Der erste richtig schöne, warme Abend im Jahr 2009 ist ein Freitag, an dem Lingby mit Matthias und regionalem Support der Band The JamSticks im Anorak 21 in Falkenberg/Wabern spielen. Zum Soundcheck um halb 7 sind Lingby noch nicht erschienen. Sie stehen im Stau, irgendwo zwischen Karlsruhe und der kleinen, alten Jugendherberge mitten in der Pampa, die als „Krachgarten“ schon viele Bands beherbergt hat. Aus Schweden, den USA und oft auch aus Deutschland: von überall her kommen sie, um zwischen Gigs in Großstädten auch mal auf dem Land zu spielen. Die kleine Location mitten im Grünen ist perfekt für einen Singer/Songwriter-Abend und mit alten Sesseln, einem lahmgelegten Kamin und Kerzenschein geschmückt. Eine Tür führt in den Garten, der groß wie ein Sportplatz und mit einer alten Steinmauer umgeben ist, von der man an diesem Abend den ersten tollen Sonnenuntergang genießen kann, ohne dabei zu erfrieren. Nach leckerer, selbstgemachter Pizza im alten Speisesaal der Jugendherberge am Mosenberg, in dem Lampions, alte Möbel und ein Uralt-Radio für Atmosphäre sorgen, kommt die Kölner Band schließlich an.
Für Soundcheck ist jetzt keine Zeit, es sind schon Leute da und wir werden gebeten den Abend zu eröffnen. Ein bisschen verzögern wir natürlich, unterhalten uns mit den vier Musikern, die uns erzählen, es werde morgen nach Dresden gehen, dann Berlin und später Kopenhagen, Göteborg und anderes und dass „Lingby“ eigentlich dänisch ausgesprochen hinter auf ü endet, ein i aber besser klinge. Die Sängerin Judith spricht davon, wie gern sie in den Anorak komme, dass sie hier schon oft ihre Semesterferien verbracht habe, die Leute kenne und sich wie in einem zweiten Zuhause fühle. Sie trinken Rotwein und erzählen, dass Matthias als einziger neu in die Band gekommen ist und heute auch zusammen mit Judith etwas aus seinem eigenen Set zum Besten gibt. Wir hätten gern noch länger mit den vier Kölnern gesprochen, doch allzu lange verzögern ist ja schließlich recht unhöflich und es hat sich mittlerweile ganz gut gefüllt. Die Sessel sind und werden eingenommen, wir nehmen auf der Mini-Bühne auf den alten Stühlen Platz und genießen die entspannte, ungezwungene Stimmung in der nächsten Dreiviertelstunde.
Als wir die Bühne verlassen machen sich Lingby bereit, die nach ihrem Abendessen nun auch der Veranstaltung lauschten und schieben schnell einen Soundcheck ein, der die nette Atmosphäre jedoch keineswegs zerstört. Das sehr ruhige und beruhigende Set des Karlsruher Songwriters Matthias, der sich zusammen mit seiner Gitarre „My Friend the Fawn“ nennt, verzaubert die Zuhörer, die ganz aufmerksam an seinen Lippen hängen oder ihren Blick durchs Fenster nach draußen schweifen lassen. Mit Judith am Klavier und später auch noch Willi, dem Gitarristen von Lingby mit dänischer Herkunft, hat der Karlsruher eine vollkommene Begleitung. Sie starten eine Verlosung für den glücklichen Gewinner, der einen gecoverten Part in einem ihrer Lieder entdeckt, der sich schließlich als ein Ausschnitt aus einem „Take That“ Lied entpuppt.
Etwas später am Abend sitzt Matthias dann am Schlagzeug des Headliners. Sie haben sich schnell Backstage aus der mitgebrachten American Apparel Tüte ein paar Haarbänder herausgezogen und jeder läuft mit unterschiedlichem Kopfschmuck erneut in den Saal, unter Applaus und Rufen aus dem Publikum. Der Einsatz klappt nicht ganz, aber das verzeiht jeder, beim zweiten Mal gehts dann umso besser. Der Däne als Frontmann ist schon wegen seines netten Akzents Sympathieträger schlechthin und bestätigt das durch seinen netten, unterhaltsamen, aber nicht aufdringlichen Humor, den das Publikum ab und zu zwischen den Songs erfährt. Da ist zum Beispiel die Sache mit dem Jingle, die die Zuhörer erst ein wenig verwirrt, dann jedoch Lacher erntet. Ein Name wird ganz schnell verlangt. Ein Typ, der recht weit vorne auf einer alten Kommode sitzt, ist das Opfer und kurz drauf schon wird dieser (Name) mit gitarrenlastigen Klängen vertont. Der Spaß ist schnell vorbei und Willi erklärt uns, was das Ganze gerade sollte. Fragt, ob wir das überhaupt verstanden hätten.
„Das ist so ein Jingle, den kann man ja überall und immer wieder einsetzen„.
Er lobt die Pizza der zwei Mädchen aus Falkenberg, die besser sei als die italienische Pasta, die sie gestern gegessen hätten. Sie scheinen gerne hier zu sein und Spaß zu haben, an dem was sie da machen. Keine Werbung für sich von der Bühne, nur ein verlegener Hinweis darauf, dass sie gerade ein Album aufnehmen und CDs dabei hätten.
Zum Abschluss kündigen sie noch ein Schlaflied an, das auch wirklich wie eins klingt und alle Besucher etwas müde macht. Beim Verlassen des Raums ist man erfüllt von unglaublicher Ruhe und Gelassenheit und glücklich über den schönen Abend, den man da gerade erlebt hat. Ein besonderes Konzert, das einen zufrieden in die Nacht entlässt. Und man ist sich sicher: Allen anderen geht es gerade genauso.