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Ein Rio Reiser Cover Abend?
Keine Macht für Niemand im Theater?
Geht das?
Darf man sich Rio Reiser überhaupt so nähern?
Gecovert worden ist er schon oft, und meistens ist das Ergebnis eher als in die Hose gegangen zu bezeichnen. Aber Glück gehabt, Enttäuschung wäre an diesem Abend fehl am Platz gewesen.
Jan Plewka ist vielleicht der einzige, dem es gelingen konnte, Reiser nicht einfach nur vorzusingen, sondern zu verkörpern, ohne dabei das Eigene zu verlieren. Plewka hatte ja schon seinerzeit mit Selig was zu sagen, und das klingt auch durch, so merkt man, dass hier einer Lieder singt, die ihm wirklich etwas bedeuten.
Ebenso ist vielleicht gerade das Theater der einzige Ort, an dem das funktionieren kann, also so richtig funktionieren, nicht so „ja, das war ganz ok, für ne Reiser-Interpretation“ sondern so „wow!“. Man sitzt in diesem großen Raum, und irgendwie ist von zu Beginn dadurch eine ganz andere Erwartung(shaltung) gegeben, pünklich geht dann das Licht an, und aus der Ferne beginnt der Gesang – gleich zum ersten Mal Gänsehautfeeling.
Ein anderes, schönes Gefühl ist während dem Konzert (wieder) zu merken, wieviele wunderbare Lieder dieser Rio Reiser eigentlich verfasst hat,[inspic=528,right,fullscreen,96] und so werden natürlich auch alle „Hits“ gespielt (Junimond, natürlich zum Schluß und inclusive Aufstehen; Alles Lüge; Für immer und für dich; Zauberland), glücklicherweise verkneifen sie sich den König von Deutschland, der ja nun auch schon einmal zu viel verbraten worden ist. Natürlich dürfen auch alte Scherben Klassiker wie der Rauch Haus Song (wunderbar, die Band sitzt um ein künstliches Lagerfeuer und singt komplett akustisch, im Dialog mit dem Publikum), der Traum ist aus oder Keine Macht für Niemand (man sträubt sich ein wenig, den im sitzen zu hören) nicht fehlen.
Man merkt, dass hier die Energie nicht die selbe ist, jetzt nicht im weniger, aber anders, gereifter. Vielleicht reicht auch der Ausdruck Konzert nicht, um das ganze zu beschreiben, man merkt, dass das Theater nicht nur als Räumlichkeit genutzt wird, sondern auch konzeptionell, ohne jedoch ein Theaterstück aus dem Ganzen zu machen. Oft singt Plewka unverstärkt, man spürt die Emotionalität und vor allem auch die Zärtlichkeit, mit der er sich Reisers Texten nähert – den zerbrechlichen und immer rebellischen Träumer jedoch nie einfach nur kopiert.
Die Musik spielt dazu die Schwarz-Rote Heilsarmee, die sich angenehm zurückhalten, gleichermaßen aber auch längere Phasen ohne Gesang bestreiten dürfen.[inspic=529,left,fullscreen,96]
Nachdem zur zweiten Zugabe dann Der Turm stürzt ein und Keine Macht für Niemand nochmals erklangen begleitet Jan Plewka das durchwegs begeisterte Publikum mit Nach Hause noch hinaus und man fühlt sich wirklich ein kleines Stück glücklicher.
Schade aber bleibt, dass das schöne Schauspielhaus gefühlt höchstens halb voll war, und der Altersdurschnitt auch eher etwas höher anzusiedeln war. Erreicht Rio Reiser die Jüngeren nicht mehr? Das wäre schade, naja, eventuell waren ja auch alle nur bei den Fotos, oder bei der Punkrockattacke.