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Im Gespräch mit Adolar

Ich habe auf einem Konzert in der Kieler Schaubude die Band Adolar getroffen. Die Band hat gerade die hälfte ihrer Tour hinter sich und kann auf Fernsehauftritte zurückblicken. Nach kurzem Smalltalk im Backstagebereich, ein paar Zigaretten und Bier, entstand ein kleines Interview über ihr neues Album „Die Kälte der neuen Biederkeit“, über andere Musiker und die Medienlandschaft.

Wie schaut ihr selber auf die Zeit seit dem das Album veröffentlicht ist zurück und auf die Zeit, die ihr in dieses Album investiert habt?

Tom: „Gar nicht. Eigentlich gar nicht! Und ihr?“
Jan: „Ich lebe mehr im Moment.“
Tom: „Genau – Wir leben mehr im Heute. Bis auf die Sache mit Hitler verdrängen wir jegliche Vergangenheit.“
Jan: „Wir sind halt gerade auf Tour und da vergesse ich alles andere.“

Ihr habt auf eurem neuem Album sehr stark den Stil der Musik geändert. Ihr seit ruhiger und melodiöser geworden, gegenüber den Vorgängeralben. Gab es für diesen Schritt auch Kritik an euch, z.B. von Fans?

Jan: „Von den Fans kam auf keinen Fall Kritik, weil von denen haben wir schon lange keine mehr gesehen. Meine Oma findet das Album aber super“
Frank: „Es gab natürlich auch Kritik, aber das war nicht das erste Mal. Beim zweiten Album gab es schon Leute, die gesagt haben, früher wart ihr besser. Und vor dem ersten Album haben wir eine kleine EP gemacht und nach dem ersten Album wurde dann auch schon gesagt eure erste EP war besser. Aber das gibt es halt immer, dafür kommen dann halt jetzt neue Leute dazu, die sagen, finde die Musik geil. Und viele Leute, die immer noch kommen, sagen das Neue ist auch gut. Bei uns ist es aber eh sehr schwierig, weil jedes Album eigenständig ist.“
Tom: „Man findet Heute noch Leute die damals mit der EP nichts anfangen konnten und jetzt sagen, ans erste Album kommt nichts ran“.
(Mischa stößt zum Interview dazu – Frage wird für ihn überholt)
Tom: „Ich finde bei den neuen Liedern, dass es trotzdem auf das erste Album mit rauf gepasst hätte. Ich finde auch, dass das zweite Album eigentlich der größere musikalische Wechsel war.“

Wie kam es eigentlich zu diesen musikalischen und stilistischen Veränderungen?

Tom: „Als wir den ersten Song vom neuem Album geschrieben haben und Mischa und Jan, die beiden Gitarristen, auf den Verzerrer getreten haben und los geschrammelt haben, da hat Frank da so dagesessen und mit dem Auge gezuckt. Und er sagte dann: „Alter, macht mal die Verzerrer aus, das nervt!“ Wir wollten einfach mal Intensität schaffen ohne Lautstärke. Es ist immer so einfach in die Vollen zu gehen und die Verzerrer anzuschmeißen und laut zu sein. Wir haben aber gedacht, wir wollen das mal anders probieren und nicht alles so zu ersticken mit dieser Riesen Soundwand, sondern alles mal atmen lassen. Deswegen habe ich gesagt, dass ich kein Bock auf diese Gitarrenwände habe, so dass die Melodien, die wir auch vorher schon hatten, besser zur Geltung kommen, dadurch dass das andere reduziert wurde. Es macht jetzt auch live mehr Spaß, weil man alles besser mixen kann“

Gab es für euch Kritik, weil ihr bei dem „Bundesvision Songcontest“ von Pro7 mitgemacht habt, denn gerade in der alternativen Szene ist es unbeliebt bei den Fans, ins Fernsehen zu gehen?

Alle: „Ja die gab es.“
Tom: „Ich glaube erstmal nicht, dass wir eine Band sind, wo es von Anfang an so rüberkam als ob wir sowas total ablehnen. Wir sehen es eher so, dass wir auch neue Bereiche mal probieren können. Es gab halt Kritik von 3-5 Personen, bei denen wir das mitbekommen haben. Auch im Nachhinein gab es Leute, die zu uns gesagt haben, es wäre nicht Schlimm, dass wir ins Fernsehen gegangen sind, aber wir wären eine Schande für Sachsen-Anhalt und unsere Mütter hätten die Pille danach nehmen sollen. Also es gab Kritik, es ist aber auch so, immer wenn man in die Öffentlichkeit geht, gibt es Kritik.“
Mischa: „Es ist halt immer ein gewagter Schritt, vor allem für Leute, die nicht so konform mit dem Medium Fernsehen sind, da Fernsehen sonnst nur so „Scheiße“ ausspuckt und dann finde ich schon wichtig, dass es dann mal was anderes gibt. Es gibt ja schon jüngere Fernsehmacher wie z.B. Jan Böhmermann, der von der Einstellung schonmal sehr „punkig“ ist und sich dann in seinem eigenem Medium austobt. Das finde ich geil, wenn nicht immer der gleiche Brei gekocht wird.“
Tom: „Wir haben ja die ganze Sendung und auch uns nicht ernst genommen. Alle Antworten und Statements, die wir dort gegeben haben, und alles was wir im Fernsehen neben der Musik von uns gegeben haben, war halt mehr das wir uns über uns selber kaputt gelacht haben. Dabei muss man aber sagen, dass hinter den Kulissen sympathische Menschen waren.“

