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The Indelicates – Songs For Swinging Lovers

„Songs For Swingin‘ Lovers“ ist der Name des vierten Studio-Albums von Frank Sinatra. Im Auftrag artikulatorischer Korrektheit haben The Indelicates ihr zweites Album „Songs for Swinging Lovers“ getauft, und somit auch das von ‚Ol‘ Blue Eyes‘ so sorglos behandelte ‚g‘ im Auslaut bedacht. Mit knapp sieben Monaten Verspätung kommt das Album – in all seiner konsonantischen Vollständigkeit – nun auch in hiesige Plattenläden.

Betrachtet man allerdings das Cover des Nachfolgers zu „American Demo“, ist anzunehmen, dass es keine linguistische Zwangsstörung war, die Simon und Julia Indelicate dazu veranlasste, den Titel anzupassen. So zeigt das Booklet die beiden Briten am Strick baumelnd auf über einer Theater-Bühne; Ein morbider Sinn für Humor, welcher sich durch zahlreiche ihrer Songs hindurchzieht.

Das Album poltert mit dem düsteren ‚Europe‘ los, in welchem Julia Indelicate, mit der unterkühlten Stimme einer deutschen Varieté-Künstlerin der 20’er Jahre, die vermeintlichen Vorzüge des ‚Alten Kontinents‘ persifliert: „I am drunk on style and inherited class/I am queen at the bar I am kept for the farce“. Dazu treiben Klavier-Klänge, Drums und elektrische Gitarre.

Ein wenig erinnert das an die Dresden Dolls, die ihren Stil als ‚Brechtian Punk Cabaret‘ bezeichnen. Da verwundert es nicht, dass The Indelicates bereits mit Dresden Doll Amanda Palmer durch die Lande zogen. In Deutschland waren sie als Support für Art Brut unterwegs, deren Frontmann, Eddie Argos, seine neuen Lieblinge als „Unashamedly intelligent band with purpose and agenda“ bezeichnet – Sehr trefflich! Selten war Gesellschaftskritik mit so viel Intellekt und pessimistischer Schönheit gespickt. Ein Track wie „Flesh“ klingt wie ein zuckersüßer Indie-Song, während Julia auf lyrisch brachiale Weise mit einem von den Gagas dieser Welt propagierten Frauenbild aufräumt: „Hey girls let’s see if we can bring out the rapists in the new men“. Der Song zeigt zwei der großen Stärken der Band: Ein unglaubliches Gespür für Lyrics von beachtlicher Literarizität („Hey Doc can you take my skin and melt it into plastic?/Beauty isn’t truth, it’s just youth/And it’s adaptive and it’s elastic“) und Julia Indelicates wundervolle Stimme.

Doch auch die Lieder, die von Simons Stimme getragen werden, wie das reflektierende „Savages“, sind nicht minder bravourös gelungen. Auch wird hier der Bogen zum Album-Cover geschlagen: „And the dust settles sweetly on the songs that we sang/ We are savages you and I/ And we will hang, hang, hang“. Musikalisch zeigt sich das Album durchaus divers: Vom düsteren Cabaret in „Europe“ und „Be Afraid Of Your Parents“, zum Indie-Pop von „Flesh“ und „Jerusalem“, über 80’er-inspirierten Rock („Your Money“), bis hin zu „Sympathy For The Devil“ (Kein Stones-Cover!), welches den irischen Folk-Punk von The Pogues ins Gedächtnis ruft.

Weshalb es die LP erst jetzt nach Deutschland geschafft hat, ist fraglich, vor allem, wenn man bedenkt, dass sie in Berlin aufgenommen wurde. Zeit wurde es definitiv! „Songs for Swinging Lovers“ bietet 11 (+ Bonus Track) intelligente, kurzweilige und ausnahmslos gelungene Songs.

Und angesichts solcher Zeilen wie „You know exactly how clever sounds/ the soft consonants and rounded vowels“ scheint dann doch auch die Idee eines verdeckten linguistischen Bildungsauftrags nicht allzu abwegig. Wenn dieser allerdings so unglaublich gut klingt, lassen wir uns doch gern belehren.


The Indelicates – „Songs For Swinging Lovers“ erscheint am 10. Dezember 2010 über SnoWhite.

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