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SOULFLY-Power in Wiesbaden

Dass der Name Max Cavalera ein Gütesiegel für arschtretenden, aufregenden und grenzenlosen Metal steht, ist seit über einem Jahrzehnt hingänglich bekannt. Dass der Thrash-Guru mit seiner Band Soulfly auch ein Garant für durchnässte Shirts, blaue Flecken, geschundene Stimmbänder und exotische Momente ist, wissen all die Glücklichen, die Soulfly schon mal live und in Action erlebt haben. Das erste Mal sah ich Soulfly bei ihrem quasi-Heimspiel in Lissabon zu ihrer Tour zum Album „3“. Dieser Abend hat meinem Urlaub damals die Krone aufgesetzt – was für ein Moshpit, was für ein Live-Set!
Trotzdem war ich ein wenig zögerlich, ob sich die zweieinhalbstündige Fahrt nach Wiesbaden zum Schlachthof lohnen würde. Schließlich waren bis ein paar Tage vor dem Gig die Supportbands noch immer nicht bestätigt. Egal, Soulfly sind Soulfly, wenn auch mit komplett ausgwechselter Mannschaft im Vergleich zur Show in Lisabon. Also, ab nach Wiesbaden …und sich von den Vorbands überraschen lassen.
Überrascht war ich dann auch wirklich als ich beim Betreten des Schlachthofes auf der Bühne drei Weiße und einen Schwarzen, mit langen Dreads und einer roten Gitarre behangenen Sänger sah, der plötzlich ganz lässig zur Posaune griff und fette Jamaika-Töne bließ. Alles klar, Max hatte seine Freunde von Eyesburn mit auf Europatour genommen. Besitzer des neuen Soulfly-Albums „Prophecy“ kannten die aus Serbien stammende Band schon von der Koleboration für den Reggea-Meets-Metal-Bastard namens „Moses“. Ähnlich wie auf jenem Hit spielten Eyesburn auch bei ihren eigenen Tracks einen vorzüglichen Mix aus Ska-Riddims, Reggae-Flows, stilechten Bläsereinsätzen und Crossover-Jump-Around-Riffs gepaart mit kurzen, knackigen Shouts des exotischen Sängers Coyot. Bei diesem hätte man nicht nur wegen der äußerlichen Erscheinung, sondern auch wegen seiner fluffigen Dance-Hall-Schritte seinen Arsch verwetten könne, dass dieser Mann garantiert nicht aus Serbien kommt. Anyway, Eyesburn zeigten sich zu jeder Sekunde spielfreudig, sympathisch und vor allem dankbar hinsichtlich der Chance mit Soulfly touren zu dürfen und der durchweg positiven Publikumsresonanz. Auch wenn der Schlachthof noch längst nicht gefüllt war, den Anwesenden machte der Eyesburn-Cocktail sichtlich Spaß. Eine originelle Band, von der man hoffentlich bald noch mehr hört.
Als zweiter Act kam dann eine Hamburger Formation mit dem unsäglichen Namen Mad Doggin’ auf die Bühne. Wer es diesen untalentierten Kindern erlaubt hat, mit auf Tour zu gehen, ist mir bis heute ein Rätsel. Die vier „wilden“ Jungs verzapften allerbilligsten NöMetal, der aus dem Jugendzentrum nie hätte entweichen dürfen. Man nehme einen Scooter-Verschnitt mit einer Korn-Signiature-Gitarre als „Gitarristen“, ultra-miese-langweilige-nichts-Könner-Riffs, einen Schlagzeuger, der noch nicht mal den Takt halten kann, dazu sinnlose Breaks und nichtvorhandene Übergänge, einen Bassisten, der mehr mit seinen Dreadlocks spielt als mit seinem Instrument und zur Krönung einen mega-assigen Frontmann, der nicht rappen, nicht singen und noch nicht einmal ordentlich brüllen kann, ständig mit dem Fuck-You-Finger rumfuchtelt (ja, Mann, du mich auch) und fertig ist der beschissenste NuMetal, der (un)möglich ist. Ich kam aus dem Kopfschütteln gar nicht mehr raus, erst recht bei Ansagen wie „Wiesbaden, habt ihr auch schon harte Nippel?“. Megapeinlich!
