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Editors – In This Light And On This Evening

editorsitlaoteSie hätten es so einfach haben können. Nach dem Über-Erfolg des Zweitwerks An End Has A Start fehlten nur noch wenige Schritte in die Coldplay’sche Richtung, um die Stadien der Welt zu füllen. Die Editors hingegen stellten Authentizität vor Massenkompatibilität und veröffentlichen nun mit In This Light And On This Evening ein Album, das sich gegen alle Erwartungen stellt und die Band dabei zweifelsfrei zu ihrem bisherigen Zenit führt.
Sie hatten es angekündigt. In Blogs, in Foren, auf der Website. Das dritte Album sollte „anders“ werden. Elektronischer. Genaue Vorstellungen erzeugten diese Aussagen nicht, aber zumindest beruhigten sie all jene, die nach An End Has A Start Angst bekamen, die Briten würden sich von all den einzigartigen Elementen verabschieden, die der Band mit ihrem Debutalbum The Back Room einst zu ihrem Erfolg verhalf. Denn, seien wir ehrlich, auf ganzer Linie überzeugen konnte das zweite Album nicht. Zwar hatte es seine Glanzstücke, doch fehlte an vielen Stellen der Tiefgang, die Kreativität.

In This Light And On This Evening ist tatsächlich „anders“. Die neun Stücke des Albums haben sich nahezu gänzlich von allem Vergangenen verabschiedet. Chris Urbanowicz, der zuvor für die Ohrwurm erzeugenden Gitarrenriffs zuständig war, hat sich für das neue Werk den Tasteninstrumenten gewidmet, die eine bedeutende Rolle spielen. Ed Lay, für die Drums verantwortlich, sitzt inzwischen vor einem ganzen Repertoire feiner Spielzeuge. So zeigt sich ein Wechselspiel elektronischer und akustischer Drumkits, immer in Abhängigkeit von der Stimmung eines jeden bestimmten Moments des Albums.
Und auch der Kopf der Band, Tom Smith, hat sich in seiner Arbeitsweise verändert. Geblieben ist natürlich seine einzigartige und markante Stimme, durch die jedes Stück angenehm düster erscheint. Doch sind es vor allem seine Texte, die sich weiterentwickelt haben. So zeigen sich auf In This Light And On This Evening weniger Pop-Romantik und oberflächlicher Pathos als auf dem Vorgänger. Vielmehr sind es Beobachtungen des urbanen Lebens und dessen spezielle Charaktere, deren Geschichten hier erzählt werden. Einer dieser Charaktere ist natürlich der seit fünf Jahren in London lebende Tom Smith selbst, sodass auch autobiographische Züge nicht fehlen.
So sind die folgenden Zeilen aus The Boxer nur ein Beispiel für die lyrischen Bilder, die Tom mit seinen Liedern malt:

A Bruisful Blue Play fights with the stars
This Place is our prison
Its cells are the bars
So take me to town
I wanna dance with the city
Show me something ugly,
Show me something pretty

Insgesamt erweist sich In This Light And On This Evening trotz der klaren Richtung, also der vielen elektronischen Elemente, als ein sehr vielfältiges Album: Der Opener und Namensgeber zeichnet sich durch die wenigen, repetetiv, fast in der Art eines Gebets gesprochenen Lyrics aus und steigert sich musikalisch von ganz ruhig bis explosiv. Die Single Papillon, die als einziges der neun Stücke tatsächliche Dancefloor-Tauglichkeit beweist, verhält sich dementsprechend: Klar strukturiert, schnell und tanzbar. The Boxer hingegen bleibt ruhig, erzählt eine Geschichte zum Zuhören, nicht zum Dazutanzen.

Es ist ein gewöhnungsbedürftiges Album geworden und wird viele enttäuschen, die ihr Urteil nach dem ersten Hören als feststehend beschließen. Verstörend maschinell wirkt es zu Beginn, vor allem durch die musikalischen Veränderungen. Und es dauert seine Zeit, bis zu spüren ist, wie das alles im Zusammenspiel seine humane Wirkung erzeugt, wie es einen Sinn ergibt, wenn Tom Smith sagt, dass sich das gesamte Album in einer von London geprägten Atmosphäre befindet. So urban, so maschinell und modern und gleichzeitig menschlich und greifbar.

Ein Kunstwerk vielmehr als ein Popalbum. Zu lesen wie ein Buch, zu betrachten wie ein Gemälde. Und zu hören. Wie Musik.


VÖ: Am 09.10.2009 auf PIAS.

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