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Rise Against + A Wilhelm Scream + Berri Txarrak in der Live Music Hall – Köln (28.08.2006)

703646208_l.jpgRise Against legten kürzlich mit The Sufferer and the Witness Album Nummer vier vor und bedienten damit alle von den Fans gewünschten Facetten des bekannten Sounds. An den mächtigen Vorgänger mochte das auf dem Major Geffen erschienene Album aber leider nicht ganz heranreichen, machten sie auf Siren Song of the Counter Culture einiges richtig und avancierten so zu Szene-Lieblingen. Nichtsdestotrotz machten sich die vier hochpolitischen Musiker auf um den alten Kontinent zu betouren. Der Auftakt der Tour fand in der Kölner Live Music Hall, am Montag, 28. August, statt und als Verstärkung wurden die Hoffnungsträger des melodischen Punks, A Wilhelm Scream, und die bis dato wohl nicht nur mir unbekannten Berri Txarrak mitgebracht. Letztere begannen dann auch zeitig, so dass es um halb neun losging. Das Gemisch aus allerlei zeitgemäßen Einflüssen transatlantischer Musik und den spanischen Texten ließ Berri Txarrak zwar vorerst interessant erscheinen, wirkte nach drei Songs aber leider nicht mehr so mitreißend. Der Sänger wusste scheinbar noch nicht so genau wohin er mit seiner Stimme unterwegs war und wechselte von gut geschrieenen Passagen in kraftlos gesungene Refrains. Auch die Musik schien zu oft uninspiriert und sprang von Deftones-Anleihen über schnellen Melodic-Punk hin zu System of a Down-artigem. Sympathisch war das Trio von der iberischen Halbinsel aber allemal und nach einer guten halben Stunde war auch der letzte Ton verklungen, so dass man sich nun auf A Wilhelm Scream freuen konnte.

Die fünf Amerikaner erklommen nach fast halbstündiger Umbaupause dann die Bühne und bewiesen, dass nicht nur die letzten beiden Platten mehr als nur Glückstreffer waren, sondern wir es hier mit einer der momentan besten Punkrock-Bands zu tun haben. So wurde dann auch ein illustrer Querschnitt aus den letzten Veröffentlichungen gespielt, der ein oder andere neue Song wurde auch gesichtet, unterschied sich allerdings glücklicherweise nicht sonderlich von dem beliebten Mix aus schnellen Gitarrenleads, Doppel- bzw. Dreifachgesang und mitreißenden Melodien. A Wilhelm Scream gaben von der ersten Sekunde an Vollgas und das Publikum tat es ihnen nach einiger Zeit des Warmwerdens gleich. Obersympathisch und musikalisch auf höchstem Niveau präsentierten sich die Jungs von ihrer besten Seite und gewannen an diesem Abend wohl einige neue Fans, und das vollkommen zu Recht. Auch hier war leider schon nach einer guten halben Stunde Schluss und die Bühne wurde für den Headliner geräumt. Schade, den ein oder anderen älteren Song hätten sie zum Abschluss noch mal rausfeuern können, ohne dass der Zeitplan hätte verschoben werden müssen. Der Tourtross war scheinbar noch nicht so gut eingespielt, dass sich die Auftrittszeiten perfekt in den Zeitplan fügen. Zumindest war so gewährleistet, dass Rise Against rechtzeitig beginnen konnten und die angereisten Fans noch die S-Bahn nach Hause bekommen würden. Ist ja auch nicht schlecht.

Nach einem extrem langen Umbau und einem Fanstrom in die vorderen Reihen war es dann so weit und der Headliner sollte die Bühne betreten.