Die kleine „Horrorshow“ hatte dennoch den positiven Nebeneffekt, dass man sich umso mehr auf Soulfly freute, die jegliche Wut auf Mad Doggin’ an die Wand blasen würden. Als es dann nach langer Wartezeit zum finalen Act kommen sollte, war der Schlachthof auch schon pralle gefüllt, die Atmosphäre gespannt. Ex-Ill-Nino-Klampfer Marc Rizzo kam als erster auf die Bühne, um mit dem Sirenenintro den fetten Opener des neuen Albums „Prophecy“ anzustimmen. Als der Rest der Mannschaft inklusive Herrn Cavalera auf die Bühne kam war es um die Fans geschehen. Soulfly verwandelten die Halle von Beginn an in einen kochenden Hexenkessel und konnten dieses Energielevel bis zum Schluss durchhalten. Es wurde gemosht und mitgesungen, ohne dass Max viel sagen musste. Dieser Mann hat einfach Ausstrahlung, eine mächtige Aura und das Gespür für knallige Thrasher, und das obwohl der leicht graue Bart sein nicht mehr ganz so jugendliches Alter verrät. Manche mögen sagen, dass nur brüllen und ein paar mal mit den dicken Rastas schütteln zu wenig ist, aber wenn die Musik drückt und in Bein und Haupt geht, kann man einfach nicht meckern. Zumal sich seine Nebenmannschafft superfit zeigte und für die nötige frische sorgte. Drummer Joe Nunez hämmerte schnell und wuchtig auf seine Felle, Bassist Bobby Burns bestach mit schicker Taxi-Driver-Frisur und Dauergrinser Marc Rizzo ist eh ein Goldjunge – zugegeben mit einer kleinen Macke (dieser Rucksack…). Sein flirrendes Tapping-Solo in „Execution Style“ und seine Flamenco-Performance in „Mars“ (mit doppelhalsiger Gitarre, aber leider mit schlechtem Sound) sind einfach allererste Sahne. Hoffentlich trägt Marc beim nächsten Album noch mehr zum Songwriting bei. Auch ältere Soulfly-Knüppel wie „Bring It“, „Seek & Strike“ oder „Tribe“ (original mit Berimbau-Intro) machten mächtig Stress im Publikum. Rhythmus pur, tribale Metalkost vom Feinsten, Mitbrüll-Refrains en Masse. Wer Stammeshäuptling Max während seinen goldenen Sepultura-Jahren liebgewonnen hatte, wurde an diesem Abend so richtig verwöhnt. Gleich fünf (!) Sep-Smasher teilten Schläge der teilweise richtig alten Schule aus: „Roots“, „Refuse/Resist“, „Innerself“, „Troops Of Doom“ und „Mass Hypnosis“ riefen zu heftigsten Moshpits auf. Und mit „Sum Of Your Achievements“ hatte man sogar ein Nailbomb-Stück im Gepäck. Sehr geil!
Nach einer begeisternden percussiven World-Music-Jamsession enterten dann wie erwartet die Jungs von Eyesburn nochmals die Bühne, um die Kolab „Moses“ zu einem der Highlights des Abends werden zu lassen. Musik ohne Grenzen nennt man das wohl. Danach gab es mit „Back To The Primitive“ und „Eye For An Eye“ (Max mit Eintracht Frankfurt Trikot – buh ;-) ) noch eine hammerharte Zugabe, der die letzten Tropfen Flüssigkeit aus dem Körper presste. 90 Minuten bestehend aus schweisstreibenden Thrash und weltmusikalischem Flair, präsentiert von einem alten, charismatischen Frontmann und jungen, hungrigen Mitmusikern, die zusammen fast ausnahmslos glückliche Gesichter hinterließen. Der weite Weg hat sich also gelohnt. Und wie es scheint, wird Max Cavalera noch mindestens drei Alben aufnehmen und noch 500 Konzerte spielen. Bis zum nächsten Mal, würde ich sagen.

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href=“https://mainstage.de/mainstage/php/global/v4_index.php?page=reviewdetail&id=887 „target=“_blank“>Rezension zu „Prophecy“ von Soulfly</a>

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href=“ https://mainstage.de/mainstage/php/global/v4_index.php?page=reviewdetail&id=209″target=“_blank“>Rezension zu „3“ von Soulfly</a>

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href=“https://mainstage.de/mainstage/php/global/v4_index.php?page=reviewdetail&id=1024 „target=“_blank“>Rezension zu „F.O.A.D.“ von Mad Doggin’</a>

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