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Hallgrímur Helgason – 101 Reykjavik

Island – dieses kleine Land da im Norden mit seinen etwas über 300.000 Einwohnern, dunklen Wintern und unendlichen langen Tagen im Sommer. Wie kennen Björk, Sigur Rós, deren Sänger Jónsi, Emilíana Torrini, Ólafur Arnalds, Seabear und viele andere erfolgreiche Künstler aus Island. Dann gibt es noch das erfolgreiche Handball-Team. Und bereits seit 1996 gibt es die Geschichte von Hlynur: „101 Reykjavik“. Jetzt erschien das Buch neu beim dtv.

Die Geschichte spielt im Postleitzahlengebiet 101 der isländischen Hauptstadt Reykjavik. Hlynur ist ein 28-jähriger junger Mann, der das Leben im Hotel Mama genießt und sich die Zeit mit Pornos, Bars, Fernsehen, Internet und Schlafen. Seine Eltern sind getrennt – der Vater Alkoholiker und die Mutter Lesbe. Hlynur denkt viel an Sex. Jede Frau, die ihm begegnet, bewertet er indem er sie mit einem Preisschild versieht. Am wenigstens würde er für eine Nacht mit der „Kartoffeltante“ bezahlen, nämlich nur 100 Kronen. Pamela Anderson hingegen wäre ihm ganze 4.700.000 Kronen wert und ist somit Spitzenreiterin. Allerdings liegen die Frauen bei denen er tatsächlich landet selten über 25.000 Kronen. Das ist das Schicksal von Hlynur. Und man gönnt es ihm, denn er ist kein sonderlich sympathischer Charakter.

Er ist ein – Entschuldigung – Arschloch, mit dem man sich nur ungern identifizieren möchte. Kaum etwas hat einen emotionalen Wert für ihn, was vielleicht auch der Grund für sein permanentes Single-Dasein ist. Er scheint unfähig eine zwischenmenschliche Beziehung aufzubauen, es sei denn sie ist schnurlos und, denn auch im Internet treibt er sich auf der Suche nach Frauen umher, oder gänzlich unverfänglich. Er ist stets auf der Suche nach einem One-Night-Stand. Und dann kam Lolla! Die lesbische Freundin von Hlynurs Mutter. Mit selbiger schläft er in einer betrunkenen Silvesternacht. Er schwängert die Freundin seiner Mutter. Doch das soll nicht die einzige Schwangerschaft im Leben Hlynurs bleiben. Es wird verworren und kompliziert für den Menschen, der Menschen so verabscheut.

Mit Hlynur hat der Autor Hallgrímur Helgason einen menschenfeindlichen, unsympathischen, kalten und beizeiten langweiligen Charakter geschaffen, der den Leser trotzdem dazu bringt, wissen zu wollen, wie es mit dem stereotypischen Loser weitergeht. Hierbei macht er es dem Leser nicht immer einfach. Hlynurs Gedanken sind manchmal nur schwer zu ertragen. Dennoch hat das Buch einen feinen tragischen Humor, den Helgason sehr schön heraus gearbeitet hat. Man will trotz allem wissen wie es Hlynur ergeht. Das Buch wurde 2000 von Baltasar Kormákur verfilmt, worauf Helgason der internationale Durchbruch gelang. Das Buch ist unter allen Umständen empfehlenswert und wenn man sich wohl in seiner Haut fühlen will, kann es definitiv nicht schaden für eine Weile im Kopf des Antihelden zu helben.


VÖ: „101 Reykjavik“ erschien am 1. Januar 2011 beim dtv.

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