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Teitur – The Singer

CoverGotland ist eine schwedische Provinz und die zweitgrößte Insel der Ostsee. Auf Gotland befindet sich die Villa Kunterbunt, denn alle Pippi Langstrumpf-Filme wurden auf der Insel gedreht. Und irgendwo auf dieser Insel aus teilweise bizarren Kalksteinformationen befindet sich das Anwesen einer schwedischen Prinzessin aus dem 19. Jahrhundert, welches heute als Sommerhotel genutzt wird. Geführt von der Schwiegermutter eines gewissen Teitur Lassen. Und eben jener färöischer Musiker versammelte im Oktober 2007 an diesem Ort befreundete Musiker um sich, um im Konzertsaal des Gebäudes sein neues Album „The Singer“ einzuspielen. Zu dieser Jahreszeit, wenn alle Hotelgäste abgereist und der Herbstwind die Herrschaft über das Meer hat, ist dies ein ruhiger und verlassener Ort. Und genau das suchte Teitur auch, er wollte nach eigenen Angaben an einen Ort, „der uns alle inspirieren würde“. Einen Eindruck darüber verschafft der folgende kleine Film von Kristian Sønderby.

Und so nahm man während dieser Zeit Chor, ein Bläserquintett, Trommeln und Pauken und all die anderen Instrumente auf, ohne dass die Musiker wussten, wie sich das fertige Werk später anhören würde. Diese üppige Instrumentierung ist selten für eine Singer/Songwriter-Platte, aber Teitur sagt dazu:

Usually the result for a songwriter is average at best – a sketch of what music it may have become – mostly within the limitations of an acoustic guitar. If you want to create something musically ambitious, you need to stand under a high ceiling and know where you are and what you want. You must listen and wait, break rules, let go and make choices on the way. Or else you are not making music at all.

Und so scheint es, als hätte man sich an diesem Album endlich das verwirklicht, was ansonsten immer nur hinter der Musik Teiturs zu erahnen war.

Aber die Arbeit am Album begann schon lange vor der Zeit auf Gotland. Die Songs entstanden über einen Zeitraum von bis zu sieben Jahren hinweg. Dann wandte sich Teitur an Tróndur Bogason, einen Komponisten und Arrangeur von den Färöer Inseln. Über den Teitur sagt:

I knew that he would be able to help me slow down the music and make it more spacious and theatrical. Over a period of three months we made choices together about what direction to take each song and which instruments and colours would be required for each individual story. We listened to the lyrics and melodies already there. For these first three months we used only piano, pen and paper, and lots of cigarettes. It was an entertaining process, to hear what the music told us, to wait in the pauses and tell these stories with music like each of them was a journey.

Und dies ist genau der Punkt, wo sich „The Singer“ deutlich von den Vorgängeralben unterscheidet. Die Lieder sind nicht nur länger als gewohnt, sondern auch gehaltvoller. Man lässt der Musik viel mehr Platz, es wurde ein wohl durchdachtes Gerüst um die Texte aufgebaut, dass nichts verdeckt, sondern nur verstärkt und erweitert. Die Musik ist Hülle und Medium zugleich. Sie versteht es, gerade auch durch minimalistischen und zurückhaltenden Einsatz, die Geschichten weiter zu erzählen und große, weite Landschaften mit enormer Farbvielfalt aufzubauen. Vielleicht so ähnlich wie Gotland im Sommer aussehen muss. Teitur selbst spricht von einer „sehr natürlichen, irgendwie nordisch klingende Platte.“ Dieser Charakterzug bedeutet auch, dass die Musik nicht mehr so eingängig ist wie beispielsweise auf „Stay Under The Stars“. Dieses Album verlangt auch vom Hörer eine gewisse Ruhe und Beachtung.

Und so lohnt es sich, bei jedem Lied ganz genau hinzuhören. Denn die ganze Vielfalt entdeckt man erst beim mehrmaligen, aufmerksamen Hören des Albums.

Das Album gleicht nach eigenen Angaben des Künstlers „einem Musical oder einer Sammlung von Kurzgeschichten“. Letzteres trifft es wohl am besten. Denn Teitur erzählt Geschichten in all seinen Liedern, überlässt deren Interpretation wohlwissend immer dem Hörer. So erzählt er von zwei jungen Männern, die versehentlichen einen Mann erschießen, der seinen Hund im Nebel spazieren führt (Guilt By Association). Eine Geschichte, von der er als Kind hörte und die er immer im Hinterkopf hatte. Oder von seiner Begegnung mit dem Musiker Whitley, man trank in einem moderigen Hotelflur zusammen Bier, bevor dieser 2005 an Lungenkrebs starb (Legendary Afterparty). Oder einfach nur eine Huldigung an Catherine The Waitress. Ohne jeden Kitsch, denn den weiß Teitur noch immer geschickt zu meiden. Und so erzählt jeder der 11 Songs eine Geschichte und nimmt den Hörer mit auf eine Reise. Und dank der ausgefeilten Komposition ist diese weitläufiger, als man das bisher von Teitur kannte. Jeder Ton und jede Pause eröffnet einen neuen Pfad, auf dem die Tour fortgesetzt wird. Und so beweist Teitur mit diesem Album, dass er weit mehr ist als nur der Sänger, von dem es in The Singer heißt:

I always had the voice and now I am a singer. The audience grows silent
when I open up my mouth. I sing the words I’ve written every night before a crowd.

Denn Teitur weiß nicht nur seine Stimme, sondern auch die Musik ganz gezielt und dosiert einzusetzen, was er spätestens mit diesem Album eindrucksvoll unter Beweis stellen kann.

The Singer erscheint in Deutschland am 21.03.08.

Teitur wird Ende März/Anfang April in Deutschland auf Tour sein. Genaue Termine gibt es hier.

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