Startseite » John Niven – Coma

John Niven – Coma

John Niven hat im Jahr 2008 einen riesigen Erfolg mit seinem Debütroman „Kill Your Friends“ gelandet. Der ehemalige A&R einer großen Plattenfirma hat sich dem Romanschreiben zugewandt und seine eigenen Erfahrungen Im Musikbusiness zu der tragikomischen Geschichte des Steven Stelfox umgewandelt. Sowohl Musikfans als auch Kritiker des Business waren voller Lobes für diesen ehrlichen Roman. John Niven wurde nicht nur wegen der einfallsreichen Geschichte, sondern vor allem seines interessanten und absurden Schreibstils wegen zur Szenebekanntheit. Gerade mal zwei Jahre später haut John Niven seinen zweiten fast 400-Seiten-starken Schinken auf den Markt: „Coma“.

„Die Chancen, dass er es schafft, stehen tausend zu eins…“

Die Rede ist diesmal nicht von einer Chartplatzierung, Plattenverkäufen oder anderem Karrierewahnsinn. Es mag zuerst verwirrend erscheinen, was für einen rasanten Themenwechsel Niven hinlegt, denn „Coma“ handelt von Golfsport. Golf? Langweilig? Was für Rentner? – Ganz im Gegenteil. Wer sein Erstlingswerk kennt, der ahnt bereits, dass auch diese Geschichte nichts für die Zartbesaiteten unter uns ist.

Die Story kurz angerissen: Es geht um Gary Irvine, einen leidenschaftlichen Golfer, der schon seit er denken kann den Schläger so oft wie möglich in die Hand nimmt. Dieses zeitaufwendige Hobby brachte ihm bereits den ein oder anderen Streit mit seiner Frau Pauline und der Haussegen hängt beachtlich schief. Das Tragischste an der ganzen Sache: Gary ist, auch nach all der Zeit, so ziemlich der schlechteste Golfer, den man sich vorstellen kann. Bis eines Tages ein Unfall passiert: Er wird an einem weiteren aussichtslosen Tag auf dem Platz heftig von einem falsch geschossenen Ball am Kopf getroffen. Als er aus seinem Koma aufwacht (das in seiner Beziehung zu viel weiterem Stress geführt hat) ist er wie ein neuer Mensch. Er ist der King auf dem lokalen Golfplatz, erreicht schnell die Spitzenplätze und es dauert nicht lange, bis auch die Golfgemeinde außerhalb seines Städtchens Ardgirvan von ihm Wind bekommt. Er wird zu den landesweit geachteten Golf Open eingeladen…

Doch John Niven wäre nicht John Niven, wenn all das so glimpflich abliefe. Der Schlag an den Kopf hat nämlich nicht nur zu ungeahntem Talent geführt, sondern Gary leidet seitdem auch am Tourette-Syndrom und dem ständigen Bedürfnis, öffentlich masturbieren zu müssen. Diesem Zwang kann er natürlich auch auf dem Golfplatz nicht widerstehen. Und ob ein ständig unfreiwillig fluchender und mit Schimpfwörtern um sich werfender masturbierender Golfspieler wirklich zu den Championchips zugelassen werden darf…? Ebenso absurd ist die Geschichte von Gary’s Bruder Lee, die im Roman parallel angerissen wird. Er ist in der Familie unten durch, ein Vorzeige Anti-Schiwegersohn ohne Geld, aber mit Frau und zwei Kindern. Aus Verzweiflung in seiner Situation legt er sich am laufenden Band mit dem Gesetz an und geht dabei ein viel zu großes Risiko ein…

Wie auch schon beim Debüt schafft Niven es, relativ wenig Story in vielen spannenden Seiten zu verpacken und mit seinem extrem aggressiven, schwarzhumorigen und derbem Schreibstil für Begeisterung zu sorgen. Selbst wer an Golf keinen Deut interessiert ist, sollte in diesen unterhaltsam Roman mal reinschauen. Man lernt nämlich nicht nur viel über das Leben, sondern hat nach der Lektüre auch eine handvoll Golftaktiken kennengelernt. Damit lässt sich in 10 Jahren am Kneipenstammtisch bestimmt ordentlich Eindruck schinden!


VÖ: „Coma“ erschien am 05.10.2009 bei Heyne Hardcore.

Wir freuen uns über deinen Kommentar: