Das Video zu Foals‘ „Spanish Sahara“ schlug bereits im März wie eine Bombe ein. Mathrock-Kids waren verwirrt, die Indie-Welt erfreut. Fast unbeschreiblich, wie sich der anfangs ruhige Song mit der ungewohnt sanften Stimme von Sänger Yannis Philippakis aufbaut, um kurz vor dem Ende dann alles komplett abzubrennen. Es folgte kurze Zeit später mit „This Orient“ der zweite Vorbote auf das lang erwartete zweite Studioalbum der Foals. Jetzt liegt uns „Total Life Forever“ in voller Länge vor und eins ist sehr schnell klar: die Foals gehen im positiven Sinne einen Schritt zurück und machen einiges anders als bei „Antidotes„, ihrem hochgelobten Debüt.
Sie haben es spannend gemacht. Vor dem Release von „Total Life Forever“ wurden bereits zwei Singles mitsamt Video sowie ein kostenloser Remix von „Spanish Sahara“ rausgehauen. Oben drauf präsentieren die Foals auf totallifeforever.co.uk in regelmäßigen Abständen kurze Snippets der Songs. Die Spannung stieg sowohl bei der Presse als auch den Fans ins unermessliche. So schaffte es die Band aus Oxford, dass „Total Life Forever“ wohl eins der meist erwarteten Alben 2010 ist. Nachdem „Antidotes“ so durch die Decke ging, sind die Erwartungen an den Zweitling immens hoch. Es wird etwas ganz Großes erwartet.
Für die Aufnahmen haben sich die Foals mit ihrem Producer Luke Smith (Ex-Clor-Mitglied) zurückgezogen. Das Stenska Gramaphone Studio im schwedischen Göteborg wurde für eine lange Zeit das neue Zuhause. Mit einer ganz klaren Vorstellung, wie das neue Album klingen soll, sind sie ins Studio gegangen und haben 11 Songs eingespielt, die von der ersten bis zur letzten Minute anders, strukturierter und deutlich größer klingen, als alles was sie vorher gemacht haben. Wer hätte das gedacht? Die Foals bauen die komplexen Songs vom Debütalbum nicht weiter aus, sondern gehen einen komplett anderen Weg. Kaum etwas erinnert hier noch an „Antidotes„. Nur die Gitarren werden nach wie vor direkt unter die Achseln geklemmt, allerdings sind die Töne jetzt weniger frikelig, weniger Mathrock, aber durch die Bank weg unglaublich beeindruckend und überzeugend. Das Hauptmaugenmerk liegt bei „Total Life Forever“ nicht mehr auf der Komplexität der einzelnen Songs, sondern eher auf der emotionalen Entwicklung des Gesamtwerks. Am Ende befindet man sich in einem Rausch, von dem man sich wünscht, dass er nie wieder aufhört.
Songs wie „Blue Blood„, „Black Gold“ oder auch „Alabaster“ klingen leichter und unangestrengter. Die Instrumente harmonieren perfekt mit der gelösten Stimme von Yannis. Er schreit sich auf „Total Life Forever“ nicht mehr die Seele aus dem Leib, sondern bildet mit seinem Gesang ein fantastisch emotionales Zusammenspiel zwischen Text und den magischen Soundgeflechten. Kein rumgenuschel mehr, Yannis hat sich geöffnet und versteckt seine Stimme nicht mehr hinter komplexen Sturkturen der Songs. Auf „Total Life Forever“ befinden sich mit sichehreit die ruhigsten Songs, die Yannis je geschrieben hat. Allerdings hat jeder Song irgendwann eine explosiven Moment. Mit jedem Song wächst das Album etwas mehr. Allerspätestens wenn man „This Orient“ hört, sollte klar sein, dass die Foals auf „Total Life Forever “ vieles anders machen. Eröffnet wird der Track mit einem Trommelwirbel gefolgt von Synthies und mehrstimmigen Gesang. Beim Refrain fühlt man sich durch die Leichtigkeit der Soundflächen im Hintergrund als würde man mit den Tönen fliegen.
Danach folgt mit „Fugue“ ein kurzer, ruhiger Ausflug in die Piano-Welt. „After Glow“ ist neben „Spanish Sahara“ wohl der emotionaler Höhepunkt. Man rechnet mit allem, aber nicht damit. Minimalischer Elektro-Sound trifft verzerrte Bass-Ausbrüche und eine wunderschöne, ruhige Gitarrenmelodie. Nach 3 Minuten fliegt der Track nicht nur durch die mit Spannung geladene Stimme von Yannis in die Luft. Es passiert plötzlich so viel gleichzeitig und nach dem unerwarteten Tempowechsel ist man dann in einer komplett anderen Welt angekommen. Es bleibt nichts anderes übrig, als diesen musikalischen Rausch mitzugehen.
„Total Life Forever“ – das schwere zweite Album. Die Foals haben alles richtig gemacht. Sie sind den hohen Erwartungen nicht nur gerecht geworden, sie haben die Erwartungen übertroffen. Sie haben bewiesen, dass sie mit dem großen Druck, dem sie vor der Veröffentlichung des zweiten Albums ausgesetzt waren, umgehen können. Das hecktische Chaos von „Antidotes“ wurde gegen eine charmante, emotionale Leichtigkeit getauscht. Sie überzeugen auf ihre ganz eigene Art und Weise. Auch wenn die Mathrock-Gemeinde wohl verwirrt, vielleicht sogar etwas enttäuscht sein wird, haben die Foals ein Album gemacht, mit dem sie auf der Insel ähnlich großes erreichen werden wie schon vor zwei Jahren – und das, obwohl die beiden Alben so grundverschieden sind.
Foals – “Total Life Forever” erscheint am 07. Mai via Warner.