War schon seltsam damals kurz nach der Jahrtausendwende. Ein Hype kam aus der Frühlingserde geschossen. „Died Laughing“ – das Album, der kleine Mann und ein Hormone hinauf beschwörender, hypnotisierender Blick vom Cover zum Käufer. Keith Caputo? Die Stunde der Life Of Agony-Alleswisser war gekommen. Jedoch nur, um schnellstens wieder in Andacht zu verstummen.
LOA hatten sich nicht all zu lange zuvor getrennt. Mitten in den welken Mythos hinein stechen Pophymnen, Weltschmerz, Alkohol und die Sehnsucht, all das auf einen halbwegs drogenfreien Nenner zu bringen. Kaum jemand kehrte ohne Gänsehaut von den darauf folgenden Konzerten zurück. Mitunter, so erzählt noch immer gerne die Bielefelder Legende, nahm man sogar einfach sitzend gemeinsam vor der Bühne Platz. Mittlerweile ist mit „A Fondness For Hometown Scars“ der erste stilistisch wirklich stimmige Nachfolger erschienen. Manchem Träumer von Damals mag das (nach Caputos nicht eben immer ganz einfach nachzuvollziehenden Selbstveröffentlichungsprozeduren) vielleicht gar nicht aufgefallen sein. Das schmerzverzerrte „Brandy Duval“ erhält also nun in „Silver Candy“ viel mehr als nur einen bittersüßen Aufguss. „Got Monsters“ schleppt sich auf bleiernen Beinen Richtung Licht und wenn es doch einmal lauter wird, kommen „In December“ und „Devils Pride“ zumindest als ordentlich pathetischer Standard daher. Man darf getrost seine Knospen darauf verwetten, dass einige bornierte „Died Laughing“-Puristen jetzt den Kopf tief ins „Geht eh‘ nicht besser als 2000!“-Kissen stecken werden. Gut, dass so ihre eigenen, mitleidig selbstgerechten Tränen die zweite Blüte Caputos mitnichten benetzen werden.
Keith Caputo – „A Fondness for Hometown Scars“ ist seit dem 4. April im Handel erhältlich.