Ach! … wie schön!
Gut Ding will ja bekanntlich Weile haben. So auch im Falle van Thom, Sven van Thom. Ganze drei Jahre vergingen, seitdem das Debüt-Album „Phantomschmerz“ das Licht der Welt erblickte.
„Ach!“ – eine schöne Aneinanderreihung von lebhaften Kurzgeschichten des Anzugträgers aus der Hauptstadt, eingebettet in hübsche musikalische Stücke. Roter Faden ist wohl unumstritten das Thema ‚Erinnerung‘. Egal ob sarkastisch oder nachdenklich – „Ach!“, die Mischung macht’s eben.
“Und irgendwann werden wir uns einmal fragen: ‚Erinnerst du dich noch, wie schön es war?’”, heißt es im Refrain des Openers „Irgendwann“. Na nu, ein Nostalgie-Kracher als Opener? Kann man machen, denn bei genauerer Betrachtung der Strophen wird sich wohl Jeder angesprochen fühlen. Es geht um gute Momente, die im Augenblick des Geschehens einfach passieren und bei denen man erst später feststellt, wie wertvoll sie waren. Egal, ob Erlebnisse an scheinbar sorglosen Sommertagen oder das reine Gefühl von Freiheit zusammen mit Freunden. Man denkt einen kurzen Moment zurück an vergangene Zeiten und will weiter hören. Und das lohnt sich durchaus.
Mit „Erinnern Zu Vergessen“ und „Ihr Vater Ist Ein Nazi“ hat auch diese Platte wieder ein beachtliches Ohrwurm-Potential. „Ich ruf nur an um dich daran zu erinnern, mich zu vergessen“ zaubert ein Lächeln ins Gesicht, da man sich wohl automatisch ausmalt, wie es wäre, dies wirklich einmal zu tun. Und auch die Schwiegereltern-Problematik wird aufgegriffen: „Ihr Vater ist ein Nazi doch er mag mich, ich fühl‘ mich damit etwas unbehaglich…“ zeigt auf sarkastische Art und Weise und mit witzigen Reimen, wie man sein Unwohlsein bei Familienfesten gekonnt überspielen kann.
Der Song „Ach Liebe“ regt zum Fußwippen an, spricht mit Zitaten wie „Ach Liebe, wie du wirklich tickst soll einer mal verstehen“ mit Sicherheit jedem Hörer irgendwie aus der Seele und regt zum Nachdenken an.
Egal ob „Polen (Spreewaldwalzer)“ oder „Scheiß Silvester“ – beide Songs rufen automatisch Lachfalten in die Gesichter der Hörerschaft. „Scheiß Silvester“ aka. das Lied über den schlimmsten Tag des Jahres spricht dabei auf eine wahrhaft direkte Art und Weise wohl Einigen aus der Seele: „Der Advent steht vor der Tür und schon fragen die Stresser: Was machsten zu Silvester?“ – Viel Lärm um nichts, denn Silvester wird jedes Jahr wieder überbewertet. Wie wahr, Herr van Thom.
„Wir Zwei Kommen Nie Zusammen“ – das Duett mit Selda Kaya berührt und spiegelt nocheinmal die melancholische Stimmung des Albums wieder. „Wie zwei Bäume an der Straße, die sich gegenüber stehen. Unfähig auf einander zu zu gehen. Du das Oben, ich das Unten. Du ganz hinten, ich ganz vorn. So weit entfernt wie Harmonie und Zorn.“ – Das kitzelt Gänsehaut hervor, die wohl Beweis genug ist, dass Liebeslieder wie dieses immernoch eine wunderbare Möglichkeit sind, Gedanken zum Ausdruck zu bringen. Zückt die Taschentücher gegen gescheiterte oder nie erwiderte Gefühle: Das Thema Liebe ist nach wie vor ein großer Teil der van Thom-Songs. Er besitzt dabei das großartige Talent, in einer einmaligen Art & Weise über unerfüllte Wünsche und Träume zu singen.
„Deine Party Ist Nicht Schön“ – Der Kracher mit dem Elektro-Beat am Ende der Platte stellt die Ausnahme der sonst ausgewogenen Songs dar – ähnlich wie „Jaqueline“ auf der Vorgängerscheibe.
Wer also Sven van Thom’s Debüt „Phantomschmerz“ mochte, wird ganz sicher auch „Ach!“ schnell in sein Herz schließen. Die Mischung aus Folk / Country / Pop in Verbindung mit dem Singer/Songwriter-Charakter besticht auch diesmal durch handgemachten Sound und die melancholisch lustigen Texte. Man könnte wohl viel mehr über „Ach!“ schreiben, aber wie sagte Frank Zappa einmal: „Über Musik zu reden ist wie über Architektur zu tanzen“. Also beweist eurem Plattenhändler mal wieder guten Musikgeschmack ohne viel zu schnacken.
Sven Van Thom – „Ach!“ am 24. Feburar 2012 bei Roof Music erschienen