Zuverlässig wie ein schweizer Uhrwerk veröffentlichen The Black Keys seit nunmehr 2004 im Zwei-Jahres-Rhythmus einen neuen Langspieler. Insgesamt ist es mittlerweile das sechste Album binnen der vergangenen acht Jahre. Konzeptionell hat sich seither kaum Nennenswertes verändert. Das Duo aus Akron, Ohio manövriert gewohnt gekonnt durch die sumpfigsten Blueslandschaften, gönnt sich ab und an einen Schuss Soul. Kratzige Gitarren kombiniert mit dem Wehklagen in der Stimme und beharrlich stampfendem Schlagzeug. So schwelgt „Brothers“ dahin- eine einsame Nacht in der Wüste.
Es bedarf nicht vielmehr als einer gewissen Emotionalität. Es bedarf nicht vielmehr als einer sich ausbreitenden Melodie. Es bedarf nicht vielmehr als eines zuverlässig vibrierenden Rhythmus. Die sich anschmiegende Stimme säuselt süß Versprechungen ins Ohr, die einer gewissen Utopie gleich kommen und dennoch aufrichtig erscheinen. „Let me be your everlasting light/The sun when there is none/I’m a sheperd for you/And I’ll guide you through.“ („Everlasting Light“)
Und genau das entspricht der Musik von Dan Auerbach und Patrick Carney. Zwei aufrichtige und zugleich melancholische Träumer, die eine organische Klangwelt erschaffen und diese mit verbalen Sehnsüchten und Eingeständnissen versehen. „My next girl/Will be nothing like my ex girl/I made mistakes back then/I’ll never do it again.“(„Next Girl“) Während Auerbach leidenschaftlich erzählt, liefert Carney das rhythmische Fundament für dessen prägnante Zeilen. Und so klagt der Sänger einerseits unsicher, fast ohnmächtig:“It’s all I do/Is baby dream of you/I’m falling down/When you’re around“ („The Only One“), andererseits fast selbstgefällig:“Your mother’s words/They’re ringing still/But your mama don’t/Pay our bills/That’s me/The boy with the broken halo.“(„Sinister Kid“) Eine Illustration der Gefühlswelt, die anscheinend nicht den Anspruch verfolgt schöngeistig zu erscheinen und dennoch einen speziellen, authentischen Schöngeist aufweist.
Herzergreifend wie Auerbach seine Gefühlswelten offenlegt, als säße er einem gerade in den frühen Morgenstunden an der Bar zur Seite. Ein Hoch auf das Außenseitertum. Ein Hoch auf das Arrangement mit dem Außenseitertum. Sanft durchziehen Synthesizer die stoisch trabenden Rösser von Gitarre und Schlagzeug. Eine Frauenstimme setzt zart ein und ist ebenso schnell verhallt. Ein Glockenspiel erklingt und bereichert die Musik des Duos um eine weitere Nuance, ohne dabei zu überladen. Letztendlich schrecken The Black Keys nicht davor zurück, das Tempo zu entschärfen, ohne es dabei künstlich zu verschleppen. Es bedarf nicht immer einer pumpenden Gitarrenlinie. „Wasted times and broken dreams/Violent colors so obscene/It’s all I see these days.“(„These Days“) Der Klang ist echt. Gelegentlich verwaschen, gelegentlich glasklar. Oh yeah? Wie dem auch sei.
„Brothers“ vermag es in den Bann zu ziehen, jedoch keinesfalls negativ oder gar zwanghaft. Es verleitet dazu teilhaben zu wollen, an dem, was Carney und Auerbach erzählen. Nicht der Verstand ist schlussendlich ausschlaggebend, sondern das Herz. Frei von Äußerlichkeiten:“The look of the cake/It ain’t always the taste/My ex girl she had/Such a beautiful face.“(„Next Girl“) Die Musik legt beeindruckend Zeugnis über die Verbindung der zwei Charactere ab- Brüder im Geiste?
Die nächste lange, einsame, gedankendurchzogene Nacht wird kommen und The Black Keys vermögen es, bis zum Morgengrauen treu zu begleiten.
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„Brothers“ erschien am 17. Mai 2010 bei Cooperative Music.