Der heimliche Held eines jeden Tocotronic-Konzerts, Arne Zank, veröffentlichte im August diesen Jahres sein erstes Soloalbum „Love And Hate From A To Z„. Im Dezember und Januar präsentiert der Mann am Schlagzeug bei einen wenigen Konzerten seine Songs, die sich im Gegensatz zu frühen Kassettenrecorder-Krachaufnahmen zwischen gepflegten Ambient und Electro einpendeln.
Unterstützt wird er bei den Konzerten von Rick McPhail am Keyboard. Mit von der Partie war in Leipzig ebenso der ehemalige Sänger der Band Chokebore, Troy von Balthazar, dessen verträumt-verqueren Hymnen dem ein oder anderen noch von der Tour zum Album „Kapitulation“ in Erinnerung liegen mag. Da nämlich spielte der sympathische Musiker aus Hawaii im Vorprogramm. So auch in Leipzig, wo er den Lo-Fi-Charme des Konzertes komplettierte.
Kurz nach Mitternacht betrat Troy von Balthazar die Bühne des Indie-Schuppens Ilses Erika, die kleiner ist als das typisch deutsche Durchschnittswohnzimmer. Diesmal bot er, ohne seine Mitstreiterin Adeline Fargier, ein für ihn ungewöhnlich introvertiertes Set dar, das fast vollkommen auf elektronische Spielereien verzichtete. Sogar der verspielte Popsong „Magniefied“ wurde hier zum melancholischen Mantra verkehrt. Lediglich bei „I Block The Sunlight Out“ wurde die Gitarre niedergelegt und man bediente sich am Sample-Keyboard.
Dafür konnte das Publikum an diesem Abend einen Ausblick auf mögliche zukünftige Veröffentlichungen erhaschen, da neben Stücken vom Debütalbum der ein oder andere neue Song gespielt wurde. Höhepunkt blieb aber wohl der Moment als Troy einen „special song“ ankündigte, eine rosafarbene Häschenmaske aufsetzte und zum Playback aus dem Kassettenrekorder eine Minute lang ein kleinen Tanz einzulegte. Trotz allen ruhigen Tönen wurde spätestens jetzt klar: Ja, dieser Mann besitzt sie immer noch – die charmante Macke, die ihn und seine Auftritte so außergewöhnlich machen.
Zu fortgeschrittener Stunde enterten schließlich auch Arne Zank und Rick McPhail die Bühne. Nach letzten technischen Einstellungen seitens eines leicht nervösen Arne Zank, der sich mehr als einmal durch die Haare fuhr, ertönten die ersten elektronischen Klangflächen. Mit „Acteure Actricen“ und „Always Withe Me„, sicherlich einer der beiden Höhepunkte des Debütalbums, gelang es Arne das Publikum zu verzauben, selbst wenn dem Großteil seine Songs sicherlich noch unbekannt waren.
Überraschenderweise beantwortete sich dann ziemlich schnell die Frage, ob man auch zu alten Tocotronic-Songs greifen würde, um das Set aufzulockern als plötzlich „Ich mache meinen Frieden mit euch“ angestimmt wurde. Im Verlauf des Abends brachte Arne so ziemlich alle Tocotronic-Kracher, die seinerzeit auf frühen Alben von ihm eingespielt wurden. So entstand ein ziemlich ausgewogener Mix aus neuen und alten Stücken – sodass auch das Herz der Tocotronic-Hörer höher schlug. Nach einer guten Stunde und der Zugabe „Hauptsache ist“ ging ein zwar nicht überschwängliches, aber dennoch nettes Konzert zu Ende.
Die nächsten Stunden gehörten DJ Haircut. Interessant ist es schon, wenn im gehypten Indie-Club der Stadt schlechthin, der DJs des Abends, der bis dato gesichtslosen Einheitsbrei auftischte (am Höhepunkt der Tanzbereitschaft an diesem Abend spielte man „Bittersweet Symphonie“ von The Verve), auf den Musikwunsch nach Justus Köhncke begegnete: „Ey Alter, vergiss es!“ – „Du fragst mich doch nicht ernsthaft, warum ich jetzt nicht Justus Köhncke spiele?“
Das musikalische Bild wandelte sich auch mit Rick und Arne als DJs nicht sonderlich. Irgendwo zwischen vier und fünf Uhr übernahmen sie das DJ-Pult, um The Smiths und Schrammel-Rock aufzulegen. Leider nicht das was man sich angesichts der Ankündigung erwartete. Zumal ziemlich schnell klar wurde, dass die Rausschmeißer-Phase schon bald angebrochen war. Schade das.