Wie entsteht bei euch die Musik? Entwickelt sich das ganz langsam oder gibt es eine Eingebung und dann macht ihr eine Song fertig?

Tom: „Wir schreiben nur dann Songs so richtig, wenn wir ein neues Album aufnehmen wollen, aber dann kann es auch mal passieren, dass wir an einem Song auch ein Jahr lang arbeiten und immer wieder etwas verändern und manche Songs entstehen dann einfach in letzten 25 Minuten der Studiozeit. Es ist mit den verschiedenen Songs sehr unterschiedlich. Es gibt bei uns auch nicht eine Person, die alle Songs schreibt und der Rest macht das, was aufgetragen wurde, sondern es steht alles zur Diskussion und wir machen es gemeinsam.“
(Jan zeigt mit den Daumen auf sich selbst)
Jan: „Stimmt nicht“
Tom: „In Wirklichkeit schreibt Jan alle Texte“
(Alle Lachen)

Der erste Song auf eurem Album namens „Rauchen“ handelt unteranderem auch von der Band Captain Planet. Seid ihr mittlerweile gut mit ihnen befreundet?

Frank: „Wir sind ja auf dem selben Label und waren davor auch schon auf dem selben Label. Und die waren halt die Ersten, die uns so richtig mit auf Tour genommen haben. Als wir noch ganz klein waren, haben die uns halt mitgenommen und haben ein paar Tage lang gespielt, und das war für uns ein ganz tolles Erlebnis. Dort haben wir sie natürlich kennengelernt und die waren dann für uns väterliche Figuren. Deswegen haben wir jetzt auch die persönliche Verbindung zu denen.“
Tom: „Bevor wir auf den Label mit ihnen waren, habe ich die auch schon mit 15 bis 16 Jahren schon gehört.“
Jan: „Und der Tom hat sich das Cover von deren EP auf den Arm tattoowieren lassen.“
Tom: „Deswegen widmen wir ihnen jetzt auch gerne mal einen Song.“

Neben eurer eigenen Musik, was hat euch dieses Jahr musikalisch am meisten überrascht?

Jan: „Thees Uhlmann, es war einfach so ein schlimmes Album. Textlich geht gar nicht und musikalisch Ok. Wie eine Person, wie Thees Uhlmann so derbe daneben greifen kann, hätte ich nie gedacht.“
Tom: „Mich hat dieses Jahr extrem Pink Floyd überrascht, natürlich nicht mit aktuellen Zeugs, aber mit altem Zeug.“
Mischa: „Ich finde die englische Band Everything Everything hat mich überrascht, mit einem sehr abgefahrenem ersten Album und mit einem sehr eingänglichen zweiten Album, und damit haben die richtig Erfolg, und das finde ich super.“
Frank: „Bei mir ist es ein bisschen mainstreamiger, bei mir ist es das neue Duft Punk Album von dem ich sehr sehr positiv überrascht war. Ich fand Duft Punk schon immer gut, aber ich hätte nie gedacht, dass sie so eine Platte machen, die einfach so gut klingt. Das so was auch erfolgreich ist, finde ich super. “

Mit welcher Band würdet ihr gerne mal zusammen ein Konzert spielen oder touren?

Tom: „Biffy Clyro oder Toto“
Frank: „Daft Punk“
(Lautes Gelächter von allen)

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Dies war dann auch schon meine letzte Frage und wir gingen wieder in Smalltalk über und verliesen so langsam den Backstagebereich, um die Vorband Wind und Farben anzuschauen. Nach kurzer Umbauphase begann dann auch direkt das Konzert der Band Adolar, und für mich wurde das Wochenende an einem Freitag musikalisch richtig eingeläutet.

Frank Mertens – Schlagzeug, Synthesizer
Jan Krieshammer – Gitarre
Tom Mischok – Gesang, Bass
Michael Cyris – Gitarre, Synthesizer, Gesang

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