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Blackmail – Anima Now!

Anima Now!
Nach dem Weggang von Sänger Aydo Abay blieb den Koblenzern nicht viel übrig, als den Neustart zu wagen. Und das scheint zu gelingen, wenn auch Anima Now! in jedem Moment anzumerken ist, dass es den Charakter eines Zwischenschritts hat.

 

Die Hypothek wiegt verdammt schwer. Aydo Abay, unverkennbar in Stimme und Bühnen-Habitus ist nicht mehr da. Im Nachhinein gesteht man sich in Koblenz vielleicht ein, dass die Trennung auch viel früher hätte erfolgen können, doch war etwa gerade das zwischenmenschliche Spannungsfeld ein guter Nährboden für die vielen tollen Blackmail Songs der letzten Jahre?
Fakt nämlich ist: Fast alle Blackmail Alben waren musikalische Großtaten und markierten Schritt für Schritt den Sonderweg des Quartetts als deutsche Ausnahmeband. Keiner klingt wie sie, was vor allem auf die Symbiose aus dem Ebelhäuserschen Gitarrenspiel und Abays androgyner Stimme zurückzuführen war. Der Weggang Abays hat daher auch viele Zweifel lassen, ob es überhaupt weitergehen kann.

Ebelhäusers Songwriting ist der Band glücklicherweise erhalten geblieben, sodass Blackmails neuer Silberling mit typischen Sound und typischer Ideendichte aufwartet. Ganz neu ist: Die Stimme von Neu-Mitglied Mathias Reetz, Ex-Sänger der Band vs. Rome. Und auch wenn Mathias Reetz stimmlich in die gleiche Kerbe schlägt wie Aydo Abay, so bringt sein Engagement doch eine neue Frische. Sein Stil wirkt variabler, aber weniger experimentell, seine Stimme weniger bissig als die Abays, doch dafür deutet sich aber aber an, dass dieser Reetz in den richtigen Moment ein Feeling an den Tag legt, wie es für eine Ausnahmeband würdig ist. Und wenn dabei noch Pop-Perlen, wie die erste Single Deborah oder Some Daze dabei herumkommen, scheint klar zu sein: Die bleiben auf Kurs.

Dennoch ist Anima Now! vielleicht eines der schwächeren Blackmail Alben. Das mag daran liegen, dass die neue Konstellation das Mögliche auslotet und eifrig herumexperimentiert hat. Zum einen sind die 13 Songs Freigeister im beste Sinne des Wortes. Zum anderen überraschen Blackmail 2011 mit einer regelrecht positiven Gesamtstimmung. Nicht das Blackmail jemals für die finstere Seite des Rock and Roll gekämpft hätten, aber alte Songperlen wie Moonpigs oder It could be yours hatten stets scharfe Kanten und einen molligen Einschlag.
Aber die neue Stimmung steht Blackmail ausgesprochen gut. Klingt so etwa der Befreiungsschlag einer deutschen
Indierock-Institution? Beim Opener Resonant Wave reiht sich Idee an Idee, als sprudle es nur gerade so aus ihnen heraus und gleich der zweite Song, die bereits erwähnte Single Deborah, ist so glasklar im Pop zu verorten, wie selten zuvor bei Blackmail. Hinzukommen kommen Raritäten wie das sakral-rockende Z.

Anima Now! erscheint übrigens auf dem selbstgegründeten Label 45 Records. Ein weiter Beleg für die neue Energie und das neue Selbstbewusstsein. Das lässt hoffen. Vor allem auf die Zukunft. Wenn es Mathias Reetz gelingt sich in Koblenz einzuleben, kann da wieder großes heranwachsen. Mit Anima Now! jedoch können Blackmail Aydo Abay noch nicht vollends vergessen machen. Sie werden ihre Hörer dennoch versöhnlich stimmen. So endet Anima Now! auch mit einem ‚wohlfühl‘ Song zum anschmiegen und nicht mehr vergessen. Einen so harmonisch-stimmungsvollen Song wie Radiant Carrot gab es schon lange nicht mehr aus Deutschlands heimlicher Hauptstadt des Indierocks.

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