The Black Keys vermögen wohl selbst am wenigsten einzuordnen, was da alles im Laufe des vergangenen Jahres 2010 auf sie einprasselte. Als Geheimtipp hoch gehandelt, aber von der großen Musikindustrie nie so wirklich für voll genommen, schaffte das Garage-Rock-Duo aus dem Norden der Vereinigten Staaten, nach nahezu 10-jähriger Existenz, den Durchbruch. Im Fokus der Öffentlichkeit schieben Dan Auerbach und Patrick Carney nun ihren jüngsten, siebten Langspieler „El Camino“ nach und brechen dafür mit einer lang gehegten Tradition. Getreu des Mottos: Man muss das Eisen schmieden, so lange es heiß ist.
Denn angesagt sind die Musiker aus Akron, Ohio momentan wie nie zuvor. Mit ihrem Album „Brothers“ gelang dem Duo, was bis dato wenig wahrscheinlich schien: Der kommerzielle Durchbruch. 900 000 verkaufte Exemplare, allein in Nordamerika, verhalfen zu Chartplatzierungen und zwei Grammys. Die Tour wurde zum Triumphzug- zumindest in den Vereinigten Staaten und Großbritannien. Anschließend fehlte offensichtlich die Puste, um auch dem deutschen Publikum gerecht zu werden. So zu lesen in einer Mitteilung der Band, die zwei Wochen vor den vier Konzert-Terminen in der Bundesrepublik eiligst publiziert wurde. Ganz nebenbei: Es war nicht die erste Absage. Im kommenden Frühjahr soll allerdings auch das europäische Festland bedient werden. Dann wirklich, denn die Größe der Hallen, in denen Dan Auerbach und Patrick Carney samt Unterstützung auftreten sollen, wächst stetig. Vorbei die Zeiten des Umhertingelns im eigenen Van.
Und nicht nur die Art zu reisen hat sich signifikant gewandelt, auch der Klang des Duos hat sich merklich verändert. Die Lieder auf „El Camino“ sind aufwendiger instrumentiert. Nicht pompös, aber für die Verhältnisse des nord-amerikansichen Duos fast schon orchestral. Overdubs sind die Regel und nicht die Ausnahme. Ganz im Gegenteil zu den damaligen Zeiten des Anfangs, als die beiden Musiker live in Auerbachs Waschküche aufnahmen. Spätestens seit dem im vergangenen Jahr erschienenen Album „Brothers“, gehören diese Methoden offensichtlich der Vergangenheit an, was wenig verwundert, da das Duo mittlerweile bei Warner Music unter Vertrag steht.
Es gilt anscheinend nicht nur den Umstand der Massentauglichkeit zu erfüllen, sondern auch einen Arbeitgeber zu befrieden, dessen Potenz der eines Gewichthebers im musikalischen Zirkus entspricht. Kurz um: Ein Konzept-Album muss her. Die Umsetzung genau dieses Vorhaben ist The Black Keys auch auf beeindruckende Art und Weise gelungen. 11 Songs, irgendwo zwischen Pop, Rock und Blues sind entstanden, die rhythmisch, melodisch und animierend daher kommen. Schon der Auftakt „Lonely Boy“ verheißt, in welche Richtung Auerbach und Carney die Reise des Langspielers lenken werden. Geschmeidige Gitarren, treibendes Schlagzeug und melodiöse Keyboards. All das perfekt ineinandergefügt und außerdem von Auerbach mit seiner markanten Stimme getopt- fertig ist die Hit-Single. Sicher wird es nicht die einzige Auskopplung bleiben, die hoch in die Charts einsteigt, denn auf „El Camino“ findet sich so manch wohlarrangiertes Stück. „Sister“ etwa, oder „Run Right Back“, vielleicht auch „Money Maker“. Alle samt goovy, alle samt zum Mitsingen und -tanzen geeignet. Catchy, wenn man es anhand dieses Anglizismus ausdrücken möchte.
Der Band ist es gelungen, ein Album zu schmieden, das eine unglaubliche Stringenz aufweist. 11 Songs, ein Stil. Wasserdicht sozusagen und dennoch höchstgradig unbefriedigend. Was ist aus den „alten“ The Black Keys geworden? Eine Band, die mit Kanten und Ecken soviel sympathischer daher kam, als deren gewissermaßen weichgespühlte Variante. Irgendwie klingt alles ein wenig nach Schema F und das zweifelsohne gut. Den Reiz des Aufmüpfigen, des Dagegen-Seins und vor allem ihre musikalische Integrität haben die zwei Jungs aus Akron indes preis gegeben. Die Extravaganz eines Kakophonien zelebrierenden Duos haben Carney und Auerbach ebenso eingebüßt. Hoffentlich nicht für immer.
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„El Camino“ ist seit dem 2. Dezember via nonesuch/Warner Music erhältlich.