Startseite » Pamela Des Barres – Im Bett mit Rockgöttern

Pamela Des Barres – Im Bett mit Rockgöttern

Interessant, interessant. Pamela Des Barres dürfte heutzutage den Wenigsten ein Begriff sein. Nicht überraschend, ist die gute Frau doch inzwischen auch schon um die 60 und hat ihre größte Zeit bereits hinter sich. Dennoch macht sie auch heute noch von sich reden. In ihrem neuen Buch „Im Bett mit Rockgöttern“ interviewt sie die bekanntesten Groupies der Rock’n’Roll-Geschichte – und die sind ihr gegenüber weit aufgeschlossener, als sie es bei einem gewöhnlichen Journalisten wären…

Wie kam Elvis zu seinem berühmten Hüftschwung? Woher stammt Kurt Cobains Vorliebe für Lippenstift und Feinstrumpfhosen? Diese und ähnliche Fragen interessieren uns als unbedarfte Hörer- und Leserschaft natürlich brennend.
Während Pamela Des Barres in ihrem ersten Buch „Light my Fire. Bekenntnisse eines Groupies“ lediglich ihre eigene Geschichte und von eigenen Erfahrungen erzählt, wendet sie sich nun anderen Größen ihres – sagen wir mal – Genres zu. So kommen hier beispielsweise Bebe Buell und Patti D’Arbanville zu Wort.

Leider merkt man den aufgewärmten Geschichten ihren schalen Geschmack nach ein paar Kapiteln deutlich an. Das Schema F – Mädchen verliebt sich in Rockstar und wird zum Rock’n’Roll-Luder – wird hier in zahllosen Varianten wiederholt und nie mehr oder weniger realistisch, sondern vielmehr durch die rosarote Glamrock-Brille betrachtet. Die Autorin selber lässt sich da nicht außen vor und erzählt nur von wunderbaren Mädchen-Freundschaften, Emanzipation an allen Ecken und Enden (man konnte immer tun und lassen, was man wollte) und dass alles, was zum damaligen Zeitpunkt getan und gesagt wurde, auf irgendeine Weise Kunst und von unglaublicher Kreativität gezeichnet war. Auch eventuelle echte Gefühle für die Musiker und die sich daraus evtl. ergebende Problematik werden grundsätzlich außen vor gelassen bzw. einfach nicht zur Sprache gebracht. Und selbst wenn eine gewisse Problematik angesprochen wird, ist alles nur halb so schlimm, als man als Außenstehender vielleicht denken möchte.

Ich versichere Gail, dass ich sie auf ihre Weise lange schon für mindestens so brillant halte wie ihren aufsehenerregenden Ehemann. „Darauf stoßen wir aber nicht an“, sagt sie lachend. „Es gibt Äpfel und Birnen, wenn du verstehst, was ich meine.“
Etwas Unerklärliches funktionierte auf jeden Fall zwischen Frank und Gail. Es gab Zeiten, in denen ich mir das Kissen über den Kopf ziehen musste, um schlafen zu können, wenn sie gerade dabei waren. Im tiefsten Inneren hatte ich gehofft, eines Tages ebenfalls ein solch beglückend lautes Sexleben zu haben. „Wirklich?“, fragte Gail, leicht schockiert. „Das tut mir so leid. Ich hatte keine Ahnung! Das ist es halt, Sex ändert sich nicht, er wird nur besser.“
Trotz all der Liebe und allen gegenseitigen Verständnisses war Frank häufig unterwegs und hatte seine eigenen Groupies, die ihn inbrünstig verehrten. Wie ging Gail mit diesem unangenehmen Umstand um? „Na ja, alle hatten Groupies. Ich meine, man kam gar nicht an ihnen vorbei. Da gab es das eine oder andere Mal, wo es gar nicht so leicht oder witzig war. Und da kann man sich auch nicht mehr an seiner Schulter ausheulen. Aber was einen nicht umbringt, macht einen nur stärker.“

(Aus dem Kapitel Gail Zappa – Liebe auf den ersten Blick)

Obwohl das hier ja eigentlich die Realität sein sollte, werden die verschiedenen Seiten des Groupietums selbst im Film, nehmen wir beispielsweise Cameron Crowes etwas überromantisierte Musik-(Love)Story „Almost Famous“, feinfühliger und realistischer dargestellt – dort findet man zumindest ansatzweise Beispiele der negativen Seiten an der Sache, nicht nur Selbst- und Szene-Beweihräucherung.
Dass ihr letztes Buch als Autobiographie eine gewisse Subjektivität enthält, ist natürlich selbstverständlich. Leider geht Pamela Des Barres das Thema diesmal nicht weniger subjektiv an, obwohl eine gewisse Objektivität der Sache sicher nicht geschadet hätte.

Für das Buch spricht ein guter und einnehmender Schreibstil, der zwar dafür sorgt, dass man die 518 Seiten schnell lesen kann, jedoch über die inhaltlichen Schwachstellen einfach nicht hinwegtäuscht.
Wer sich ernsthaft für die Szene interessiert, ist hiermit leider schlecht beraten.

Pamela Des Barres: Im Bett mit Rockgöttern (ISBN 978-3-453-67546-9) ist im Wilhelm Heyne Verlag zu einem Preis von 9,95 € erschienen.

Wir freuen uns über deinen Kommentar: