Es bot sich geradezu an, dass wir am Abend des Konzerts von Das Bierbeben im Hamburger Uebel&Gefährlich die Dirty Dishes zum Interview trafen, die aus Teilen der Band bestehen. Um präzise zu sein: Wir trafen uns mit Jan Müller, Rasmus Engler und Alexander Tsitsigias, der das neue Album produzierte. Ein Gespräch über Musik, Cola, Schwächeanfälle und Wolf Biermann.
Euer neues Album heißt „Mit Uns Nicht“ – Gegen was wehrt ihr euch?
Jan: Zunächst gab es bei unserem Album ja diesen Daumen, der sich nach oben gesenkt hat.
Rasmus: Nach oben gesenkt?
Jan: …Der nach oben zeigte! Und das wollten wir beim zweiten Album jetzt umdrehen, also stand zuerst das Cover für die Platte. Den wollten wir halt nach unten senken und brauchten einen passenden Slogan dazu.
Rasmus: Es erinnert ja auch an sozialdemokratische Wahlplakate der 60er Jahre. Und das ist es auch, was wir versucht haben, ästhetisch umzusetzen.
Jan: Zu dem Cover kann ich folgende Geschichte erzählen: Ich fuhr in den Urlaub, nach Jahren mal wieder alleine, nach Gran Canaria. Ich weiß nicht mehr genau, wann mein Flug ging, ich musste jedenfalls um 8 Uhr morgens raus, was für meine Verhältnisse eher früh ist. Und ich kam aber nicht umhin, vorher noch diese Grafik zu produzieren. Ja. Wollt ich mich nochmal kurz selbst lobhudeln!
Wolf Biermann findet eure Platte ja gut, wie wir alle gesehen haben.
Rasmus: Ja!
Jan: Der steht offensichtlich drauf, was uns natürlich auch sehr freut.
Rasmus: Das Bild ist von 1976… Sehr avancierter Mann auf jeden Fall.
Wieso habt ihr euch dazu entschlossen, nach zwei Vinyl-Veröffentlichungen nun eine CD herauszubringen?
Jan: Zeitgemäß! Wir schwimmen auf dem Trend.
Rasmus: Ja, wir haben nun die Zeichen der Zeit erkannt. 2009 kann man auch mal ne CD machen.
Wer ist Antonius Düvel und inwiefern hat er euch für die Booklet-Falttechnik inspiriert?
Jan: Der ist punkender Landwirt, oder wie sollte man ihn nennen.
Rasmus: Er ist ja eigentlich unter dem Namen Ente bekannt.
Jan: Also, er war Sänger der Band Ackerbau und Viehzucht.
Rasmus: Ist immer noch! Ich bin letztens zum 25. Bandjubiläum auch bei ihm in der Scheune gewesen.
Jan: Und mit dem stand ich früher in den 80er Jahren in Briefkontakt. Zu der Zeit habe ich nämlich mit Arne Zank zusammen einen Tapesampler veröffentlicht. Und ich glaube Ackerbau und Viehzucht befanden sich auch auf einem unserer Tapesampler, die wir immer selbst zusammengestellt haben. Und damals schrieb man ja halt noch keine E-Mails und schickte die Stücke per MP3, sondern schickte sich echte Kassetten. Und er hat seine Briefe immer nach ähnlichen Systemen gefaltet, wie unser Booklet zusammengefaltet ist. So entstand dieser Begriff „Antonius Düvel Patentfaltung“.
Wie teilt sich die Arbeit bei Dirty Dishes auf, schreibt einer die Musik und der andere die Texte?
Rasmus: Unser Job ist es, gemeinsam den Produzenten in den Wahnsinn zu treiben.