Die ausverkaufte Live Music Hall schien aus allen Nähten zu platzen, so dass Rise Against nicht viel falsch machen konnten. Mit State of the Union knallten sie dem Publikum dann auch gleich einen ihrer Favoriten vor den Latz. Prüfung bestanden, die Fanmassen feierten die vier Jungs und ihre Punkrock-Songs über Gebühr ab und nahmen dabei weder Rücksicht auf die eigene noch auf die Gesundheit des Nachbarn. Mit Black Masks… und Chamber the Cartridge schob die Band zwei weitere Publikumslieblinge nach und verdeutlichte damit eindrucksvoll, weshalb der Laden ausverkauft war. Rise Against ziehen mittlerweile unglaubliche Massen an Zuschauern, die noch dazu jeden einzelnen Song aus vollster Kehle mitsingen können und das auch tun. Das Set war in Blöcke unterteilt, so dass Sänger Tim McIllrath immer mal wieder für einige Lieder zur Gitarre griff um dem Albumsound noch näher zu kommen.

Die Band präsentierte sich wesentlich spielfreudiger als noch zuletzt auf der Taste of Chaos-Tour. Der Sound war gut und auch der Schwachpunkt, das energielose Drumming, konnte durch geschicktes Knöpfchendrehen auf ein Minimum reduziert werden. Der Dreh- und Angelpunkt Rise Againsts ist und bleibt aber nach wie vor der charismatische, teils pathetische aber immer auch energetische Gesang des Frontmanns. Dessen voll und ganz bewusst performte McIllrath zur Zugabe zwei Stücke Solo auf einer Akustik-Gitarre. Beim älteren Everchanging erzählte er zudem von der ersten Europatour der Band, auf welcher sie mit Sick Of It All unterwegs waren. Zu dem Zeitpunkt wurde mir auch erst bewusst, was ich auf eben dieser Tour so aufregend an Rise Against fand. Der Sound war neu, dabei noch eindeutig im Hardcore verwurzelt und die Band spielte frisch und befreit auf. Davon war in der Kölner Live Music Hall leider nicht mehr allzu viel zu spüren. Die Show war perfekt, keine Frage, nur fehlte die ungestüme Energie der ersten Tour. Es fehlte das Gefühl, dass es der Band ernst ist mit ihrer Musik und den dahinter stehenden Ideen. In der Live Music Hall glich es eher dem Befriedigen der Fanbedürfnisse und einem abspulen des oft geprobten Programms. Ehrliche Energie und Zorn waren nicht einmal annähernd zu spüren. Und als der Typ im Simple Plan T-Shirt neben mir das folgende Swing Life Away in mein Ohr brüllte und der Barfrau dabei ein Bier aus der Hand schlug, war mit klar, dass es nie mehr so sein würde wie früher. Rise Against hatten sich verändert, ihr Publikum hatte sich verändert und auch die Ideale der Band haben sich geändert. Dass McIllrath den letzten Song, Give It All, dann der Punk-Community widmete und sich bei allen Anwesenden für das Bestehen eben dieser Gemeinschaft bedankte, wusste man nicht, ob er das wirklich ernst meint. Ich hoffe nicht.

7 comments

  1. kreol says:

    berri txarrak singen nicht ein einziges stück auf spanisch, sondern alles auf baskisch, was mit dem spanischen genau nichts zu tun hat…

  2. Jakob says:

    okay, danke für den hinweis!

    ich kann weder spanisch noch baskisch – war ein so genannter fehler des ersten blicks.
    aber immerhin wird baskisch in spanien gesprochen, wo ja bekanntlich spanisch die amtssprache ist. ein wenig hat es also doch miteinander zu tun, wenn auch vielleicht nicht linguistisch (wobei ich das schon annehme…)

    danke – jakob

  3. Mark says:

    Jakob…Jakob,

    ein schönes Review im gewohnten Stil.

    Der letzte Absatz allerdings bringt einen dann schon zum kochen:

    „Es fehlte das Gefühl, dass es der Band ernst ist mit ihrer Musik und den dahinter stehenden Ideen. In der Live Music Hall glich es eher dem Befriedigen der Fanbedürfnisse und einem abspulen des oft geprobten Programms. Ehrliche Energie und Zorn waren nicht einmal annähernd zu spüren.

    Besonders der erste Teil des Gesagten stößt mir übel auf. Auch ich bin ein Fan der ersten Stunde und damt meine ich nicht erst das erste Auftreten der Band in Deutschland. Ich will und kann nicht beurteilen in wie weit du dich mit der Band, den Inhalten ihrer Musik und ihrem Engagement (politisch wie auch darüberhinaus) befasst hast, aber die Grosskotzigkeit (entschuldigung) mit der du einige Sätze ‚raushaust, kann ich nicht verstehen.

