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Thursday – War All The Time

Es gab in diesem Jahr kein anderes Album, auf das ich mich auch nur annähernd so gefreut habe wie auf “War All The Time” (Island Records), auch wenn diese Freude doch mit einigen Zweifeln durchsetzt war. Zweifel, ob Thursday es schaffen würden, die Qualität ihres letzten, phänomenalen Albums „Full Collapse“, das ihnen 2001 den Durchbruch bescherte, zu halten oder gar zu überbieten; Zweifel, ob der Wechsel von Victory zu einem Major-Label die Band in ein mainstreamfreundlicheres Korsett zwängen und wie schon bei Boy Sets Fire zu einer deutlichen Entschärfung der Musik führen würde.
Doch vom ersten Moment an, in dem dann „War All The Time“ letztendlich in meinem CD-Player läuft, sind alle diese Zweifel wie weggewischt. Schon der (bereits vor kurzem auf der Split LP mit Thrice veröffentlichte) Opener „For The Workforce, Drowning“ macht deutlich, dass das dritte Album der Jungs aus New Jersey alles ist, nur kein mainstream-geglätteter Neuaufguss von „Full Collapse“. Gegenüber seinem Vorgänger ist „War All The Time“ eine ganze Ecke dunkler, härter, komplexer und dabei noch atmosphärischer. Die Band pendelt kunstvoll zwischen düsteren Hardcore-Passagen voll agressiver Verzweiflung, poetisch-verträumten Melodien, klassischem Indie-Flair und ganz großem Epos. Dabei halten Thursday gekonnt das Gleichgewicht zwischen Härte und Verletzlichkeit. Auch wenn der Grundtenor auf „War All The Time“ rauher ist als noch auf dem letzten Album, weitet die Band ihr musikalisches Spektrum auch in andere Richtungen aus. Besonders deutlich wird dies bei dem beeindruckenden „This Song Brought To You By A Falling Bomb“, das lediglich von einem Klavier begleitet wird und bei dem großartig-epischen Titeltrack. Die unverwechselbare Stimme von Geoff Rickley schwebt fragil über den Songs, nur um im nächsten Moment in ein Gewitter aus Schreien auszubrechen, in denen so viel hilflose Wut liegt, dass es einem glatt die Hosen auszieht. Rickleys Texte sind so tief- wie abgründig und dabei immer äußerst intelligent.
Thursday ist es mit „War All The Time“ gelungen, die verschiedenen Elemente ihrer bisherigen Veröffentlichungen zu einem äußerst stimmigen Gesamtkunstwerk zusammenzuführen: Die Melancholie von „Waiting“, die melodische Feinfühligkeit von „Full Collapse“ und die Härte von „Jet Black New Year“. Das Ergebnis ist meiner Meinung nach ihr bisheriges Meisterwerk. Ein Album, das eine außergewöhnliche Sogkraft, einen großartigen atmosphärischen Spannungsbogen und eine sehr kreative Produktion aufweist und das sowohl Hardcore- als auch Indie- und Emo-Fans ansprechen dürfte. Eines ist zumindest spätestens mit „War All The Time“ klar: Thursday spielen in ihrer ganz eigenen Liga, in der es keine Vergleiche mit anderen sogenannten „Screamo-Bands“ mehr gibt. Thursday sind der Vergleich.

Das Album wird bei uns übrigens erst Ende des Jahres veröffentlicht, ist allerdings bereits über die üblichen Mailorder-Adressen erhältlich.

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