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Im Gespräch mit Von Wegen Lisbeth

Leiser Nieselregen in Rostock, die Stadt ist grau.

Wir haben einen Interviewtermin mit Von wegen Lisbeth. Während wir draußen warten, ziehen wir die Kapuzenjacken bis zur Nasenspitze zu. Es ist kalt. Der Tourmanager kommt und führt uns durchs Moya ins Backstage. Die Konzerthalle ist nicht besonders schnuckelig, ein Zweckbau halt, doch die Mitarbeiter sind super freundlich. Stunden später, als wir abends zum Konzert wiederkommen erkennen sie uns sofort wieder und winken uns durch. Das passiert echt selten und kann daher ruhig mal lobend erwähnt werden. Danke an´s Moya.

Wir werden in einen Raum mit Kunstledersitzgruppe geführt. Matze, der Sänger, begrüßt uns und lässt sich in eine Ecke der Couch fallen. Er sieht aus wie ein Plüschbär, der gerade aus der Waschmaschine gekommen ist. Die fast 4 Wochen Tour haben Spuren hinterlassen, da wird auch die Flasche Mate, die vor ihm steht, nicht helfen. Nur die dunklen Knopfaugen fehlen. Seine Augen sind hell, wie die Gletscher Islands und haben die Arroganz eines Huskys, der keine Lust hat vor einen Schlitten gespannt zu werden. Er will einfach nur los. Doch bis zum Konzert sind es noch 3 Stunden.

Aus dem Nebenraum ruft Bassist Julian, ob wir was zu Trinken möchten. „Biiieer? Brause?“. Dafür, dass er „Brause“ sagt und nicht „Limonade“, möchte ich ihn umarmen. Sofort. Mache ich natürlich nicht. Nehme aber eine Brause. Sorte egal. Er bringt Zitrone.

Mainstage: „Ihr seid ja jetzt schon ein paar Wochen unterwegs, heute ist euer letztes Konzert. Zumindest für diese Tour, bevor es mit Kraftklub weitergeht. Wie war es so?“

Julian: „Es war total abgefahren und nochmal ein total anderes Gefühl, als bei der ersten Tour. Da waren viele Läden, die wir als Vorband schon gespielt haben für andere Bands und jetzt da selber spielen dürfen. Das ist einfach, ja, nochmal was ganz anderes und megageil. Die Leute kommen da ja um uns zu hören.“

Mainstage: „ Ich finde es auch mega sympathisch, dass ihr euch immer noch so freut, dass es so läuft, wie es läuft. Die Konzerte sind ja jetzt schon lange und immer wieder ausverkauft, langsam muss man sich doch daran gewöhnt haben.“

Julian: „Ich finde es voll wichtig, sich das noch mal bewusst zu machen. Allein Köln waren da 2300 Leute! Da haben sich alle ein Ticket fürs Konzert gekauft! Das ist megakrass.“

Mainstage:  „Ihr habt ja in jeder Stadt Briefumschläge mit Freikarten für die ausverkauften Konzerte versteckt. Die man dann per instastory finden musste. Hat das geklappt?“

Matze: „Lustigerweise ja. Das kam voll gut an.“

Mainstage: „Ich dachte man sieht ein bisschen was im Netz, dass das jemand postet, aber da war nicht so viel.“

Julian: „Die haben meistens dann uns geschrieben.“

Matze: „Ja. Die haben uns dann ein Bild geschickt, so: Danke und wir sehen uns nachher. Das war echt lustig.“

Mainstage: „Ihr habt ein neues Lied „Wieso“, dass ihr jetzt auf der Tour neu gespielt habt.  Ich mag das ganz gern…

Julian& Matze:  „Cool, danke.“

Mainstage:…. obwohl man den Text jetzt live nicht so gut versteht.“

Julian: „Gut, dass du es sagst, das können wir unserem Tontechniker gleich mal sagen.“

Matze(lacht): „Das ist ganz gut so, weil der Text noch nicht fertig ist.“

Mainstage: „Musikalisch klingt das für mich wie so ein Zwischending zwischen 80er Jahre Synthie-Pop und die Titelmelodie einer ZDF-Vorabend-Krimiserie.“

(Beide lachen)

Matze: „Ist ja geil.“

Julian: „Ja. Das ist tatsächlich das, was wir gerade so hören.“

Matze( zu Julian): „Ich dachte, du sagst jetzt, dass ist tatsächlich…so… ZDF-Vorabendserie .“

Julian: „Nee. Wir haben uns gerade alle so ein paar Synthie-Klassiker gekauft, die kommen ja alle aus der  Zeit.“

Matze: „Ich nehme das echt  als Kompliment. Das mit der ZDF-Vorabend-Serie.“

Mainstage: „Wie entsteht bei euch ein neues Lied? Kommt Matthias mit einem fertigen Text und ihr komponiert dann die Melodie drauf?“

Julian (guckt Matze an und lacht): „So wäre es eigentlich schön. Wenn du mal ‘n fertigen Text haben würdest.“