Jan: Wir haben ja zusammen mit Alexander Tsitsigias, der jetzt auch beim Bierbeben spielt, die Platte aufgenommen. Und da entsteht dann immer alles eher spontan. Obwohl wir die Texte doch meistens zusammen schreiben, zum teil mailen wir uns das auch vorher schon zu. Und die Musik entsteht dann auch im Verlauf des Produzierens. man kann sich ja schon vorstellen, dass wir an so Stücken wie „Die Riesenparty“ bestimmt ne ganze Weile dransaßen!
Ihr habt ja „Den Perfekten Popsong“ geschrieben. Was soll jetzt noch kommen?
Jan: Der perfekte Popsong ist ja weit entfernt vom perfekten Popsong, denn er stellt das Prinzip des perfekten Popsongs in Frage!
Rasmus: Denn derjenige, der den perfekten Popsong zu schreiben versucht, scheitert daran und wird sozusagen noch extra gedisst.
Jan: Er wird ja als „Doofi“ bezeichnet!
Rasmus: Und als „Hirni“!
[Alexander ist inzwischen zur Interviewrunde gestoßen.]
Was trinkt ihr bevorzugt bei den Produktionarbeiten?
Alex: Kaffee, ganz viel Kaffee. Und Mineralwasser und Brause.
Rasmus: Wir hatten echt kein Bier da.
Also ein ganz nüchterner Prozess?
Rasmus: Ja ja.
Alex: Das war ja auch meistens morgens.
Jan: Stimmt, wir haben uns einmal um 10 Uhr getroffen!
Alex: Ja, einmal direkt nach meiner Zahn-OP, das war dann auch bedeutender Bestandteil des Produktionsprozesses. Es war nämlich meine Aufgabe, während der Arbeiten einen Schwächeanfall zu erleiden.
Jan: Das Foto im CD-Booklet ist übrigens während des Schwächeanfalls entstanden.
Alex: Mein Schwächeanfall kam ungefähr genau dann, als wir den Song „Heute macht der Plattenladen auf“ aufgenommen haben. Da bin ich zu Boden gegangen.
Rasmus: Mit Recht!
Was darf man demnächst von der „Künstelrgruppe im Namen des Volkes“ erwarten?
Rasmus: Installationen!
Jan: Ja, wir arbeiten an einer neuen Ausstellung.
…Die dann wieder mutwillig zerstört wird, wie auf dem Dockville?
Jan: Ich hoffe nicht!
Rasmus: Ja, da hatten wir diese Litfaßsäule… Wurde die mal rekonstruiert?
Jan: Ja, da war ich Jahre mit beschäftigt!
Eine schöne Frage zum Thema Frühling: Was ist eure Lieblingseissorte?
Rasmus: Schlumpfeis!
Jan: Ich ess gern Grünofant. Der ist schwer zu bekommen mittlerweile.
Rasmus: Abgelaufen 1978.
Alex: Ich mag gern Schwarze Kirsch bei Eis-Meier.
Jan: Heftige Ansage!
Da kommen bald alle an. Noch was Wichtiges: Kaffee oder Tee?
Jan: Auf jeden Fall Kaffee! Türkentrank, den liebe ich. Ich bin ja auch kein Kind mehr.
Und eine letzte Frage: Habt ihr das Cola inzwischen gefunden?
Rasmus: Geht es um ein explizites Cola? Es geht ja um das Cola für Enver Hoxha.
Jan: Und wir selber haben es ja nie so gesucht. Es kommt ja auch auf die Perspektive an, denn in der Warenwelt ist es ja ständig verfügbar.
Rasmus: Im Sinne von Marx. Karl.
Jan: Engels. Friedrichs. Horkheimer. Adorno. Foucault.
Rasmus: Foucault. Helmut Kohl. Da muss man mal drüber nachdenken.
Die Rezension zu „Mit Uns Nicht!“ gibt es hier.
Und Live-Fotos mitunter hier.
chrissy, für effektive- aktive! bierwerbung darf deine hand nich immer das etikett der bierflasche verdecken =D
sonst nen dolles ding :)