Drei Tage Festival auf der Elbinsel in Wilhelmsburg mit fast 90 Musikern sind Sonntag Abend vorbei gegangen. Insgesamt waren über 15.000 Besucher in das Industriegebiet um Bands wie die Headliner MGMT, Turbonegro oder Element Of Crime zu sehen. Hohe Erwartungen wurden mitgenommen, denn immerhin spielten einige der namhaftesten Bands der Indieszene auf. Bei der Musik sollte es aber nicht bleiben. Zahlreiche (mehr oder weniger interaktive) Kunstinstallationen buhlten um die Aufmerksamkeit der Festivalbesucher und Wortkünstler lieferten sich in den Poetry Slams unterhaltsame Wettkämpfe. Aber erstmal der Reihe nach:
Am Freitag gab es am S-Bahnhof Wilhelmsburg die erste angenehme Überraschung. Anders als erwartet standen drei Shuttle-Busse hintereinander und warteten darauf die Besucher zum Festivalgelände zu bringen. Angekommen spielten dort schon The Black Box Revelation. Vor der Bühne war noch nicht so viel los und das Publikum wirkte noch ein wenig lustlos. Eigentlich schade, denn was die Band dort von sich gab war wirklich nicht zu verachten. Vielleicht passen sie aber einfach besser in kleine Clubs, als auf Open-Airs. Ganz anders jedoch Turbostaat. Kraftvolle Songs, die reinhauten und ein gut aufgelegter Jan Windmeier ergaben ein ziemlich guten Starter in das Konzertwochenende.
Danach wurde es jedoch zum ersten mal richtig voll vor der Hauptbühne. Patrick Wolf sollte spielen und ging in seiner Rolle als Diva mal wieder voll auf. Sich schminkend kam er auf die Bühne, warf sich in Pose und stand zum Ende nur noch in Hotpants und Hosenträgern auf der Bühne, bevor er sich während er sang nochmal umzog. Außer der Show bot er jedoch auch noch musikalisch reichlich was. Eine gelungene Mixtur von neueren und älteren Stücken, wobei die von „The Magic Position“ doch merklich stärker abgefeiert wurden.
Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass der Großteil des Publikums sich nach dem Auftritt in Richtung Dorfbühne verabschieden würde, aber nichts da. Blumentopf wurden zum Highlight des Freitag Abends. Selbst hartgesottene „Indie-Hörer“ wurden im Verlauf des Auftrittes zum Bouncen mitgerissen und bei den immer längeren werdenden Freestyles, die die Truppe da von sich gab, kann sich gerne jeder Möchtegern-Gangster ein Stückchen abschneiden.
Am Samstag war dann schon an der Busstation eine deutliche Veränderung merkbar. Ungefähr doppelt so viele Leute warteten auf die Busse, aber diesmal musste man ungefähr eine halbe Stunde auf sie warten. Erstmal nichts dazu gedaacht, sondern sich einfach nur auf die Bands gefreut. Doch auch auf dem Festivalgelände lief nicht alles glatt. Bevor I-Fire auf die Bühne gehen sollten, soll es einen Stromausfall gegeben haben, der eine halbstündige Verzögerung nötig gemacht hat. I-Fire trotzdem toll und sorgen für einen gelungenen Start in den Tag. Danach begann aber das Zeitplan-Tohuwabohu. Eigentlich sollten Crystal Antlers als Nächste auf der Hauptbühne auftreten. Dementsprechend groß war die Verwunderung als stattdessen Wintersleep zu sehen waren. Diese begeisterten jedoch durch pure Spielfreude und wurden für mich zu einem der Highlights des Festivals. Hier endete die Verwirrung nun aber auch nicht, denn der Plan Beat!Beat!Beat! auf der Dorfbühne zu sehen wurde auch zunichte gemacht. Die besagten Crystal Antlers spielten dort… Leider nur die letzten beiden Lieder mitbekommen und dann ein bisschen auf Erkundungstour über das Festivalgelände gegangen. An der Zeltbühne dann noch eine Überraschung: Statt der angekündigten Poetry Slams spielten Locas In Love. Wie groß die Verwirrung unter den Besuchern war, das kann man durch folgendes belauschte Gespräch erahnen:
Besucher A: Wer spielt denn hier gerade?
Besucher B (ernst) : Öh, ich glaube die heißen Literatur.
Natürlich kann es bei Festivals immer mal zu Problemen kommen, die dann zu Verschiebungen des Timetables führen. Jedoch sollten diese auch an die Zuschauer kommuniziert werden, um solch ein Kuddelmuddel zu verhindern. Am Eingang gab es zwar ein Schild auf dem Timetableänderungen eingetragen werden sollten. Dieses wurde jedoch nur von irgendwelchen Leuten als Toilettenwandersatz benutzt. Zum Glück ging zumindest auf der Hauptbühne danach alles den geplanten Lauf und so konnte man dann auch Element Of Crime sehen. Eigentlich von der Musik nich so sehr meins, aber durch die wunderbare Atmosphäre und den gleichzeitigen Sonnenuntergang wurde das für mich wieder wettgemacht. Darauf folgten Whitest Boy Alive und lieferten den besten Auftritt des Festivals. Ein herrlich gut aufgelegter Erlend Øye trug seinen Teil dazu bei und sogar als das Konzert beendet war sang ein Teil der Zuschauer einfach weiter. Wunderbar!
War es nun schon bei Whitest Boy Alive unheimlich voll geworden, drängten immer mehr Zuschauer nach vorne um sich eine gute Sichtmöglichkeit für MGMT zu sichern. Zum Teil nahm das Ausmaßen an, die wirklich nicht mehr angenehm waren. Das Gelände ist dann doch vielleicht ein wenig klein um alle 15.000 Besucher aufzunehmen. Dies hatte man schon den ganzen Tag beobachten können. Eine halbe Stunde für ein Getränk und eine 3/4 Stunde für eine Mahlzeit anzustehen zu müssen, ist nicht wirklich gut gelöst. MGMT selbst lieferten einen überaus vorhersehbaren Auftritt mit auswendig gelernt klingenden Ansagen. Damit bestätigten sie leider ihren Ruf, keine wirklich gute Live-Band zu sein. Wenigstens kommte man schon einen kleinen Einblick in ihr neues Album erhalten.
Bei Frittenbude in der Halle ein ganz anderes Bild: Das Publikum ist am ausrasten, die Band am Limit. Nur die ungeheure Hitze, die einen selbst ohne Bewegung nach fünf Sekunden vor Schweiß triefen ließ, nervte ganz schön.
Am nächsten Tag gab es dann ein wenig Erleichterung: Viele Besucher waren schon nach Hause gefahren, so dass es auf dem Gelände nicht wieder ein Gedränge gab wie am vorigen Tag. Den Anfang machten für mich Panteón Rococó, die das restliche Publikum sofort für sich begeistern und zum Tanzen anregen konnten. Darauf folgten die nicht minder tollen Dan le Sac vs. Scroobius Pip, die vom Publikum jedoch leider nicht die verdiente Aufmerksamkeit bekamen. Kettcar bildeten dann den krönenden Abschluss des Festivalwochenendes und schlossen ihr Set, indem sie noch ein paar Lieder inklusive Streichorchester spielten.
Trotz all den genannten Kritikpunkten ein wirklich außergewöhnliches Festival, welches auf jeden Fall erhalten bleiben sollte.
Bilder zum Festival gibt es hier