    Und wenn du der Band eine Entwicklung (und diese hat allerhöchstens musikalisch stattgefunden, denn ploitisch sowie im Kampf für Umwelt und Tierrechte sind die Jungs besonders in den USA so aktiv wie nie) am liebsten „verbieten“ willst, frage ich mich doch warum du ihre Konzerte überhaupt noch besuchst. Es zwingt dich doch niemand eine Band zu unterstützen, deren Entwicklung/Veränderung du nicht für gut heißen kannst.

    Wenn dir die Show nicht gefallen hat, ist das eine Sache. Wenn du jedoch in einer Art Kritik äusserst, die wirklich herablassend wirkt, finde ich das der Band gegenüber sehr ungerecht bzw. respektlos.

    Beste Grüsse,
    Mark

  4. Jakob says:

    Hallo Mark.
    Vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar. Schön, dass auch jemand längere Reviews liest :)

    Nun zur Kritik. Eigentlich kann ich das in einem Satz abhaken.
    “Es fehlte das Gefühl, dass es der Band ernst ist mit ihrer Musik und den dahinter stehenden Ideen. In der Live Music Hall glich es eher dem Befriedigen der Fanbedürfnisse und einem abspulen des oft geprobten Programms. Ehrliche Energie und Zorn waren nicht einmal annähernd zu spüren.“
    In dem Abschnitt schildere ich meine Gefühle (vgl. viertes Wort) und diese sind subjektiv, logo. Von daher hat das nichts mit Respektlosigkeit gegenüber der Band zu tun, nichts liegt mir ferner. Allerdings wollte ich beschreiben, was mir bei dem Konzert fehlte. Die Energie Rise Againsts, die ich auf ihrer ersten Euro-Tour mitbekam, war diesmal leider nicht wahrzunehmen. Vielleicht (und mit Sicherheit sogar) liegts daran, dass ich damals jünger war, vielleicht aber auch tatsächlich daran, dass die Band an Härte und Direktheit, Wut und Aggression eingebüst hat – zu Gunsten eines Sounds, der mehr Menschen anspricht. Da steckt kein Vorwurf drin, das ist eine Beobachtung.
    So, jetzt sinds doch n paar mehr Sätze geworden. Ich hoffe du verstehst jetzt, was ich mit dem Paragraph ausdrücken wollte.
    Dankeschön fürs lesen, bis zum nächsten Mal. jakob *mainstage*

  5. eta says:

    also baskisch wird nicht in spanien gesprochen, sondern im baskenland und das liegt im nordosten spaniens und im nordwestlichen teil frankreichs.
    baskisch ist eine komplett eigenständige sprache, die in keinster weise verwandt ist mit dem spanischen. eine sprache von der man bis heute nicht weiß wellchen urspung sie hat. und auch eine sprache die im faschistischen spanien unter franco verboten wurde.

    das die musik von berri txarrak uninspiriert sein soll ist für mich nicht nachvollziehbar. das was berri txarrak abliefern habe ich jedenfalls noch nie gehört. dieser mix ist einzigartig. oder nenn mir eine band die so klingt?
    berri txarrak haben es auf den rise against shows auch geschafft eine menge leute für sich zu gewinnen. wohl gemerkt eine für 99 % komplett unbekannte band, die noch nicht einmal auf englisch singt und in keinster wiese eingängige popsongs schreibt. ob es die, lieber jakob, persönlich gefällt, ist eine sache, aber man sollte schon anerkennen, wenn eine unbekannte band es schafft sich ein pupblikum zu erspielen. und das haben berri txarrak auf jeden fall!!!!

    wer mehr wissen will:
    http://www.berritxarrak.net
    http://www.myspace.com/berritxarrak

  6. Yoshi says:

    Der letzte Song war „Six Ways Till Sunday“ und nicht „Give It all“

    PAsst auch besser zu der Ansage ;)

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