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Waterdown: Musik für den Pit

Im Januar erscheint die neue Waterdown Platte All Riot. In den letzten Jahren war es erstaunlich still um die Band geworden, nicht zuletzt weil Sänger Marcel ausgestiegen ist. Nun sind die Jungs aber wieder zu sechst und präsentieren ein neues Album welches deutlich Hardcore-lastiger klingen soll. Bassist Christian beantwortete Mainstage ein paar Fragen:

Seit der letzten Waterdown Platte The files you have on me sind nun mehr als zwei Jahre vergangen. Euer melodischer Sänger ist ausgestiegen und es ist etwas still um euch geworden. Was ist in der Zeit alles passiert und wie kam es dazu dass einige Shows ohne weiteren Sänger gespielt wurden, jetzt aber doch ein neuer Mann bei Waterdown mit an Bord ist?

Genau, unser Sänger Marcel ist Ende 2003 ausgestiegen. Wir verbrachten eine sehr lange Zeit damit, einen geeigneten Nachfolger zu suchen, aber leider ohne Erfolg. In der Zwischenzeit bekamen wir Shows angeboten, die wir einfach spielen MUSSTEN, zum Beispiel zwei Shows mit unseren alten Helden Anthrax, zwei Shows mit Sick Of It All und eine mit Blink 182. Vor über 8.000 Leuten, unsere grösste Indoor-Show bisher. Naja, für diese Shows haben wir dann Ersatzsänger von anderen Bands verpflichtet, ganz egoistisch, weil wir uns das nicht entgehen lassen konnten. Dann haben wir ebenfalls aus Frust, nicht in der Lage zu sein, wirklich was zu machen, probiert, mit mir als Sänger zu spielen. Das war definitiv nicht ideal, aber auch hier ging es uns eben darum, dass wir unbedingt spielen wollten. Naja, und Anfang 2005 haben wir dann bei uns in Osnabrück unseren neuen Sänger Zacken gefunden. Den kannten wir alle schon seit Urzeiten vom Sehen, weil wir auf den selben Shows waren usw. Nur wussten wir nie, wie gut der Typ singen und schreien kann, bis wir zufällig eine Show seiner damaligen Band sahen. Naja, und nach der Show mussten wir uns Zacken einfach krallen. Und bisher läuft es super.

Was hat sich musikalisch im Vergleich zu den älteren Releases bei euch getan?

Wir sind zurück zu unseren Wurzeln gegangen und haben eine Platte geschrieben, die nicht Emo oder Screamo ist, sondern schlicht Hardcore-, Punkrock- und Metalelemente vereint. Wenn man sich die neuen Songs anhört, wird man merken, dass das Tempo ziemlich hoch ist, wir deutlich aggressiver geworden sind und eine Menge Wert darauf gelegt haben, dass man die Songs live gut umsetzen kann. Musik für den Pit. :)

Das Album All Riot erscheint bei uns, soweit ich weiß, am Ende Januar. Artwork und Titel der Platte zeigen deutlicher denn je in eine politische Richtung. Seht ihr Waterdown als politische Band? Inwiefern hängen für euch Hardcore und Politik zusammen?

Nun, wir sind politische Menschen. Unsere Musik und Texte kommen von Herzen und repräsentieren uns. Also sind wir wohl eine politische Band. Das heisst aber nicht, dass wir eine Agenda haben oder alle gleichermassen engagiert sind. Aber es gibt Dinge, die uns allen wichtig sind. Und für uns macht es mehr Sinn, darüber zu singen, als über Herzschmerzschmonzetten. Deshalb sehen wir uns auch eindeutig in der alten Hardcoretradition, mit den neuen, angesagten Emo- und Screamo-Bands verbindet uns musikalisch und textlich sehr wenig.

Das Album kommt wie schon die letzten beiden Full Lenghts wieder über Victory Records raus. Wie zufrieden seid ihr mit dem Label? Grad im letzten Jahr kam ja eine ganze Flut an Releases bei Victory raus. Habt ihr da nicht Angst unterzugehen?

Also, ich denke, jeder Musiker hat Probleme mit seinem Label, und niemand ist wirklich glücklich mit allen Entscheidungen, die getroffen wurden. Aber wir sind uns schon darüber im Klaren, dass die internationale Stellung, die wir mit unseren bisherígen Alben innehaben, ohne die Unterstützung von Victory nie zustande gekommen wäre. Wir haben weltweit über 45.000 Platten von den ersten beiden Alben verkauft und sind dadurch in der Lage, überall auf Tour zu gehen. Ich kann mir kaum etwas besseres vorstellen.

