Thees Uhlmann ist seit neuestem solo – und doch keineswegs allein. Viele der Songs seines neuen Albums klingen nämlich nach Gemeinsamkeiten, gemeinsam Erlebtes, Gefühltes und Erkanntes. Und auch auf der Bühne steht Thees Uhlmann keinesfalls allein, sondern schart ein Quintett um sich. Gestern Abend gastierte die Band im Kassablanca in Jena – ein mitreißendes Konzert war das, ein lebensbejahnder Auftritt von Europas ältestem Newcomer (ok, das hat er gesagt) und seinen Spielkameraden.
„Zum Laichen und Sterben ziehen die Lachse den Fluss herauf“. Diese Zeile vergisst man nicht mehr, sobald man einmal das erste Thees-Uhlmann-Soloalbum gehört hat, steht sie doch auch symptomatisch für die Stimmung dieser Platte. Es ist ein Fanal für den Lauf des Lebens, immer irgendwie bergauf, doch stets mit der Ahnung einer höheren Bestimmung im Kopf.
Das Kassablanca ist an diesem Abend rappelvoll, das Gedränge ist groß für eine Band, die bisher live noch fast gar nicht in Erscheinung getreten ist. Aber klar, man weiß wer da kommt und es herrscht eine spürbare Vorfreude. Zunächst gehört die Bühne aber Imaginary Cities aus Kanada. Ihr gefälliger Gitarrenpop weiß aber so recht niemanden zu begeistern und die Formation erweist sich lediglich als unspektakulärer Sidekick.
Nach kurzer Pause hebt sich der samtrote Plüschvorgang und Thees Uhlmann stürmt in Jeansjacke auf die Bühne. Er ist einer von diesen Bandleadern, der kein Konzert beginnen kann ohne das Publikum begrüßt zu haben. Zusammen mit der entrückten Pianistin und Mundharmonika beginnt „Römer am Ende Roms“ – ein sanfter Einstieg, der am Ende durch die Band abgerundet wird. Der Sound ist druckvoll und präzise, das ist wichtig für Musik mit deutschen Texten. Tobias Felix Kuhn alias Monta ist übrigens der Gitarrist von Uhlmanns Band und sticht etwas heraus, denn er hat an den meisten Songs für das Album mitgeschrieben, was man auch auf der Bühne merkt.
Ach ja genau, die Texte. Sie sind irgendwie gegenständlich und persönlich, fast biographisch. Es geht viel um die Jugend der norddeutschen Tiefebene, „um’s Dorf“ wie Thees auch während des Konzerts nicht müde wird zu betonen: „Ich wurde hier geboren, zwischen Torf und Grog“ (aus: Lat: 53.7 Lon: 9.11667). Das ist Flachlandromantik allererster Kajüte. „Hier gibt es Kühe auf den Weiden und Atomkraftwerke, und Reden war noch nie unsere stärkste Stärke“. Man möchte das unter keinen Umstanden als verklärt bezeichnen, manchmal muss man sich solche Lieder eben gönnen und ist doch insgeheim für sie dankbar.
Natürlich wird das Album diesen Abend in Gänze dargeboten. Und tatsächlich: jeder einzelne Track scheint auch live aufzugehen, und das nicht nur, weil er mit reichlich Anekdotischem unterfüttert wird. Zweimal darf es dann sogar „& Jay-Z singt uns ein Lied“ sein – eigentlich eine Kollaboration mit Casper. Nach zwei Zugaben ist dann wirklich Schluss, obwohl es selbst Thees sichtlich schwer fällt, sich vom Publikum zu trennen. Wir sollen ihm eine SMS schreiben, wenn wir gut zuhause angekommen sind. Hach ja, in einer Welt voller posender Artbitches und Künstlerschweine braucht es solche Leute wie Thees Uhlmann. Das ist eine Erkenntnis des Abends – die andere ist, dass Thees Uhlmann auch ohne Tomte wirklich Spaß macht.
Die Tour ist noch nicht vorbei, folgende Termine warten noch auf euch:
22.10. Rostock, Mau Club
23.10. Magdeburg, Moritzhof
25.10. Köln, Live Music Hall
26.10. Bremen, Schlachthof
27.10. Lingen, Alter Schlachthof
28.10. Dortmund, FZW (VISIONS Westend)
29.10. Hamburg, Große Freiheit 36 (ausverkauft!)
30.10. Berlin, Postbahnhof