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Jupiter Jones – Holiday In Catatonia

jj_coverGäbe es neben der Hamburger zusätzlich eine Eifeler Schule, wären Jupiter Jones das Aushängeschild dieser musikalischen Bewegung und Gruppierung. In den knapp sieben Jahren Bandgeschichte haben diese vier Herren aus der Vulkaneifel ihre eigene kleine Nische im deutschsprachigen Punk-Rock gefunden, fernab von Aggressionen oder Arroganz. „Holiday In Catatonia“ nennt sich ihr neuestes Werk, das wieder einmal beweist, wie unnötig Landflucht manchmal sein kann.

In all den Jahren, in denen Jupiter Jones schon Musik machen, sind sie eigentlich ein Bestandteil vieler Leben geworden. Das ist vielleicht ein wenig erhaben, so etwas zu sagen, aber wer schon einmal in Kontakt mit den letzten beiden Alben Raum um Raum (2004) oder Entweder geht diese scheussliche Tapete – oder ich (2007) gekommen ist, weiß um den lebensbestärkenden Tenor dieser Werke. Musik, die dir die Hand hinhält, nachdem du am Boden sitzt und nicht mehr weiter weißt. „Kopf hoch und Arsch in den Sattel“ sei da noch das beste Beispiel, um klar zu machen, was überhaupt Sache sein soll.

Seit dem letzten Studioalbum Entweder geht diese scheußliche Tapete – oder ich ist nun schon einige Zeit vergangen und nach einem kurzen Luftholen im letzten Jahr durch einige Unplugged-Konzerte, wurde diese Zeit genutzt, um neues Material zu sichten und einzuspielen. Da dies für Fans und Anhänger eigentlich nie schnell genug gehen kann, veröffentlichte man bereits im März die EP Das Jahr in dem ich schlief mit der darauf beinhalteten gleichnamigen ersten Single, die schon im Vorverkauf reißenden Absatz fand und eine Woche vor der Veröffentlichung als ausverkauft betitelt werden musste. Knapp zwei Monate später liegt nun das vollendete Werk Holiday In Catatonia vor und man darf direkt die Gemüter beruhigen: Jupiter Jones machen genau da weiter, wo sie aufgehört haben.

Bereits der erste Song „Das zu wissen“ zeigt, dass die Eifeler Band auf musikalischer Ebene ihre Basis gefunden hat und sich keineswegs neu erfinden will. Punk-Rock in Reinform und das weder peinlich noch mit zu viel Attitüde beladen: Gitarren, Schlagzeug, Bass. Manchmal braucht man eben nicht mehr, um sich musikalisch ausdrücken zu wollen, zu können und zu müssen. Denn wenn man bereits eine gewisse Beziehung zu Jupiter Jones aufbauen durfte, liegt der Fokus eben nicht auf der Musik, sondern viel mehr auf den Geschichten, die Sänger Nicholas Müller in fast schon poetischer Direktheit zu erzählen vermag. Nicht umsonst tritt er bei Soloauftritten unter dem Pseudonym Chinaski Jugend auf, benannt nach Charles Bukowskis Alter Ego Henry Chinaski. Ein Held, dem er auch auf Holiday In Catatonia so manche Zeile widmet.

So sind es auch gerade die emotional bewegenden Geschichten, die wieder einmal den besonderen Reiz von Jupiter Jones ausmachen. Wenn Nicholas Müller beispielsweise mit der bezaubernden Schauspielerin Jana Pallaske in „Nordpol / Südpol“ über gescheiterte Leben singt, in denen man zum Resümee gelangen muss, dass das „was am meisten gefehlt hat, war, was am meisten gezählt hat„, sind das ganz betonte Schlüsselmomente, in denen klar wird, dass das Leben nicht immer nur Sonnenschein ist und sein kann. Ein Faden, der sich durch alle Lieder zieht: Mal ist es die Angst vor dem Leben („Das zu wissen„), die Vergänglichkeit („Was anders war„) oder aber gescheiterte Beziehungen („Wer winkt hier eigentlich wem„). Hoffnung als Four-Letter-Word, wenn spätestens beim letzten Lied „Und dann warten“ klar wird, worauf man eigentlich wartet:

und was nützt uns uns're weisheit
in der ausgemachten scheiß zeit
und was nützt uns die erkenntnis
dass das was heimat war jetzt fremd ist
wenn wir trotzdem niemals lernen
was es heißt sich zu entfernen
ohne jemals ganz zu gehen
wenn's das gäbe wär das schön

Trotz all dieser Tristesse ist es ein beruhigendes Gefühl zu wissen, dass es dort draußen weiterhin Künstler gibt, die neben der stetigen Euphoriewellen in der Kunst am Boden bleiben und die Realität auch als solches wahrnehmen. Kein Tanzen gegen den Schmerz, stattdessen Akzeptanz der eigenen Verletzlichkeit. Holiday In Catatonia ist ein Aufschlagen auf dem Boden, mit dem Eisengeschmack im Mund und statt einer sonst so üblichen helfenden Hand zum Aufstehen, muss man dieses Mal lernen, selber auf die Beine zu kommen. Dennoch steckt hier ein großes Maß an Mut in jeder Zeile, weil man weiß, dass man nicht alleine dasteht, mit all diesen Fragen, Ängsten, Problemen und Schmerzen und man sich selber eingestehen darf: „Es gibt ’nen Weg hier raus, doch der ist steinig und lang.


„Holiday In Catatonia“ erscheint am 22. Mai 2009 auf Mathildas & Titus Tonträger.

2 comments

  1. lilly. says:

    „ein Tanzen gegen den Schmerz, stattdessen Akzeptanz der eigenen Verletzlichkeit. Holiday In Catatonia ist ein Aufschlagen auf dem Boden, mit dem Eisengeschmack im Mund und statt einer sonst so üblichen helfenden Hand zum Aufstehen, muss man dieses Mal lernen, selber auf die Beine zu kommen.“

    WORD!!!

    kann ich alles unterschreiben.

  2. Juls says:

    Ich hab mich vor diesem Album noch nie mit dieser Band auseinander gesetzt. Was ich davor gelesen hab, war ja ganz nett. Auch dieses Review verspricht so einiges. Erst letztens sah ich auf Tide ein Video der Band und war sehr enttäuscht.

    Selbst das, was ich danach alles gehört hab, hat mich nicht wirklich vom Sockel gerissen. Sicherlich ist die Band an sich ganz nett, nur unter Punk-Rock versteh ich was anderes.

    Ansonsten ein solides Album.

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