Seit der ersten Veröffentlichung von Waterdown hat sich in der deutschen, wie internationalen Hardcore Szene einiges getan. Metalcore und Emo/Screamo sind angesagt wie nie und selbst Oldschool Bands wie Comeback Kid verkaufen erstaunlich viele Platten. Wie seht ihr die Entwicklung der Szene und wie beurteilt ihr eure Rolle als Vorreiter dieser, zumindest in Deutschland?

Ich bin mir ehrlich gesagt bei vielen der „neuen“ HC-Kids gar nicht sicher, ob die überhaupt wissen, wer wir sind und was wir machen und gemacht haben. Deshalb würde ich uns auch nicht als Vorreiter sehen. Eher Wegbereiter. Abwarten, was jetzt passiert und wie die neue Generation uns annimmt. An sich finde ich es natürlich gut, wenn viele Leute gute Bands unterstützen, und mir ist es definitiv lieber, dass ein Zwölfjähriger sich Taking Back Sunday reinzieht, als dass er Tokio Hotel oder ähnlichen Müll unterstützt. Wenn eine Szene grösser wird, verändern sich aber zwangsläufig auch die Ideale, und das finde ich schade. Für mich hat das rücksichtslose Verhalten auf HC- und Metalcore-Shows heutzutage halt einfach nix mehr mit HC zu tun. Früher hiess es mal „It’s not just boys fun“, heutzutage hat ja fast niemand mehr Spass, weil alle aufpassen müssen, nicht verletzt zu werden. Reine Selbstdarstellung und sonst nichts. Ich habe absolut nichts gegen einen harten Pit, im Gegenteil. Aber es macht eben auch keinen Spass, sich eine Show anzusehen oder gar eine zu spielen, wo das Publikum einen riesen Halbkreis um die Bühne macht, weil fünf Leute Kampfsporttritte imitieren. Wo ist da das Zusammenhörigkeitsgefühl, dass ich von HC-Shows kenne? Wo sich Publikum und Band inspirieren und zu einer Masse werden, und damit eine Riesenenergie erzeugen? Ach scheisse, ich werde alt. Ich beklage mich, weil früher alles besser war.

Ich kenne bislang nur den einen neuen Song, welcher auf eurer Homepage als Stream steht. My Hopelessness and Me klingt für mich wesentlich dicker produziert aber auch ein ganzes Stück poppiger als die alten Songs, ohne aber auf fette Hardcore Parts zu verzichten. Wie war eure Vorstellung vom Sound der Platte bevor ihr sie aufgenommen habt? Was wolltet ihr konkret im Vergleich zum Vorgänger und im Vergleich zu anderen Bands anders machen? Und wie zufrieden seid ihr mit dem End-Ergebnis?

My Hopelessness And Me repräsentiert das Album nicht wirklich, es ist mit Abstand der poppigste Song. Da er aber von Victory zur ersten Single erklärt wurde, war das eben der Song, den wir vorab veröffentlichen durften. Und dass die den poppigsten Song aussuchen, ist ja logisch. Wir wollten ein Album, dass dem Hörer ins Gesicht springt und so intensiv und aggressiv wie möglich ist. Wir wollten ausserdem weder Emo- oder Screamo-mässig klingen noch plötzlich in die Metalcoreschiene einsortiert werden. Wir haben mit diesen ganzen Bands nicht viel gemeinsam, und das wollten wir verdeutlichen. Wenn wir früher gefragt wurden, wie wir unsere Musik einschätzen und beschreiben, dann haben wir immer „Hardcore“ gesagt, weil das eben die Ecke ist, aus der wir kommen und wo wir uns wohlfühlen. Früher haben das viele Leute nicht nachvollziehen können und uns wahlweise als emo- oder Deftonesmässig einsortiert. Würde mich nicht wundern, wenn das jetzt anders ist. ;)

Ihr habt das Album in einem anderen Studio aufgenommen als die anderen Veröffentlichungen, und als Produzent wurde Ingo von den Donots an Bord geholt. Wie kam es dazu? Inwiefern hatte Ingo einen Einfluss auf die neuen Songs?