Matze: „Eher andersrum. Ich komme mit irgendwelchen Akkorden oder Melodien oder einen Satz und irgendwann müssen wir das aufnehmen, weil ich den Text noch zu Ende schreiben muss.“

Mainstage: „Das heißt du bist kein, sagen wir mal, Gedichteschreiber, der dann Lieder draus macht.“

Matze: „Nee…so nie! Es ist erst immer die Gesangmelodie da und dann probiere ich auf den  Rhythmus einen Text zu quetschen. Das wäre ja viel komplizierter, wenn ich erst den Text hätte.“

Julian: „Ja, manchmal hast du schon so ´ne halbe Strophe. Wenn´s gut läuft.“

Matze: „Ja, ich schreib mir auch mal so zwischendurch Textphrasen oder irgendwelche Fitzelchen auf, aber den kompletten Text mach ich immer erst am Ende.“

Mainstage: „Eine Frage zu „Bitch“, auch wenn euch die bestimmt schon oft gestellt worden ist. Gab es bandintern je die Diskussion, ob man dieses Wort verwenden darf?“

(Beide zeitgleich)

Matze: „Nein.“

Julian: „Doch.“

Matze: „Nee. (zu Julian) Wir haben diskutiert??“

Julian: „Wir haben auf jeden Fall mal darüber geredet, ob man es machen kann.“

Matze: „Nee. Wir haben darüber geredet, ob wir das Lied „Bitch“ nennen können. Ob wir das Wort überhaupt nehmen können, war nie eine Diskussion.“

Julian: „Stimmt. So herum war´s.“

Mainstage: „Es wird ja jetzt häufiger in der Öffentlichkeit darüber geredet, da Faber und Kraftklub ja ähnliches Vokabular verwenden und das mitunter schon provoziert.“

Matze: „Man muss sowas immer im Kontext betrachten. Bei Faber fand ich die Diskussion völlig bescheuert. Die nehmen immer nur dieses Wort raus und betrachten gar nicht das ganze  Lied und um was es da geht. Bei Kraftklub allerdings sehe ich das schon ein bisschen anders. Und bei uns ist es so, dass das eher aus dem Gefühl heraus kommt. Und wenn man den Text so interpretiert wie ich, merkt man ja, wie es gedacht ist.“

Julian: „Alle drei Lieder, ob von Faber, Kraftklub oder uns, also „Bitch“ sind ja thematisch sehr ähnlich. Die Persönlichkeit, die singt, also die „Ich-Perspektive“ ist immer ein verlassener Typ, der versucht nochmal seine Wut darüber auszudrücken, aber am Ende ist er ja der Schwache. Es hat ja keinerlei frauenverachtenden Moment darin, es geht ja eher um einen schwachen, verlassenen Typen, der sich nicht anders zu helfen weiß.“

Mainstage: „Was mir auch aufgefallen ist, ist, dass sich im Nachhinein hauptsächlich Männer darüber aufgeregt haben, dass diese Worte verwendet wurden. Frauen können damit scheinbar lockerer umgehen oder sie verstehen, in welchem Zusammenhang das verwendet wird. Was natürlich kein Freibrief sein soll.“

Julian: „Ich find´s super gut, dass diese Diskussion stattfindet.  Es ist schon wichtig, was für Wörter man in der Popmusik verwendet. Es erreicht ja viele. Bei einem anderen Lied von uns, das echt uralt ist, bei „14 Tage Testversion“ kommt ja das Wort „Spasten“ vor und wir haben uns da auch keine Gedanken drüber gemacht, weil der Kontext halt auch ein ganz anderer war. Und da hat dann schon jemand geschrieben, dass man das nicht als Schimpfwort verwenden sollte, weil man Leute mit einer Behinderung nicht diskriminieren sollte. Und das finde ich voll berechtigt! Jetzt ist das Lied fertig und wir spielen es zum Glück auch gar nicht mehr so oft, weil wir es selbst nicht mehr so feiern. Aber ich finde es total berechtigt und gut, dass sich da jemand beschwert oder sich Gedanken macht.“

Matze: „Ich finde auch, dass die Diskussion darüber völlig richtig und wichtig ist. Ich finde nur, wenn man Musik oder Kunst macht, dann kommt oft das bessere Lied dabei raus, wenn man es aus einem Gefühl heraus macht. Gerade in deutscher Popmusik machen das sehr wenige Leute, und wenn, dann machen sie es sehr schmandig oder verkopft. Deswegen finde ich, kann auch mal ein Schimpfwort darin vorkommen.“

Mainstage: Ok. Ich sehe das ähnlich. Lest ihr eigentlich die Kommentare unter euren YouTube-Videos?“

Julian: „Manchmal.“

Matze: „Selten.“

Mainstage.: „Sehr gut. Es geht um Folgendes: ich lese euch Kommentare vor, die unter euren Videos bei YouTube stehen und ihr müsst raten, welches Musikvideo das ist. Und wer richtig rät, darf sich ein Center Shock oder ein fair gehandeltes Einhorn-Kondom nehmen. Mit Feenstaub. Steht zumindest auf der Packung.

