Das Docks scheint an diesem Abend der definitive Place To Be in der Hansestadt zu sein, es ist voll, brechend voll. Knisternde Anspannung. Wie werden Bloc Party die teilweise verqueren, elektronischen Songs des neuen Albums „Intimacy“ auf der Bühne umsetzen? Punkt 20 Uhr lüftet sich das Geheimnis.
Zuerst dürfen jedoch Delphic aus Manchester ihr Können vor versammelter Mannschaft unter Beweis stellen. Ziemlich zähflüssig trieft ein flächiger Soundteppich aus den Boxen, die Songs scheinen sich kaum zu verändern. Das soll wohl radioheadesque sein, in diesem Rahmen wirkt es aber doch ziemlich langweilig. Gut so, denn mindestens ein Drittel des Publikums hat zu diesem Zeitpunkt noch mit Abgabe der Garderobe zu kämpfen, gerade ein Mitarbeiter bedient über 1000 Besucher. Man müsste eigentlich meinen, die Veranstalter müssten mit jedem kalten Winter in dieser Hinsicht dazulernen, tatsächlich ist eher das Gegenteil der Fall.
So verpassen viele den Anfang des Konzertes. Punkt 20 Uhr betreten Bloc Party unter bedrohlichen Klängen die Bühne, Sänger Kele Okereke schon rein optisch überzeugend im Asi-Traininganzug-Outfit wünscht noch einen guten Abend und schon ertönen die ersten Takte der aktuellen Single One Month Off.
Die Band braucht etwas um sich warm zu spielen, in Form zu kommen. Beim vierten Song Positive Tension passiert es. So treibend, so rhythmisch, beim finalen Solo-Breakdown gibt es kein Halten mehr und alle verstehen: Bloc Party sind im Hier und Jetzt angekommen, es kann endgültig losgehen. Dementsprechend entspannt und gewitzt gibt sich Okereke und zelebriert freigiebig seinen Jägermeister-Genuss. Danach folgt das wunderschöne Signs, das wie die meisten ruhigeren Songs von einer atmosphärischen Lightshow profitiert.
Ein weiteres Highlight im Schaffen der Band ist zweifellos Song For Clay (Disappear Here), ein wahres Ungetüm von einem Song und live noch viel besser als auf Platte: der alptraumhaft-verstörende Anfangsgesang, Gitarren-Geschredder, der Refrain. In Banquet schlägt dann die große Stunde von Drummer Matt Tong, mit einer beängstigenden Härte knüppelt er ununterbrochen auf sein Drumset ein. Er ist es, der die Band mit seinen atemberaubenden Drumbeats zusammenhält. Es wäre wohl gar nicht so übertrieben zu behaupten, Bloc Party hätten die Stellung des Schlagzeugs im modernen Indie neu definiert.
Danach ist Zeit für Überraschungen. Die frühe B-Seite Little Thoughts und das herzzerreissend wahre This Modern Love sorgen für begeisterte Reaktionen, ein Blick unter den Umstehenden verrät, viele hier genießen einfach nur still, man muss ja nicht immer tanzen oder mit dem Kopf nicken. Like Eating Glass beschließt dann nach gut einer Stunde das reguläre Set.
Doch Bloc Party lassen sich nicht lumpen und geben zwei Zugaben, sodass dann erst nach gut anderthalb Stunden die Lichter wieder angehen. Alle Hits wurden gespielt, inklusive The Pioneers, laut Okereke zum ersten Mal live seit mehr als einem Jahr. So geht dann auch jeder mit dem wohligen Gefühl, etwas irgendwie einzigartiges erlebt zu haben zurück ins heimische Stübchen (oder wahlweise auch auf den Kiez, es ist schließlich Samstagabend). Selbst die Band treffen wir später noch an der berühmt-berüchtigten Esso-Tankstelle auf der Reeperbahn beim Bierkauf, nur Okereke legt noch schnell ein DJ-Set in der Prinzenbar hin. Alles angenehm persönlich also, zumindest das wird an diesem Abend zweifellos deutlich: Bloc Party sind auf dem Teppich geblieben und sehen in sich selbst auch nicht mehr als passionierte Musikliebhaber. Gut so!
Setlist:
One Month Off
Trojan Horse
Hunting forWitches
Positive Tension
Signs
Waiting for the 7.18
Song for Clay (Disappear Here)
Banquet
Better Than Heaven
Little Thoughts
Mercury
This Modern Love
Like Eating Glass
Halo
The Prayer
Flux
Helicopter
Ares
The Pioneers
Weitere Bilder vom Konzert findet ihr in der Galerie hier.
Sehr schön geschrieben!
Ich wünschte ich wäre da gewesen!