte sind dabei, neben den beiden erwähnten eröffnenden Songs das hitverdächtige „So Light Is Her Football“ oder „Heavens Light„, welches jedes noch so erkaltete Herz wohl zum Erweichen bringen könnte. Erfrischend ist auch „Eat My Beat„, in dem die Gitarre doch wieder einmal in den Vordergrund rückt und einen dandyesken, staubigen Westernsound herbeizaubert. Das minimalistische Stück „Night Hunter“ erinnert interessanter Weise sehr an das am gleichen Tag erschienene neue Album der Düsseldorfer Band Kreidler und begeistert durch nervös zuckende, flirrende Töne und Beatstrukturen.
„Love 2″ kann als ein gutes Album der Band AIR gesehen werden, es übertrifft das Debüt aber nicht. Jedoch würde viel Hörvergnügen entgehen, wenn man das neue Werk schlicht unter dem Aspekt der Innovation und Weiterentwicklung bewerten würde.
„Love 2“ erschien am 2. Oktober 2009.
Selbst als großer AIR-Fan kann ich dem leider nicht zustimmen. AIR kopiert sich mittlerweile einfach nur selber und zwar immer belangloser…