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Archive – Controlling Crowds

Inspiriert von einem Besuch in einem ehemaligen Kon- zentrationslager entstand das Thema zu Archives sechsten Album, dass sich in vier Akte und zwei Veröffentlichungen splittet. Die erste trägt den Namen Controlling Crowds und stellt die Frage nach unwiderruflicher Geschichte und Aktualität. Ein beinahe Meilenstein für diese Band, deren Köpfe Darius Keeler und Danny Griffiths eine entscheidende Erneuerung wagten.

Die Klangwelt einer Band wie Archive liegt in der klug inszenierten Weite
des Details. Man stelle sich vor: Man nehme den Hall eines einzigen Schrittes in einer leeren Fabrikhalle und Archive würde es gelingen auf der Grundlage des pochenden Echos die Geister stampfender Maschinen und pfeifender Kessel heraufzubeschwören, die diese Fabrik einst bewohnt haben mögen. Es sind Momente wie diese, die in den Hörern von Archive durch Klänge und Collagen die verschiedenstens Bilder und Gefühle hervorrufen. Dieses Gespür ist die gute Voraussetzungen, unter denen Archive absolut dazu in der Lage sind ein Album zum Thema Kontrolle von Massen zu schreiben und den Hörer in den Schraubstock aus Größenwahn, Paranoia und Endzeitstimmung zu klemmen. Und ähnlich packend beginnt der erste Akt von Controlling Crowds. Dichter Sound, viele Eindrücke, großartig in Szene gesetzte Lyriks und absolut fesselnde Songkonzepte. So genau auf den Punkt wirkten Archive selten, was in den Augen der beiden Musiker auch darauf zurückzuführen ist, dass jeder in der zum Septett angewachsene Band gleiches Mitspracherecht im Songwriting hatte und so ein regulativer Kreislauf aus Ideen, Konzepten und Ansichten die Entstehung von Controlling Crowds bestimmte. Im Kreis des neuen Bandgefüges steht auch ein Mann, den man noch aus Archive Anfangstagen kennt: Rap-MC Rosko John, der auf dem 1996 erschienen Debüt Londinium mitmischte. Man mag skeptisch die Augenbraue heben, doch Rosko erledigt einen guten Job im Zentrum des Albums, genauso wie das großangelegte Orchester und ein 32-köpfiger Chor. Der Verführung folgt das Chaos, dem widerum folgt die Verwirrung und die Endzeitstimmung. Schwarze Löcher im Inneren der Menschen schaffen ein Vakuum, das sie Waffen in den Taschen und Verzweiflung im Herzen tragen lässt und eines provozieren: Zusammenstöße und Zusammbrüche. Das sind die Bilder, die den Lyriks im Verbund mit der Musik im ersten und zweiten Akt von Controlling Crowds viel Gewicht geben. Dann jedoch verflacht das Album auf merkwürdige Art und Weise. Das Gefälle zwischen den Songs ist hörbar deutlich und sorgt für einen etwas unversöhnlichen Abschluss von Controlling Crowds. Der abschließende vierte Akt ist bereits fertig und wird erst im nächsten Jahr veröffentlicht. Archive scheinen sich die Hürde eines Doppelalbums lieber aufzusparen. Zu recht, wenn es schon bei drei Akten etwas hapert. Am Ende steht das Fazit, dass Archive wie eine verkannte, unberechenbare Maschine klingen, die ungewöhnliche Songs produziert und immer einen Sonderstatus einnehmen wird. Die Artworks zum Album hätte demnach treffender nicht sein können.

1 comments

  1. Juls says:

    Bei den ersten Hörgängen scheint das die Platte wirklich „etwas hapert“, doch mit der Zeit entfalten sich die Songs. Leider stören die Parts von Rosko John ein bißchen, aber das wird schon.

    Tourdaten:
    13.10.2009 Aschaffenburg – Colos Saal
    14.10.2009 Dresden – Alter Schlachthof
    18.10.2009 Hamburg – Uebel & Gefährlich
    19.10.2009 Berlin – Postbahnhof
    20.10.2009 München – Backstage
    23.10.2009 Köln – Gloria

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