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Paul Weller – Studio 150

Wie neulich im adligen Rolling Stone Magazin zu lesen war, hat der gute alte Paul Weller im Moment sowas wie eine Schreibhemmung. Wo andere sich nun nach Goa flüchten und Sitar lernen oder wie ein paar richtig harte Männer einen Psychologen konsultieren, macht der Mann das einzig richtige: Er klemmt sich an anderer Leute Songs und bearbeitet sie für ein ganzes Album. 4 Wochen hat er sich dafür in Holland im Studio 150 eingeschlossen und so heisst die erste, nicht komplett selbstgeschriebene Platte vom in weiten Teilen der englischen Musiklandschaft als Inspirationsquelle verehrten Mann eben genau so: ?Studio 150?

Und so geschmackssicher wie seine Outfits ist auch die Auswahl an Covern geraten; nicht seine absoluten Lieblingsbands mit ihren Hits hat er für sich umgeschrieben, sondern sich grösstenteils an eher Unerwartetes gewagt. Aaron Nevilles ?Hercules? zum Beispiel, das so versoult wird, dass sogar noch ein ganzer Gospel-Chor im Studio untergebracht werden musste und auch ohne weiteres auf seinem ersten Solo-Album ?Paul Weller Movement? hätte zu finden sein können. Oder Neil Youngs ? ja genau der ? ?Birds?: Im Original ein liebliches Stück mit Mädchengesang, hier wird es mit einem pathentischen, aber nichtdestotrotz wesentlich zerbrechlicheren Arrangement versehen.
Ebenso wie Rose Royce? ?Wishing On A Star?, das konsequenterweise die Single-auskopplung ist. Es wurde daraus eine wunderschöne Ballade mit Harfen, Streichern und einer Menge Fragilität in der Stimme – und vielleicht sogar der Song nach dem er auf dem letzten Album Illumination gesucht hat
Neben Nummern wie Nolan Porters altem Northern Soul Dancefloor-Stomper ?If I Could Only Be Sure? ? also etwas, was er auch schon zu genüge bei The Jam oder Style Council zitiert oder gecovert hat ? finden sich hier gründlich umarrangierte Perlen wie Bacharachs ?Close To You?, welches er komplett vom Schmalz des Carpenters Hits befreit hat und es zu einem seiner Songs macht.
Und das kann man mit Fug und Recht vom ganzen Album sagen: Es sind zum grössten Teil seine Lieder geworden. Sie leben anders, bekommen eine ganz andere Drehung und atmen mit der Melancholie die Wellers Stimme schon immer Songs mitzugeben wusste. Soul ist der rote Faden der hier alles verbindet, der das Album bei den unterschiedlichen Songs zusammenhält.

Einzig und alleine ?All Along The Watchtower? ist ein kleiner Ausreisser, macht nicht wirklich viel her und holt nicht mehr heraus, als das Original schon besessen hat. Aber das macht dann auch nichts mehr: Dieses Album hat den Dreh den man bei den letzten Platten vermisst hat, sprüht nur vor neuerweckter Kreativität und ist ein würdiger Pflichtkauf dieses Monats …Und nebenher kann man noch die Schönheit einiger Songs entdecken, die man vielleicht früher links liegengelassen hat. Es lohnt sich also.

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