Mit …Trail Of Dead ist es so eine Sache: eigentlich war spätestens nach Worlds Apart alles gesagt, alles hinausgeschrien, alles versucht. Eine Band, die nach den Sternen greift, voller Wut und gebrochenem Intellekt. Mittlerweile veröffentlichen die Texaner ihr siebtes Album, die Verlautbarungen im Vorfeld verhießen: alles auf Anfang! Mehr Gitarren, mehr Geschrei – eine Rückkehr in alte Zeiten, keine Rücksicht mehr auf Verluste.
1994 wurden Trail Of Dead von Conrad Keely und Jason Reece gegründet, 2011 sind genau es genau die beiden, die die Band weiterhin am Leben erhalten, reduziert auf den kreativen Kern. Und um alle langjährigen Fans nicht auf die Folter zu spannen: ja, es ist das krachigste Album seit Source Tags & Codes. Und nein, der harmonische Pop ist nicht verschwunden. Synthese ist das Stichwort.
Leider steht mit „Introduction: Let’s Experiment“ einer der schwächsten Trail Of Dead-Songs am Anfang. Warum dieser punktgenaue Noise-Brachialdampfhammer, der jeden mit Kopfhörer kurzzeitig von seinem Sessel abheben lassen dürfte? Man fühlt sich wie in einem Horrorfilm der billigsten Sorte. Zum Glück ist das schnell vergessen, denn „Pure Radio Cosplay“ vertreibt mit seinem markanten Rock’n’Roll-Riff die bösen Geister. Gitarren, Gitarren! Womöglich ist Tao Of The Dead sogar das klampfenlastigste Album, das die Band bisher aufgenommen hat. Dahinschmelzende Pianos wie noch auf Century Of Self sucht man vergebens.
Die vorab veröffentlichte Single „Summer Of All Dead Souls“ ist dann auch eine echte Space-Rock-Wucht mit einem mehr als erhabenen Refrain. Nach diesen Tracks folgt der inhaltliche Kern des Albums in erstaunlich kurzen Songs, die trotzdem einiges an weitschweifigem Pathos tragen. Bei Namen wie „Fall Of The Empire“ oder „Weight Of The Sun (Or The Post-Modern Prometheus)“ kommen keine Zweifel auf, dass die beiden Schwurbelköpfe immer noch am liebsten in weltumspannenden Dimensionen dichten.
Das Doppel aus „The Wasteland“ und „Spiral Jetty“ bringt dann endlich die verführerische unglaublich-melodiöse Seite der Band ans Tageslicht, jedoch bleibt diese im Albenkontext eher im Vagen. Eigentlich schade, denn ist es nicht die Spezialität der Beiden über ihre Prog-Pop-Pathos-Epen noch zusätzlich Zuckerguss zu streuen? Erinnert sich denn niemand mehr an Songs wie „Summer Of ’91“? Aber nein, sie wollen die Gitarren, sie wollen sich prügeln: „wir können, wenn wir wollen“ – das könnte das Motto von Tao Of The Dead sein.
Das abschließende 16-minütige Opus Magnum der Band heißt wie das Album und ist eine Gondelfahrt durch die persönliche Rock-Pädagogik der Bandmitglieder. Die Melodiebrücken spannen sich über dem Kanal auf, stürzen ein, kehren wieder, die Wellen werden stärker, ebben ab. Doch irgendwie fehlen die Stromschnellen. So lässt einen der Monstertrack etwas ratlos zurück. War es das jetzt? Ist die gesamte Bandkarriere im Tao Of The Dead kulminiert?
Hoffentlich nicht! Denn das Album lässt einen irgendwie zwischen den Stühlen zurück. Wo wollen die hin, fragt man sich. Zurück zu ihren Wurzeln oder doch vorwärts? Werdet ihr langsam zu dickbäuchigen Rockveteranen oder seid ihr im Herzen immer noch melancholische Weltverbesserer-Musikstudenten? Tao Of The Dead wirft mehr Fragen auf, als es beantwortet. Trail Of Dead sind dabei eine entscheidende Grenze ihres Schaffens zu überqueren, aber was das bedeutet: keine Ahnung.
Bei aller musikalischer Brillanz, die Jason Reece und Conrad Keely auch bei Tao Of The Dead an den Tag legen, an der Fan-Wange kullert langsam eine salzige Träne hinunter. Für alle die zu der Band keine intensive Beziehung haben: Tao Of The Dead sind über 50 Minuten bombastische, grandiose, kosmologische Rockmusik.
Trail Of Dead auf Tour:
27.3 – Düsseldorf – Zakk
28.3 – Leipzig – Conne Island
30.3 – Bielefeld – Forum
8.4 – Hamburg – Übel & Gefährlich
9.4 – Berlin – Astra
10.4 – Wien – Arena
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