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Mogwai – The Hawk Is Howling

Mogwai, diese Trickser! Betiteln einen Seeadler mit „The Hawk Is Howling“ und stellen dann einfach ihr gesamtes Album kostenlos online bevor man überhaupt auf die Idee käme, im Plattenladen danach zu fragen. Erübrigt sich in dieser neuen Musikdemokratie auch die Gattung der Rezension, die ursprünglich mal dazu gedacht war, sich vor Veröffentlichung eines Albums vorführen zu lassen, ob es für die heimische Stereoanlage zu gebrauchen ist? Zum Glück gibt es immer noch und immer mehr Menschen, die mit dem Musikmoloch Myspace – oder dem Internet generell – nicht können oder wollen. Sei’s aus technischen oder moralischen Gründen: this song’s for you!

Bekannt und geliebt für ihre großartigen Instrumentalkunstwerke und Songtitel, in die man alles und nichts interpretiere kann, sorgen die fünf Schotten nun zwei Jahre nach ihrem fünften Studioalbum „Mr. Beast“ für Nachschub im Postrock-Fach. Der heulende Habicht vereinigt unter seinem Federkleid 63 und eine halbe Minute feinsten Hörgenuss. Seine Flügelspannweite reicht dabei von friedlicher Hypnose bis zu krachenden Gitarreneskapaden, auf Stimmen als weiteres Instrument oder aufwendiges Elektrogefrickel wurde diesmal ganz verzichtet. Sprich, Mogwai in Rein- und Bestform.

Das Album beginnt ruhig mit „I Am Jim Morrison, I’m Dead“, ein sich schleppend aufbauendes melancholisches Gemisch aus Schlagzeug, Bass und Gitarren, in die schließlich ein wenig Tastengeklimper etwas Licht bringt. Wenn das bei Jim Morrison im Nirvana so aussieht, brauch man ihn nicht bemitleiden. Mit „Batcat“ folgt neben dem Schlusslicht „The Precipice“ eins der groberen Stücke, bei denen die Lautstärkeregler großzügig nach rechts gedreht wurden. In einem gewissen Rahmen, versteht sich. Sanft wird man aufgefangen und eingewickelt im hypnotisierend einschläfernden Glockenspiel und klare Telecaster-Sounds. Dann, ja dann kommt es: Das fröhliche Stück von Mogwai, das bereits vor einigen Monaten im Netz kursierte. Zumindest klingt es so, wenn man es will. „The Sun Smells Too Loud“, allein schon dieser Titel. Eigentlich recht monoton wabern die einzelen Tonspuren hier neben sich her, durchsetzt von einer Elektroorgel und immer wieder diesen paar warmen verzerrten Gitarrenklängen, die irgendwie beschwingte Zufriedenheit und Zuversicht vermitteln. Doch das ist, wie immer bei Mogwai, die sich stets gegen Überinterpretation ihrer Stücke sträuben, Auslegungssache.

Mit dichten Songgebilden jenseits der konventionellen Vers-Refrain-Vers-Strukturen haben Mogwai mal wieder Postrock-Teppiche zum Reinlegen und Niederknien geschaffen. Großartiges gut einstündiges Kino für Kopf und Ohren, das sich alles andere als „Scotland’s Shame“ nennen kann.

VÖ: 19.09.2008

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