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The Libertines – selftitled

Ich muss gestehen, ich mag irgendwie das Britische in fast all seinen Ausprägungen: den Beat'N'Roll der
Sechziger mit den Kinks, den Yardbirds, den Beatles oder den allgegenwärtigen The Who, natürlich auch
den Neo-Sixties/Punkrock der Siebziger mit The Jam und die Clash sowieso. Ich wage mich manchmal sogar soweit hinaus, um
mich am grossmäuligem Ladtum der Oasis diebisch zu erfreuen und den Fussball da drüben finde ich eh viel sehenswerter,
als die spielerischen Eskapaden der Süd-Europäer.

Als vor 2 Jahren allenthalben von den Libertines zu lesen war und wen von den ganzen Protagonisten des urbritischen Punks sie
denn vom Stühlchen hauen würden, da nahm ich mir Zeit und hörte mich in 'Up The Bracket' rein.
Da doch schon der Förderer und Katalisator des Siebziger-Punks Geoff Travis das Debüt-Album auf seinem Rough Trade Label
herausbrachte und auch noch als Produzent Mick Jones mit im Boot war, schrieen damals viele:
"Jaaa, das ist es. Das sind die Punks der Neuzeit, das ist wie The Clash nur geiler!"
Und ich habe verwundert festgestellt, dass diese Platte lichte Momente hatte, Hits waren auch dabei und tanzen konnte man auch
ganz prima dazu. Nur, auf ganzer Albumlänge gewann das Werk nicht mehr so an Spannkraft, es entkräftete sich für mich
zumeist selbst nach ein paar Minuten.
Vieles hat sich danach ereignet… Die Drogen-Eskapaden und Streitigkeiten wurden per The Sun und NME soweit zertreten und verschrieben,
dass man glatt vergass über die Musik oder erst über die Band 'The Libertines' zu schreiben. Man hatte streckenweise den
Eindruck, dass man bei der schreibenden Zunft froh war endlich wieder (wie auch schon bei Kurt Cobain und etlichen anderen davor) an einem
Ewig-Verkanntes-Genie-Macht-Sich-Kaputt-Mythos stricken zu können.
Schade eigentlich, denn verdient hatten sie es definitiv nicht; dafür waren die Singles zu kraft- und die Hymnenhaftigkeit zu wertvoll.

Vor ein paar Tagen las ich dann ein Interview mit dem alten Style- und Geschmacksheroen Paul Weller, der die Libertines zu einer seiner
Lieblingsbands erklärte. Gut und schön, dachte ich, der Mann schreibt schliesslich immer noch gute Songs, dann hören wir mal rein in
das neue selbstbetitelte Album.

Ich haben dem Album wirklich einiges an Durchläufen gegeben und versucht das ganze Drumherum der Boulevard-Presse auszublenden bei
der Beschäftigung mit der Platte. Leider fällt gerade das nicht so ganz einfach: Die Thematik Drogensucht und die
Konsequenzen für die Band haben sich soweit in die Texte und der Musik geschlichen, dass man es gar nicht ausklammern kann.
Ich weiss, man sollte das niemandem zuum Vorwurf machen, aber man hört hier die Zefressenheit geradzu; die Songs an sich sind
sauberer als noch auf dem Debut-Album produziert und die Gitarre klingt jetzt, anstatt vor sich hinzunoelen sogar nahezu fett
– oder wie man das auch immer unpeinlich ausdrückt.
Allerdings hat man jedoch nahezu bei jedem Song den Eindruck, dass man da nicht so ganz bei der Sache war.
Man stolpert so irgendwie in die Songs rein, dann wird es in der Mitte sogar ganz heimelig und rockt vielleicht sogar und dann
kommt man holpernd zum Schluss. Es mag auch anziehend wirken, wenn man den Kopf fast an die Boxen pressen muss um
stellenweise den Gesang überhaupt zu hören, ich finde das nur nervig auf die Dauer.
Die Songs an sich sind alle insgesamt gesehen nicht so gestrickt, dass ich verhalten den Sender wechseln würde, aber es packt einen nicht
so recht, es ist nichts gross Zwingendes in den meisten Songs zu finden. Songs wie "Campaign Of Hate" z.B. ist so ein Track:
Klingt alles schön und richtig soweit, aber leider kommt es nicht richtig voran auf die gesamte Dauer und man hat den Eindruck das ganze schon
besser auf einem The Kinks Album im Schrank zu haben.
Ich weiss, die Kritiken überschlagen sich im Moment und nach allem, was die Libertines angeblich so ausmacht müsste ich bei meinen
eigenen Vorlieben vor Freude ganz aus dem Häuschen sein und das Tanzbein noch hier am Schreibtisch schwingen, aber es funktioniert
leider dann doch nicht.
Ich habe die Platte in den letzten Tagen wie eine Empfehlung des besten Freundes behandelt, der ansonsten immer mit tadellosem
Geschmack glänzen kann und mir mit der Rezension eine Menge Zeit gelassen, aber trotz aller Versuche, ich komme in dieses Album nicht
hinein. Es hat drei veritable Hits mit 'Can't Stand Me Now', 'The Last Post Of The Bungle" und "The Ha Ha Well" zu vermelden,
sogar eine traurig schöne Ballade ("Music When The Lights Go Out" in der es Klischeehafterweise sogar um Drogen, Freundschaft und
Selbstzerstörung geht), aber das war es dann für mich auch schon.
Es ist ein nettes Album geworden und vielleicht ist das schon mehr, als man nach den ganzen Streitereien und Mühen um das
Entstehen dieser Platte überhaupt erwarten kann.

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