(Beide lachen)

Matze: „Sehr geil.“

Mainstage: „Es geht los. Erster Kommentar, der unter einem eurer  Videos steht:“

hannalor333: Ich will bei Robert Blumen kaufen.

Beide gleichzeitig: „Wenn du tanzt“!

Mainstage: „Das ging ja schnell. Das war zum Warmwerden.“

Herr Von Anstand: Wenn Tocotronic und Arctic Monkey ein Kind hätten

Julian: „Bitch!“

Mainstage: „Menno…das ging ja wieder so schnell!“

Julian(lacht): „Ich kenn den Kommentar.“

Edikrieg: Gibt ja heute immer weniger, worüber man sich freuen kann, aber schon lange hat es nicht mehr so viel Spaß gemacht, das Radio einzuschalten.

Matze(überlegt): „Wow. Muss ja irgendeine Single gewesen sein, die im Radio läuft. Hm…Kneipe?“

Mainstage: „Nein. Ein zweiter Kommentar zum selben Video:

Johannes Klucken: Sehr sehr nicer Schlüsselbund, ihr Lausbuben!

Beide (sofort): „Ah!! Cherie!“

 

 

Mainstage: „Korrekt. Nächstes Video.“

Anton O.:  Ich verstehe die Message nicht so recht. Könnte mir das jemand in ‘nem kurzen Satz erklären?

(Beide lachen los und überlegen)

Matze: „Ich glaube auch Cherie.“

Mainstage: „Nein. Wenn eines erraten ist, kommt immer eines neues. Wir geben mal einen weiteren Hinweis.“

snazzymudicaddict: Ich muss gerade…

Julian: „ Oder Kafka?“

…die Verwandlung lesen.

Mainstage: „Ja, genau.“

Moritz K. Diese Stimme hat so eine Arroganz, die man nicht oft findet.

Matze(lacht und überlegt):  „Geil. Sushi?“

Mainstage: „Nee. Weiterer Hinweis:“

Jana Eiskonfektknisterpapier:  Oh. Ich dachte beim dem Titel sofort an Big Bang.

Matze: „An was?“

Mainstage:  „An Big Bang Theory. Jetzt ist es eigentlich leicht. Wenn ihr Big Bang Theory je gesehen habt. Sonst ist es natürlich schwer.“

Beide:  „Keine Ahnung.“

Mainstage:  „Dann lösen wir auf. Es ist Penny. Penny ist das blonde Mädchen aus Big Bang Theory, eines der Hauptfiguren aus der Serie.“

Beide (mit Fragezeichen in den Gesichtern): „Ah so. Ok.“

Timo Heinrich: Was macht diesen coolen panartigen Sound?

Beide(sehr schnell): „ 14 Tage Testversion!!“

Mainstage: „Sehr gut.“

Anna.ux.: Warum fährt mit mir nie jemand Ringbahn?

(Beide lachen los)

Matze: „Hellersdorf“

Mainstage: „Ja. Süßer Kommentar übrigens. Finde ich.

Wibnak: Sieht nach einem lustigen Drehtag aus!

Matze: „Bitch?“

Mainstage: „Nein. Zweiter Hinweis:“

Pvp noop: Könnt genau mein Freitagabend sein!

Julian: „Freigetränke!“

Mainstage.: „Jep.“

Kkraftklub: Ich glaube die dancemoves von Matze sind das Schönste, was ich je gesehen habe.

Matze: „ Aawww! Muss ja ein Live-Video sein.“

Mainstage: „Sag ich jetzt nicht. Neuer Hinweis, dasselbe Video:“

Tim Me:  Parcels Shirt vom Bassisten, mega geil.

Julian: „ Ah! Das ist doch…da oben auf dem Dach. Abendland!!!“

Mainstage: „ Ja, super. Jetzt kommt schon das letzte Video.“

Aleks Krakoew: Das ist Musik für Schlaue!

Beide: „ Oooohaa!“  (lachen und gucken sich fragend an)

Matze: „Milchschaum?“

Mainstage: „Nein. Noch ein Hinweis.“

Schhn3tZ4t0r Like für den Durstlöscher

Matze: „Ah. Kneipe!“

Mainstage.: „Genau. Super Quote, ihr habt ziemlich gut erraten. Oder gewusst.  Das war es schon von unsrer Seite. Vielen lieben Dank fürs Zeit nehmen!“

Matze: „ Ja krass. Geil. Danke schön.“

Julian: „Danke schön! Und viel Spaß beim Konzert.“

Mehr Infos und Konzerttermine:

http://www.vonwegenlisbeth.de/konzerte/

Danke an Ulrike fürs Mitkommen und die Unterstützung beim Interview und an Peter fürs lange Arme und Foto machen, an beide für die Gastfreundschaft in Rostock.

Das YouTube-Kommentare-Ratespiel kommt regelmässig in der Late-Night-Talkshow „Zärtlichkeiten im Bus“ im MDR vor und ich grüße hiermit Ines und Cordula.

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