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Hans Unstern – Kratz Dich Raus

Hans Unstern. Ein Name, der anfänglich vielleicht nur den Berlinern geläufig war. Doch dann: Eine Split 7″ mit Ja, Panik. Und jetzt: Sein Debütalbum „Kratz Dich Raus“, das auf deren neugegründetem Label Nein, Gelassenheit erscheinen wird. Aufgenommen im Chez Chérie Studio. Es ist wohl langsam an der Zeit, sich mit dem Herren näher auseinanderzusetzen. Und wer das tut und dem Wahnsinn nicht abgeneigt ist, wird nicht enttäuscht werden.

Der Dunstkreis, aus dem Hans Unstern auftaucht, kommt nicht von ungefähr. Seine Musik ist dem Ideenreichtum einer Band wie Warren Suicide ähnlich und mit seinen Texten kann er problemlos mit den Wortzaubern eines Andreas Spechtl mithalten. Doch das Besondere ist die einzigartige Kombination von beidem.

Musikalisch lässt sich Hans Unstern auf vieles ein. Blechinstrumente, Glockenspiel, Piano, (Akustik- und E-) Gitarre, Schlagzeug und Mundharmonika bestimmen das Album ebenso wie eine Reihe analoger Parts. „Kratz Dich Raus“ beginnt mit rotierenden Störgeräuschen, die sich nach und nach in linearer Musik auflösen und das rhythmusgesteuerte Lied „Anglet“ einleiten. Dazu dichtet Hans Unstern vier Minuten lang einen verstörenden Satz an den nächsten und nachdem das Stück zu seinem Ende gefunden hat, weiß man nicht mehr, was er erzählt hat – Doch weiß trotzdem genau, was er damit gemeint hat. Auch noch hervorzuheben ist der Titel „Ein Coversong“. Auch wenn der Name diese Feststellung nicht unbedingt vermuten lässt – So etwas wie dies gab es noch nie. Das Lied beginnt in vollkommener Ruhe, bis erste Klaviertöne einsetzen. Dann fängt Hans Untern leise an, zu dichten. Die assoziative Aneinanderreihung von Worten und Sätzen erreicht ihr Maximum und das Lied beginnt, sich in sich selbst zu verlieren und bäumt sich auf. Plötzlich realisiert man, wie aus dem Hintergrund eine rückwärts abgespielte Gesangspur die derzeit laufende überholt und die Musik zum Schweigen bringt. Dieses bedrückende Gefühl wird mit dem Satz ‚Du hast nichts mehr zu melden‘ aufgelöst und das Gewühl aus Instrumenten setzt wieder ein. So etwas ist nur schwer zu beschreiben, das muss man gehört haben.

Das einzige Lied, was aus diesem Muster ausbricht, ist „Tief Unter Der Elbe“. Es mag nicht ganz zu den restlichen Songs der Platte passen, da die Kopflosigkeit fehlt und die Musik heile Welt vorgaukelt. Es ist zwar schön, zu wissen, dass Hans Unstern auch anders kann – Doch das wäre in einem anderen Kontext passender gewesen. Aber das ist tatsächlich der einzige Kritikpunkt an einem ansonsten rundum zu lobenden Debüt…

„Kratz Dich Raus“ ist kein Album für diejenigen, die den Frühling feiern und in ihrer Freude aufgehen wollen. Es wird auch den Optimisten unter uns nicht zusagen. Es ist vielmehr Musik für all die, die sich auf das Abenteuer Unstern einlassen wollen. Die kein Problem damit haben, wenn nicht jedes Wort Hand in Hand mit dem nächsten geht und die sich daran erfreuen können, wenn Musik über die Stränge schlägt. Für Zweifler, die gerne die Spielregeln neu erfinden. Punkt Punkt Komma Strich, fertig.


VÖ: „Kratz Dich Raus“ erscheint am 16.04.2010 auf Nein, Gelassenheit.

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