Die Zeit, in der man PeterLicht als One-Hit-Wonder betrachtete, der mit „Sonnendeck“ einen massenkopatiblen Sommerhit ablieferte – und das dabei vielleicht nie wollte – dürften endgültig vorbei sein. Mit seinem letzen Album „Lieder vom Ende des Kapitalismus“ stand der Wortakrobat, Pop-Literat und Ironiker PeterLicht auch beim letzten Feuilltonisten Deutschlands zur Debatte. Kontinuierlich wuchsen Bekanntheit und Anerkennung, die Erfolge mehrten sich. Diese Woche erscheint nun das vierte Album des Wahlkölner Musikers.
„Melancholie & Gesellschaft„, das vom Titel an die Fehlfarben-Platte „Monarchie und Alltag“ aus dem Jahre 1980 erinnert, macht musikalisch so weiter, wie das letzte Album ausgeklungen ist: mit leisen akustischen Tönen. Der Name ist Programm. Verworfen sind dabei die dilletantischen und verqueren Melodien, die infantile Elektronikspielerei und der charmante Hang zum Lo-Fi-Trash, der die ersten beiden Alben charakterisierte. Zum ersten Mal stehen ausschließlich Gitarren-, Klavier- und Streicherarrangements im Mittelpunkt. PeterLicht legt sein Augenmerk noch mehr als zuvor auf Pop-Intellektualismus und bedient sich dabei dem Genré des Kunstliedes.
„Räumen räumen“ als das erste von zehn Liedern wird so zum Beispiel fast ausschließlich durch sanftes Klavierspiel ausgestaltet. Und auch die Single „Alles was du siehst gehört Dir“ macht zunächst in diesem Stil weiter – bis zum ersten Mal das Schlagzeug die Stille aufbricht. Den Song „Stilberatung / Restsexualität“ ausgenommen, ändert sich an diesem Gesamtbild auch nicht viel: Poppige Ohrwurmmelodien a la „Wettentspannen“ sind nicht gefragt. PeterLicht scheint inne zu halten.
Deutlich spürbar ist der Einfluss der zahlreichen Live-Auftritte, die er mit seiner Band absolvierte. Hier wird den Liedern organisches Leben eingehaucht, die Elektronik zurückgefahren, gar nicht erst versucht, diese bühneneif zu machen. Auf „Melancholie & Gesellschaft“ wird diesem Prozess voraus gegriffen: Es wird denjenigen die Platte gegeben, welche die Lieder in der akustischen Live-Umsetzung sowieso viel ansprechender finden. PeterLicht ist somit kein eigenbrödlerischer Bastler mehr, der seine Songs auch mal aus einer Laune heraus am heimischen PC aufnimmt. Genausowenig wie er noch versucht, der große Unbekannte zu bleiben.
Textlich geht es auf „Melancholie & Gesellschaft“ oft um essentielle Themen und Urgefühle. Nachdenkliche Momente werden in Szene gesetzt, das Leben mit seinen intensiven Gefühlen ausstaffiert. Trotz Sentimentalität und musikalischem Sanftmut bleiben die typischen Wortspielereien erhalten und verleihen dem Album Leichtigkeit. PeterLicht gleitet somit nicht zu sehr ins Melodramatische oder Weinerliche ab.
Während man von einer nachvollziehbar Weiterentwicklung im Musikalischen sprechen kann, beginnt er sich inhaltlich allmählich zu Überholen. Ein wenig spürt man hier die Gefahr, dass der Künstler in belanglose Strukturen abgleiten: PeterLicht als Herbert Grönemeyer der Indie-Szene? Bitte nicht!
„Melancholie & Gesellschaft“ macht mir klar: PeterLicht ist ist kein Musiker. PeterLicht ist ein Literat. Zumindest scheint er sich genau so seine Prioritäten gesetzt zu haben.
„Melancholie & Gesellschaft“ erscheit am 05. September 2008.
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