Startseite » Chikinki | 28.04.11| Indra, Hamburg

Chikinki | 28.04.11| Indra, Hamburg

Das Indra in der Großen Freiheit, nahe der Reeperbahn, wirbt mit dem markigen Slogan „Where The Beatles played first“. Mit diesem Werbe-Pomp soll offensichtlich für Qualität in punkto Musikveranstaltungen gebürgt werden. Eine Garantie, der leider am gestrigen Abend nicht entsprochen wird und das liegt keinesfalls an den wunderbaren Chikinki, denn die Brit-Poper vermögen es während ihres Gastspiels trotzt Standbeleuchtung auf der Bühne und knackender PA, Glanz in die sonst eher karge Hütte zu bringen.

Und auch die Vorband The Charcoal Sunset bemüht sich redlich. Das berliner Quartett präsentiert einen verwirrenden Genre-Mix aus Rockabilly, Blues, Folk und Singer/Songwriter. Sänger Juri Member lässt durch seinen Gestus den „Man in black“ wieder auferstehen und scheint seine Akustik-Gitarre zwischen Kinn und Brust einklemmen zu wollen. Optisch erinnert der Lockenkopf eher an Robert Levon-Been von Black Rebel Motorcycle Club. Stimmlich verschmelzen Mick Jagger und Brian Molko zu einem gleichermaßen nöligen und dennoch melodischem Konglomerat. Die Lieder stampfen allesamt kraftvoll durch das Mississippi-Delta. Rhythmik und Arrangement überzeugen. Ebenso wie die sympathische Bühnenpräsenz der Musiker, die nicht überheblich und dennoch ein wenig entrückt wirken. Einziges Manko: Trotzt der Wertschätzung des musikalischen Könnens aller Bandmitglieder, wird eine gewisse Monotonie des Reportoires deutlich. Das Publikum hornoriert den 35-minütigen Auftritt der berliner mit höflichem Beifall, der während des gesamten Abends nie frenetische Dimensionen erreicht. Und das, obwohl die allseits geschätzten Trendsetter von Chikinki wieder einmal zu Gast sind.

Sicherlich bedarf es einer Definition des Begriffs „Trendsetter“, denn an der Spitze einer Bewegung stand das zauselige Quintett von der Insel nie so wirklich. Und dennoch, die Briten haben seit ihrer Gründung vor 15 Jahren die Independent-Musik von der Insel entscheident mitgeprägt. Zeit ihrer Karriere hat das Kollektiv geschmeidig auf Konventionen gepfiffen, was ihnen vielleicht größere Popularität verbaute. Somit ist der Club nahe der sündigen Meile zwar gut, aber nicht zum Bersten gefüllt- cirka 200 Konzertbesucher dürften es sein, die sich an diesem Freitagabend für Chikinki entschieden haben. Diese Anzahl an Menschen reicht aus, um das Indra in eine Großraumsauna zu verwandeln: Die Luft steht bereits, als Sänger Rupert Browne sein Auditorium mit Fistelstimme begrüßt:“Hallo, wir sind Chikinki…I’m sorry, we won’t play any Beatles-songs.“ Wer braucht schon The Beatles, wenn mit dem britischen Kollektiv eine exzellente Live-Band gerade vor einem steht?

Die fünf Musiker beginnen mit Songs des jüngst erschienenen Tonträgers „Bitten“. „Bitte, Bitte“ als Paradebeispiel für den Synth-Dance-Pop des Quintetts, „Harrys Last Hurrah“ als epischer Nachschlag. Browne präsentiert sich als impulsiver Tänzer, während Keyboarder Boris Exton wie immer einen epileptischen Anfall zu erleiden scheint, vor dem nicht einmal seinen Arbeitsgeräte sicher sind. Steve Bond drischt mit einem breiten Permanent-Grinsen auf sein Schlagzeug ein, wohingegen Gitarrist Ed East keine Mine verzieht. Genau wie Trevor Wensely, der zwischenzeitlich auf Browne als lebendigen Keyboardständer zurück greifen darf. Spirenzien, die der musikalischen Darbietung keinen Abbruch tun. Chikinki blasen raus, was sie an Hits haben: „Eather Radio“ vom Debüt „Lick Your Ticket“ oder „Something more“ vom Zweitwerk „Brace,Brace“. Großartige Songs, rhythmisch einwandfrei vorgetragen und somit äußerst tanzbar.

Der Funke will indes nicht so richtig auf das Publikum überspringen. Kopfnicken und Fußwippen allenthalben, aber von ausgelassener Stimmung keine Spur. Vielmehr wirkt es, als sei man anwesend um entspannt einer Band zu lauschen, deren Musik rein gar nichts mit Entspannung zu tun hat. Vielleicht liegt die fehlende Teilhabe des Auditoriums auch darin begründet, dass die Veranstalter das Kollektiv satte 105 Minuten unter Standlicht spielen lassen. Mehr als unverständlich! Atmosphärisch fatal! Zu dem ist die hauseigene PA den Synthesizern der Band offensichtlich nicht gewachsen. Und so knackt und rauscht es gehörig, wenn die Synthesizer in bassigere Sphären abdriften.

Die Band lässt indes vermag (wieder einmal) auf ganzer Linie zu überzeugen. Chikinki haben Lust zu spielen und gewähren zwei Zugaben-Sets, bis dann ein musikalisch höchst anspruchsvoller Auftritt endet. Rupert bedankt sich artig beim Publikum: Bis zum nächsten Mal.

 

Wir freuen uns über deinen Kommentar: