Dass die Gruppe Mikroboy auch aus schlecht besuchten Konzerten noch was herausholen kann, hat der letzte Eintrag eindrucksvoll bewiesen. Wer sonst stellt innerhalb kürzester Zeit ein so wunderschönes Improvisationstheater auf die Beine…? Dass in Freiburg und Bayreuth allerdings ganz andere Töne angesagt waren – und was der Manager von The Exploited mit all dem zu tun hat – erzählt uns Michi nun im 13. Teil des Tourtagebuchs:
Freiburg, 11.12.09
Heute geht’s nach Freiburg. Über meinen Wecker jammere ich schon gar nicht mehr. Ist mittlerweile sowieso jedem egal. Das läuft jetzt nämlich seit ein paar Tagen so: Der Fahrer ist ein armes Schwein und alle anderen schlafen. Wir bewegen uns alle nur noch in Dämmerzuständen. Halbwach auf Raststätten-Toiletten und in Schnellfressfilialen. Zwischen frieren und schwitzen, zwischen hysterischem Lachen und grundlosem Meckern.
In Freiburg angekommen bläst die schneidende Kälte die Müdigkeit aus unseren Gehirnen. Wir sind ein bisschen zu früh und können so in aller Seelenruhe aufbauen. Im Mensaclub, in dem wir spielen, wird quasi einfach die Mensa abgehangen, dann stellen die da eine Anlage ein, drehen das Licht runter und schon ist das Ding ein echt schöner Club. Heute gibt es echtes Mensa-Essen und alle werden ganz nostalgisch. Wie lange man sowas schon nicht mehr gegessen hat. Mein altes Leben kommt mir 1000 Jahre weit weg vor.
Als wir zurückkommen füllt sich der Saal bereits mit Leuten. Von hundert Menschen sind zu unserer Verwunderung ca. 80 Frauen. Das Konzert ist klasse und der Saal ist gefüllt. Läuft doch! Wir bauen recht schnell danach ab und lassen uns zu unserer Unterkunft bringen.
Heute gibt es kein Hotel, sondern ein sogenanntes Künstlerappartement. Das ist dann eine Wohnung, in der genügend Betten für eine ganze Band stehen und da kann man dann in der Regel auch recht komfortabel schlafen. Das sollte heute ein wenig anders aussehen. Man sagt uns, das Appartement sei über einer Bar namens Walfisch. Begrüßt werden wir da von superlauter Punkmusik und den entsprechenden Hörern dieser. Die lachen uns natürlich erstmal aus. Sieht bestimmt auch scheisse aus, wie wir da mit unsern Rollkoffern reingelaufen kommen. Duschen,… ja ahh nee, nur ein Waschbecken. Achso okay, wir müssen um 9 los – Können wir dann frühstücken? Ja nee, Frühstück erst ab 11. Ach so, ja klar, macht ja nix. Dann mach uns doch erst mal 4 Sambucca. Die halfen aber auch nicht. Nach einem kurzen Gespräch mit einem Angestellten der Bar, der mir nochmals vorrechnen wollte, dass wir gut und gerne 4 Stunden später losfahren können, erfahre ich, dass der Besitzer dieses Ladens, der mir dann auch prompt über den Weg läuft, seit 23 Jahren der Manager von The Exploited ist. Das find ich zwar schon irgendwie geil, das rettet den Abend aber auch nich mehr. Eingeschlafen bin ich dann wie folgt: Aus der Bar unter mir rumpelt der Bass, der die Möbel vibrieren lässt, neben mir schnarchen Steffen und Malle, die aber darauf bestanden, noch fern zu sehen, obwohl sie eigentlich eh nicht mehr hinschauen. Auf der anderen Seite neben mir klickt Simon auf seinem Laptop rum, während ich versuche, mein Herr der Ringe Hörspiel noch lauter zu drehen, um all dem zu entrinnen. Keine Chance. Mein Leben ist die Hölle,… in manchen Momenten.
Bayreuth, 12.12.09
Ungeduscht und ohne Frühstück steigen wir alle in den Bus und machen uns auf den Weg nach Bayreuth. Auch wieder nicht unbedingt ein Katzensprung. Schnell an der Tanke einen Kaffee und ein Brötchen ziehen, um dann in einen langen, unruhigen Schlaf zu fallen, der erst bei der Ankunft am ‚Komm‘, wohl das örtliche Jugendzentrum, enden sollte.
Wir betreten erstmal einen leeren Saal mit Steinboden und rechnen mit dem Schlimmsten. Die Bühne besteht aus seltsam anmutenden Holzelementen und sonst gibt es da noch nichts, was in irgendeiner Art und Weise nach einer Konzertveranstaltung aussieht. All das relativiert sich aber schnell. Bald darauf taucht ein Techniker auf, der PA und Mischpult aufbaut und nachdem auch wir aufgebaut haben, sieht das alles schon sehr vertraut aus.
Uns steckt die chaotische Nacht in den Knochen, also checken wir direkt mach dem Soundcheck im Hotel ein. Wir spielen heute als letzte von 4 Bands und so bleibt genug Zeit für alle, zu duschen und sich noch eine Stunde aufs Ohr, bzw. vor den Fernseher zu legen. Bitternötig war das. Als wir zurückkommen fängt die zweite Band gerade an. Die scheinen lokale Helden zu sein, denn so viel wie in diesen 45 Minuten wird heute vor der Bühne nicht mehr los sein. Fein fein.
Wir spielen eine echt schöne Show und der Saal ist hell genug, um in begeisterte Gesichter zu schauen. Steffen schrotet schon wieder eine Bassseite. Weiß der Geier, wie der das immer macht. Das Konzert war wirklich schön und die Leute da auch. Trotzdem machen wir uns nicht lange danach vom Acker.
Warum Kai-Steffen in der Musikbranche und nicht im Leistungssport gelandet ist, seht ihr hier :-)!
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