Startseite » Deichkind – Arbeit Nervt

Deichkind – Arbeit Nervt

Gibt es hierzulande eigentlich irgendein Festival, wo sie noch nicht auftraten? Und die noch bedeutendere Frage: Wie schaffen sie es, noch immer nicht zu nerven? Wie kann das angehen, dass eine Band so viel Spaß macht? Die Rede ist natürlich von Deichkind. Und der Grund für all die Feierei ist die neue Platte „Arbeit Nervt“, die erneut viel Rumgeballer auf dem Kasten hat – Aber ohne den Kopf zu verlieren!

Nach dem „Aufstand Im Schlaraffenland“ aus 2006 hat sich einiges getan im Bandgefüge. Der allseits bekannte Rapper Ferris MC ist zu den Deichkindern gestoßen und passt perfekt ins Bild. Doch vom ursprünglichen Genre, dem HipHop, entfernt sich die Band immer mehr. Es wird noch immer gerappt, aber die Musik ist heutzutage eindeutig in Disco, Electro und anderen beatlastigen Schubladen einzuordnen.

Nun legt man also die neue Platte auf, bei der schon das Cover und das Booklet Bände spricht: Gut einen an der Klatsche, die Jungs. Der erste Track „Hört Ihr Die Signale“ ist noch ein Mischmasch aus jeglicher „Sekundärliteratur“. Das Intro von der „Beule“ à la Bratze wurde übernommen, gegen Ende wird Jeans Team mit „Kein Gott, kein Staat“ und einem leicht abgeänderten „Lieber was zu saufen“ herbeizitiert und der Gesang klingt urplötzlich wie den 1000 Robotas aus der Kehle geschnürt. Folgt man der Platte weiter, stolpert man über den Titeltrack „Arbeit Nervt“, der schon vor Release als Single ausgekoppelt war. Nicht nur textlich, sondern auch im dazu passenden Musikvideo wird die Faulheit gefeiert (oder im wahrsten Sinne des Wortes begossen) und ob es im Refrain nun „Bier Bier Bier“ oder „Yeah Yeah Yeah“ heißt ist zwar nicht zu identifizieren, aber letzten Endes ja auch gleichgültig. Das Lied „Hoverkraft“ ist auch jedem, der Deichkind dieses Jahr live sah, bereits geläufig. Eingängige Melodie, mitgröhlbarer Refrain und live mit dem großen Schlauchboot untermalt, man kennt und liebt das ja. Doch der Track, der meines Erachtens nach am besten abgeht, ist „Metro“. Wenn Deichkind das nicht alsbald als Remmidemmi-Nachfolger auskoppeln, dann weiß ich auch nicht. Ein Killerbeat sondergleichen, da würde bestimmt sogar Boys Noize neidisch werden. Und wenn dann noch „We Like Party! Metro! Metro!“ skandiert wird, dann kann man gar nicht anders, als drauf abzugehen.

Natürlich klingt das alles sehr nach Feiermusik, soll es ja auch sein. Sonst würden Deichkind nicht bei Konzerten das Publikum mit Bierduschen beglücken und sonstige Späße. Doch dass hinter der Fassade ein ernster Kern steckt, das darf man eben auch nicht vergessen. Die Texte kann man stets auch politisch auffassen, schließlich gibt es genügend Leute, die die gleiche Auffassung haben und das gleiche Leben leben, wie in den Texten von „Arbeit Nervt“ beschrieben.

„Weißheitszahn ziehen, den Zahnarzttermin, den hab ich mit Absicht verpennt!
Meine Freundin will ständig nur Sex von mir, ich frag mich, an wen sie dabei denkt.
Die Schulden, die Zähne, die Wampe, die Alte, das wird jetzt erfolgreich verdrängt!
Unzufrieden, faul und fett? Es geht mir gut dabei!“

Alles in allem sind Deichkind also den Weg gegangen, den man erwartet hatte. „Arbeit Nervt“ knüpft nahtlos an den „Aufstand Im Schlaraffenland“ an. Hoffentlich biegen sie so schnell nicht ab, denn so verquer und prekariats-hypend gefallen sie uns doch am besten, oder? Mach dich jetzt bereit dafür, denn das Deichkind steht vor der Tür!

VÖ: „Arbeit Nervt“ ist seit dem 17.10.2008 auf Universal erhältlich.

1 comments

Wir freuen uns über deinen Kommentar: