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Bright Eyes – The People’s Key

Bright Eyes - The People's KeyEs könnte das Ende sein. Der letzte Auftritt bevor der Vorhang ein letztes Mal fällt und die ganze Show vorbei ist. Das letzte Kapitel und eine Reihe weiterer Abschluss-Metaphern. Eigentlich sollte man sich weinend in den Armen liegen, wenn Bright Eyes ihr vielleicht letztes Album veröffentlichen, doch hier zählt Ehrlichkeit: Besser als mit The People’s Key kann man kein Ende beschreiben und es gleichzeitig so kongenial in das eigene Konzept einweben. Ein Kunstgriff, mal wieder und vielleicht auch der letzte.

"Und ich erinnerte mich: Wenn man stirbt - kurz bevor der Faden reißt -, leiten die Nerven Millionen von Impulsen weiter, und vielleicht ist diese Impulsexplosion das Fegefeuer, die kleine Hölle vor dem Eintritt in das große Paradies."
Feridun Zaimoglu: Liebesbrand.

Es könnte wirklich das Ende sein. So ließ es Conor Oberst jedenfalls vor der Veröffentlichung des neuen Albums verlauten: „It does feel like it needs to stop at some point. I’d like to clean it up, lock the door, say goodbye.” Ein nachvollziehbarer Schritt nach mehr als zwölf Jahren Bandgeschichte und so soll auch die vielleicht letzte Platte einen Schritt zurück von dem beinahe schon überproduzierten Cassadaga beschreiben: „We’re over the Americana, rootsy, whatever that sound is. […] So we very much wanted it to be rocking and, for lack of a better term, contemporary, or modern.“ Ist es dann nun wirklich? Das letzte Kapitel der Ära Bright Eyes?

Wenn der New-Age-Schamane Denny Brewer aus El Paso in einem Monolog über die Entstehung der Welt The People’s Key eröffnet, fühlt man sich ein wenig an Cassadaga erinnert. Auch hier markierte ein Monolog den Beginn, doch wo vor ein paar Jahren ein Telefongespräch mit dem Cassadaga Sprirtualist Camp die Suche nach den eigenen Dämonen beschrieb, ist es nun eine andere Sicht auf diese Welt und ihre Entstehung, die im Mittelpunkt stehen. „problems of the future can be solved by mankind because you create them. and you have to believe in the future, it’s what we have to do.“ – Reduziert auf das Minimum, nur mit Gitarre und Conor Obersts Stimme erhebt sich der Opener „Firewall“ langsam aus der Asche und zeigt, wieso es sich gelohnt hat, einige Jahre auf dieses Album zu warten. Vergessen sind die vergeblichen Versuche, mit der Mystic Valley Band oder der „Supergroup“ Monsters of Folk auf einen Nenner zu kommen. Wenn Conor Obersts Künste als Songwriter auf die musikalischen Fähigkeiten seiner beiden Gefährten Mike Mogis und Nathaniel Walcott trifft, darf das Fegefeuer ruhig kommen, man ist vorbereitet: „bust through the firewall into heaven / and then I’m standing in that blinding light / crooked crosses falling from the sky

Wo man sich früher kaum in der Lage sah, Oberst Texte von seiner Person zu trennen, fällt es heutzutage leicht, ihn eher als den Geschichtenerzähler zu sehen, der jederzeit in der Lage wäre, zu jedem Thema ein entsprechendes Konzeptalbum zu schreiben. Man muss nur die richtigen Codes finden, um sich den Kosmos von Conor Oberst zu erschließen. Vorbei die Zeiten, in denen Liebe und Leid diesen bevölkerten, in The People’s Key wird ein anderer Schlüssel gesucht: Die Suche nach dem Ort, der nach dem Ende kommt. Religion, Wissenschaft, Aberglaube – Verschiedene Stationen, die man auf dem Weg zur Erlösung beschreiten kann und die hier präsentiert werden. Sogar der Rastafarismus mit seinen Ideen und Zielen, die herrschenden Mächte mittels Musik und Seele zu bekämpfen, hält Einzug in The People’s Key und dies speziell im Song „Haile Selassie“ über den gleichnamigen Messias der Rastafari-Bewegung.

Skeptiker dürfen natürlich kritisieren, dass Oberst auf diesem Album wenig Nähe zulässt und sich in die Erlösung rettet, um genügend Distanz zu den alten Tagen zu erhalten. Zu Recht vielleicht, aber dann erreicht man mit dem vorletzten „Ladder Song“ doch den Punkt, an dem man sich Conor Oberst näher fühlt, als er es in den letzten Jahren jemals zugelassen hat. Ein letztes Mal tröstende Worte, die uns Herr Oberst auf dem Klavier entgegensingt. „will i know when it’s finally done? this whole life is a hallucination / you’re not alone in anything / you’re not alone in trying to be“ Der letzte Funken Hoffnung, der dann im letzten Song „One For You, One For Me“ vollends erlischt – die Quintessenz des Ganzen, die Absage an den Messianismus der eigenen Person. „you and me / that is an awful lie / it’s i and i

The People’s Key ist eines der durchdachtesten Alben, die Bright Eyes jemals veröffentlicht haben und wieso sollte man an diesem Punkt nicht aufhören? Es könnte nicht nur das Ende sein, es ist das Ende. Der letzte Weg zur Erlösung. Was nun dahinter auf einen wartet, darf sich jeder selbst auf dieser Platte erschließen. Conor Oberst scheint es jedenfalls nicht mehr zu sein, der den Messias spielen will, was nach dieser langen Zeit verständlich erscheint. Vorgewarnt ist man nun und kann optimistisch in die Zukunft blicken, denn besser kann ein Ende nicht sein.

foto: chuffmedia


VÖ: „The Peoples Key“ erschien am 11.02.2011 bei Saddle Creek

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