Wir haben bei diesem Album versucht, so viel wie möglich zu kontrollieren, weil wir eine so konkrete Vorstellung davon hatten, wie das Ergebnis klingen sollte. Deshalb haben wir uns gegen Leute entschieden, die wir nicht oder nur flüchtig kennen, und haben statt dessen mit Leuten zusammengearbeitet, die wir seit Ewigkeiten kennen, denen wir vertrauen und die genau wissen, worum es uns geht. Also haben wir bei unserem Livemischer Sascha Kramski, der in Münster das Lauterstudio betreibt, aufgenommen und sind dann zum Mischen und Mastern ins Principalstudio gegangen, weil dort Vincent Sorg arbeitet, der wie die Hälfte unserer Band aus Ibbenbüren kommt und mit Axel und Phil zur Schule gegangen ist. Der ist ein sehr angesehener Mischer und hat unter anderem die letzte Red Lights Flash gemacht, aber auch viele Metal- und Rockproduktionen zu verantworten, u.a. die Guano Apes, H-Blockx und so weiter. Wir wussten also, dass er ein technisch sehr fähiger Mann ist, und konnten uns ausserdem darauf verlassen, dass er begreift, dass wir anders klingen wollen und müssen als die meisten seiner sonstigen Bands. Und das hat wahnsinnig gut funktioniert. Ingo Knollmann dagegen ist seit zehn Jahren oder noch länger dick mit uns allen befreundet, ist auch mit Phil in eine Klasse gegangen und hat uns immer unterstützt, von Anfang an. Die Idee zu unserem Bandnamen kam von ihm, die ersten grösseren Shows haben wir vor den Donots gespielt, und bei ihm wissen wir hundertprozentig, dass er uns versteht. In der Zeit, in der ich gesungen habe, hat er mir Gesangsunterricht gegeben, und dann hat er von Anfang an die Vorproduktion zu diesem Album mitgemacht. Das heisst, er war bei den Proben, hat Demos mit uns produziert und uns geholfen, unsere Ideen zu verwirklichen. Dadurch, dass er gesanglich mehr Erfahrung hat als wir alle, war das eine Riesenhilfe. Er hat aber nicht konkret ins Songwriting eingegriffen, sondern uns immer nur darauf hingewiesen, wenn ein Song noch nicht ideal war. Wir vertrauen uns hundertprozentig, weil wir schon so lange befreundet sind, und so konnten wir mit seinen Kommentaren besser umgehen und auch schnell verstehen, was er meint. Das war eine unheimlich fruchtbare Zusammenarbeit, und wenn unsere Zeitpläne es zulassen, würden wir die nächste Platte gerne mit den gleichen Leuten machen.

In welchem Zeitraum wurde All Riot aufgenommen?

Wir haben im Sommer aufgenommen, waren dafür mit Unterbrechungen insgesamt knapp fünf Wochen im Studio. Im September wurde gemischt und gemastert, auch noch mal für zwei Wochen.

Was für Pläne habt ihr mit Waterdown für das kommende Jahr? Soweit ich weiß steht eine Europatour an. Wer wird als Support dabei sein? Werdet ihr auch wieder in den Vereinigten Staaten touren?

Wir wollen soviel wie möglich touren. Das hat uns in den letzten Jahren so sehr gefehlt, dass wir da viel Nachholbedarf haben. Wir machen im Januar am 21.01. unsere Record Release Party in der Scheune in Ibbenbüren (mit Fire In The Attic, The Coalfield und Sight Unseen), gehen danach nach Holland und England, um dort ein paar Shows zu spielen. Dann wollten wir eigentlich mit Eighteen Visions, Aiden und Emanuel für zwei Monate in den USA touren, aber diese Tour ist vor ein paar Tagen abgesagt worden, so dass wir für Februar und März noch einen Ersatz suchen. Im April gehen wir auf jeden Fall in Deutschland, Österreich und der Schweiz auf Headlinertour, wobei wir momentan noch nicht genau wissen, wen wir mitnehmen. Das wird sich aber bald entscheiden. Wir werden auf jeden Fall in den USA unterwegs sein, versuchen, Europa flächendeckend zu betouren (wir waren noch nie in Skandinavien, Portugal, der Türkei und Griechenland und haben auch im ehemaligen Ostblock erst eine Show gespielt. Das wird sich ändern.). Ein grosses Ziel ist Japan, wo wir sehr viele Platten verkaufen. Wir können es kaum erwarten, dorthin zu kommen.

Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen!!

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