Startseite » Bright Eyes & Nik Freitas | 21.06.2011 | E-Werk, Köln

Bright Eyes & Nik Freitas | 21.06.2011 | E-Werk, Köln

Ihr aktuelles Album The People‘s Key soll eigentlich ihr letztes sein und doch lassen Bright Eyes bisher noch nichts offizielles verlauten, das darauf schließen lässt, dass in dieses Kapitel wirklich bald die letzten Zeilen geschrieben wurde. So wird auch das Konzert im Kölner E-Werk zu einem ungeduldigen Wartespiel auf das womöglich baldige Ende, bei dem sich schlussendlich die Zeichen jedoch verdichten.

Als Bright Eyes am 27. März 2007 das letzte Mal in Köln spielten, nannte ich Conor Oberst in einem Nachbericht noch den „Bob Dylan unserer Praktikumsgeneration„. Vier Jahre sind seitdem vergangen und man ist, wie auch Bright Eyes, selber älter geworden und dennoch ist der Vergleich zu Dylan vielleicht gerade für das Spätwerk der Band nicht so unangebracht wie es im Rückblick scheint. So steht man nach dieser längeren Zeit im E-Werk der Domstadt und ist gespannt auf einen Auftritt, der natürlich mit „Firewall“ und dem Monolog des New-Age-Schamanen Denny Brewer über die Entstehung der Welt beginnt, wie man es auch bereits vom aktuellen Album gewohnt ist. Gerade auf der etwas größeren Bühne fällt zu Beginn auf, wie sich der Rest der sechsköpfigen Band unterordnet und deutlich macht, dass alle Stränge von Bright Eyes bei Herrn Oberst zusammenlaufen. Zudem scheint er gut gelaunt zu sein und verfängt sich in den anschließenden „Haile Selassie“ und „Take It Easy“ sogar vereinzelt in Rockstar-Gesten, die man bisher nicht von ihm gewohnt war. Geradezu schüchtern und verblasst erscheint in diesen Momenten das Bild, das Bright Eyes vor vier Jahren in Köln hinterlassen haben. Hier wird alles abgerufen, für das man diese Band so zu schätzen weiß, sodass dann sogar ein altes Stück wie „Falling Out Of Love At This Volume“ zu wahrer im Kollektiv gespielten Größe emporgehoben wird.

Leider ist es dennoch ein gemischter Abend, der gerade in der zweiten Hälfte mehr und mehr an Attraktivität verliert. Beinahe scheint es so, als hätte Conor Oberst selber realisiert, dass die Songs von den früheren Alben seines Œuvre zu viel von ihm preisgeben. Eine Lektion, die er in den letzten Jahren gelernt und erst auf Cassadaga oder The People’s Key entgegen gewirkt hat. Kryptische Chiffrierungen als lebensrettende Maßnahme, wenn man sich selber nicht erneut verlieren will. So wird dann der Dialog mit dem Publikum durch Ansagen weitestgehend komplett verworfen und immer mehr Songs ohne Pausen aneinander gereiht, was dem ganzen natürlich eine gewisse Dynamik verleiht, aber unnötig hektisch wirkt.

Natürlich ist die Dramatik und Theatralik eines „Landlocked Blues“ innerhalb dieser Hälfte weiterhin ein unbestrittener Höhepunkt dieses Bright Eyes-Konzerts, doch indem er das Publikum mit solchen Einsichten in sein Leben automatisch an sich heranlässt, scheint er es im direkten Übergang an weitere Lieder wie „Hot Knives“ oder „An Attempt to Tip the Scales“ wieder wegstoßen zu wollen. Eine Distanz, die man von der Person Oberst zwar in den letzten Jahren gewohnt ist, aber nun auch bei einem Konzert deutlich macht, wie abgeschlossen das Kapitel Bright Eyes für ihn bereits zu sein scheint, denn mit Passion hat dieser Auftritt dann nur noch wenig zu tun.

Im Zugabenteil wird sich dann noch durch „Gold Mine Gutted“ und „Lover I Don’t Have To Love“ geprügelt, bis mit „Road To Joy“ der letzte Satz des Abends in den Saal geschrieen werden darf: „ I could have been a famous singer / If I had someone else's voice / But failure's always sounded better / Let's fuck it up, boys, make some noise! “ Und genau dadurch wird das Problem Conor Oberst deutlich, der den heutigen Status mit samt seiner Popularität irgendwie nie wirklich erreichen wollte und sich zwar auf seinen Alben gekonnt davon distanzieren kann, bei Konzerten aber schlussendlich wieder damit konfrontiert wird, sodass ihm manchmal nur die Flucht nach vorne bleibt und dem Publikum zwar die gewünschten Songs hingeworfen werden, die Liebe zur Musik aber dadurch auf gewisse Weise verloren geht; gerade wenn er keine Lust mehr hat, Intimität zuzulassen und „One For You One For Me“ als letztes Stück des Abends komplett verworfen wird, obwohl es auf der geplanten Setlist zu finden ist. Vielleicht ebenso bezeichnend ist, dass Mike Moogies von diesem Konzert als „The weirdest gig on this tour“ sprach. Im Rückblick gesehen wohl eher im negativen Sinne gemeint.

Da muss man dann auch, als nach gut zwei Stunden im E-Werk die Hallenbeleuchtung eingeschaltet wird, anfangen zu realisieren, dass es Sinn machen würde, wenn Bright Eyes nach dieser Tour den Schlussstrich ziehen würden. Es ist zwar ein Gefühl, als würde man einen guten Freund verabschieden, den man für sehr lange Zeit nicht mehr sehen wird, doch wenigstens bleiben die Erinnerungen an Zeiten, in denen ein Album wie Lifted or The Story Is In The Soil mehr war als nur Musik. „ Let's fuck it up, boys, make some noise!

Zur Fotogalerie des Abends >>

Setlist des Abends:
Firewall
Haile Selassie
Take It Easy (Love Nothing)
Jejune Stars
Four Winds
Cleanse Song
Something Vague
Shell Games
Approximate Sunlight
Falling Out of Love at This Volume
Cartoon Blues
Beginner’s Mind
Landlocked Blues
Hot Knives
An Attempt to Tip the Scales
Padraic My Prince
Poison Oak
The Calendar Hung Itself…
Ladder Song
————————
Gold Mine Gutted
Lover I Don’t Have to Love
Road to Joy

Wir freuen uns über deinen Kommentar: